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Georg Pardeller

Mehr sparen oder mehr konsumieren?

Die allgemeine wirtschaftliche Lage ist schwierig: in Europa, in Italien, und auch Südtirol bleibt davon nicht verschont. Einige Politiker trösten uns mit dem Hinweis, dass wir uns in einer Weltwirtschaftskrise befinden. Doch wie anerkannte Wirtschaftsexperten nachgewiesen haben: Es gibt keine Weltwirtschaftskrise; das genaue Gegenteil ist der Fall. Die Weltwirtschaft ist im vorigen Jahr um fünf Prozent gewachsen, in Fernost wuchs die Wirtschaft sogar um neuen Prozent. Wo aber keine Weltwirtschaftskrise ist, kann auch die Hoffnung auf ihr baldiges Ende nicht viel weiterhelfen.
Patentrezepte gibt es keine. Die Diagnose der wirtschaftlichen Lage scheint aber für manche Politiker eindeutig zu sein: Die Probleme liegen in der unzureichenden Konsumnachfrage. Deshalb sollten die BürgerInnen weniger sparen und mehr konsumieren.
Gleichzeitig werden die BürgerInnen aber aufgefordert, mehr Eigenvorsorge zu betreiben, sprich mehr zu sparen, um den wachsenden Problemen der staatlichen Rentenversicherung zu begegnen. Wie soll man mit diesem Widerspruch umgehen?
Eines ist klar: Wer spart, handelt verantwortungsvoll, weil er für allgemeine Lebensrisiken und für das Alter vorsorgt und weil er zur gesamtwirtschaftlichen Kapitalbildung beiträgt. Sparen ist die Voraussetzung für die Entstehung bzw. für den Ausbau produktiver Arbeitsplätze, für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum durch Investitionen. Sparen führt also nicht zu einem Ausfall von Konsum, sondern der Konsum richtet sich auf Investitionsgüter. Dies ist der Fall, wenn z.B. ein Unternehmer einen Teil seines Gewinns nicht selbst konsumiert, sondern wieder in den eigenen Betrieb investiert. Aber auch die vielen BürgerInnen, die ihre Ersparnisse der Bank oder dem Staat anvertrauen, und letztere wiederum dadurch die Investitionen unterstützen können, fördern also indirekt die Nachfrage nach Investitionsgütern. Allerdings darf die öffentliche Hand die Gelder nicht nur für den öffentlichen Konsum verwenden, sondern muss die öffentlichen Infrastrukturen ausbauen und Investitionen fördern. Hinzu kommt die Problematik, dass viele BürgerInnen wegen der hohen Lebenshaltungskosten und der stagnierenden Löhne nichts mehr übrig haben, um es auf die hohe Kante zu legen.
Um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, ist es also sinnvoller, statt auf mehr Konsum auf mehr Investitionen zu setzen. Denn die Nachfrage nach Investitionsgütern stabilisiert die Beschäftigung und verbessert die Wettbewerbsfähigkeit. Entscheidend ist es also, günstige Bedingungen für Investitionen in Südtirol zu schaffen, damit Betriebe nicht abwandern, sondern sich weiterentwickeln und sich auch neue Betriebe ansiedeln.
Denn die kritische Frage lautet nicht, ob einheimische oder ausländische Unternehmen die Investitionen durchführen, sondern, wo investiert wird. Fehlt es in unserem Land an attraktiven Investitionsvorhaben, wandern nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Ersparnisse ins Ausland ab. Hier besteht eindeutig dringender wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf.

report
Für eine sichere Zukunft

Mit der Abfertigung eine Zusatzrente aufbauen

Lange Zeit konnte man mit der Abfertigung bei Beendigung eines längeren Arbeitsverhältnisses verschiedene Dinge planen. Heute sollte man vor allem als junger Arbeitnehmer diese Rücklage schon fix für den Aufbau einer Zusatzrente reservieren, wenn man im Alter über eine angemessene Rente verfügen will.
Die Abfertigung steht in Italien schon seit einiger Zeit im Mittelpunkt der Rentendiskussion. Die staatlichen Renten werden voraussichtlich immer mehr gekürzt und eine angemessene Zusatzrente lässt sich allein mit dem Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil nicht finanzieren. Deshalb soll auch die Abfertigung immer stärker zum Aufbau einer Zusatzrente herangezogen werden.
Bis zum 6. Oktober hat die italienische Regierung Zeit, die Zukunft der Abfertigungen für Arbeitnehmer zu regeln. Bis dahin muss nämlich, wie es das Gesetz zur Rentenreform vom vorigen Jahr vorsieht, das entsprechende Dekret verabschiedet werden. Der Entwurf des Dekrets wird zurzeit mit den Sozialpartnern, Privatversicherungen und Banken diskutiert. Er sieht vor, dass alle Arbeitnehmer ab dem 1. Januar 2006 genau sechs Monate Zeit haben zu entscheiden, ob sie die zukünftig anreifende Abfertigung weiterhin beim Betrieb lassen wollen, wo sie wie bisher jährlich aufgewertet wird und nach den geltenden Regeln beansprucht werden kann oder ob die Arbeitnehmer mittels schriftlicher Mitteilung an den Betrieb die anreifende Abfertigung an einen Zusatzrentenfonds überweisen wollen.
Die Sozialpartner haben im Juli ihre gemeinsamen Änderungsvorschläge zum Dekretentwurf dem Arbeits- und Sozialminister übergeben. Darin fordern die Sozialpartner, dass die kollektivvertraglichen Fonds (z.B. Laborfonds) bei den Zusatzrenten gegenüber den individuellen Vorsorgeformen von Privatversicherungen bevorzugt werden. Die Sozialpartner drängen auch darauf, dass die Ersatzsteuer auf die Renditen von derzeit elf Prozent abgeschafft wird, um die Zusatzrenten attraktiver zu gestalten. Die Arbeitgeberverbände fordern vor allem, dass die Betriebe als Ausgleich für den finanziellen Ausfall durch die Überweisung der zukünftigen Abfertigungen einen erleichterten Zugang zu Krediten erhalten und dass die Arbeitskosten gesenkt werden.
Der ASGB wird nach Verabschiedung des Dekrets alle Mitglieder über die neuen Bestimmungen informieren. Die aktuellsten Informationen werden auch im Internet unter www.asgb.org nachzulesen sein.
Jungen Arbeitnehmern empfiehlt der ASGB, ganz unabhängig von der gegenwärtigen Diskussion, sich mit einer Zusatzrente frühzeitig ein zweites Standbein für das Alter zu schaffen, um so den Rückgang der staatlichen Rente zu kompensieren. Entscheidend ist nämlich, dass durch die laufende Einzahlung von kleinen Beträgen über mehrere Jahrzehnte ein Kapital angehäuft wird, das - zusammen mit den jährlichen Renditen des Fonds - die Auszahlung einer angemessenen Zusatzrente ermöglicht.
Falls im Dekret die individuellen Vorsorgeformen von Privatversicherungen mit den Zusatzrenten der kollektivvertraglichen Fonds gleichgestellt werden, müssen viele Arbeitnehmer mit einer massiven Werbeflut von Angeboten der Privatversicherungen für eine Zusatzrente rechnen. Der ASGB empfiehlt deshalb, auf jeden Fall zu prüfen, ob nicht ein kollektivvertraglicher Zusatzrentenfonds (z.B. Laborfonds) vorteilhafter ist.
Für die öffentlich Bediensteten findet dieses Dekret vorerst keine Anwendung. Hierfür muss ein eigenes Dekret verabschiedet werden.
Auch wenn also das endgültige Dekret noch aussteht, lassen sich einige Fragen zur Zusatzrente und zur Abfertigung bereits jetzt weitgehend beantworten:
- Ist es Pflicht, die Abfertigung zukünftig an einen Zusatzrentenfonds zu überweisen?
Es besteht keine Pflicht, dies zu tun, sondern es ist die freie Entscheidung des Arbeitnehmers. Allerdings muss innerhalb der Sechs-Monate-Frist vom 1. Januar bis 30. Juni 2006 eine schriftliche Mitteilung an den Betrieb gemacht werden, wenn man die Abfertigung weiterhin dort lassen will.
- Was passiert mit der bisher angereiften Abfertigung?
Jener Teil der Abfertigung, der bis zum 31.12.2005 anreift, bleibt wie bisher beim Betrieb, wird wie gewohnt jährlich aufgewertet und kann nach den bestehenden gesetzlichen und kollektivvertraglichen Regeln beansprucht werden. Kurz gesagt ändert sich für diesen Teil der Abfertigung nichts.
- Was geschieht, wenn ich innerhalb der genannten Sechs-Monate-Frist keine Mitteilung über die Verwendung meiner Abfertigung mache?
Dann greift die so genannte stillschweigende Zustimmung. In diesem Fall ist der Arbeitgeber verpflichtet, die nach Ablauf der Sechs-Monate-Frist anreifende Abfertigung an einen vom Dekret zu bestimmenden Fonds zu überweisen. Von dieser Variante ist abzuraten, da es ungewiss ist, wohin die Abfertigung fließen wird. Besser ist es, wenn der Arbeitnehmer selbst entscheidet, was mit seiner Abfertigung in Zukunft geschehen soll. Für Neueinstellungen nach dem 01.01.2006 startet die Sechs-Monate-Frist jeweils ab dem Datum des Arbeitsbeginns.
- Kann man bei den Zusatzrentenfonds um einen Vorschuss auf die Abfertigung ansuchen?
Diese Möglichkeit besteht. Der Entwurf sieht vor, dass man jederzeit um einen Vorschuss bis zu 75 Prozent des gesamten angereiften Kapitals, also auch vom eingezahlten Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil, für dringende sanitäre Ausgaben ansuchen kann. Bis zu 75 Prozent Vorschuss können auch für den Kauf der Erstwohnung für sich oder die Kinder beantragt werden, allerdings erst nach acht Jahren Fondsmitgliedschaft. Der ursprünglich für „weitere persönliche Erfordernisse" vorgesehene Vorschuss bis zu 30 Prozent wurde laut letztem Stand der Verhandlungen wieder aus dem Dekretentwurf gestrichen.
- Kann ich auch nachträglich einem Zusatzrentenfonds beitreten?
Wer will, kann seine Abfertigung erst zu einem späteren Zeitpunkt an einen Zusatzrentenfonds übertragen, um eine Zusatzrente aufzubauen. Voraussetzung dafür ist aber, dass man innerhalb der Sechs-Monate-Frist seinem Arbeitgeber mitgeteilt hat, dass die Abfertigung beim Betrieb bleiben soll.
- Wie werden künftig die Leistungen der Zusatzrentenfonds besteuert?
Für die Auszahlungen der Fonds ist ein Steuersatz von 15 Prozent vorgesehen, welcher sich ab 15 Jahren Fondszugehörigkeit jährlich um 0,5 Prozent reduzieren soll. Die Reduzierung kann aber nur im Ausmaß von höchstens sechs Prozent gewährt werden, sodass der Mindeststeuersatz in jedem Fall neun Prozent beträgt.
Die Abfertigung, welche beim Betrieb bleibt, soll weiterhin der getrennten Besteuerung (Durchschnittssteuersatz) unterworfen bleiben.
- Wie und wo kann ich eine Zusatzrente abschließen?
Die Sozialpartner in der Region Trentino-Südtirol, also auch der ASGB, haben im Jahr 1998 gemeinsam den Laborfonds gegründet. Laborfonds ist ein Zusatzrentenfonds auf regionaler Basis, dem die lohnabhängigen Arbeitnehmer beitreten können - sofern es für den entsprechenden Sektor ein Abkommen gibt.
Die Einschreibungen in den Laborfonds können entweder direkt beim Laborfonds oder bei den Gewerkschaften erfolgen. Auch der ASGB bietet diesen Dienst und berät seine Mitglieder zu diesem Thema. Laborfonds hat heute bereits mehr als 70.000 Eingeschriebene. Der Vorteil von Laborfonds gegenüber nationalen Zusatzrentenfonds liegt darin, dass die eingezahlten Gelder in der Region bleiben, was die Mitsprache und Übersicht erleichtert.