9. Kapitel


Umweltgifte und elektromagnetische Strahlung

Ob bestimmte Schadstoffe in der Umwelt das Risiko, an Gedächtnisschwierigkeiten oder einer Demenz zu erkranken, erhöhen, ist nach wie vor von großem Forschungsinteresse. Ganz besondere Aufmerksamkeit haben dabei in den letzten Jahren das Leichtmetall Aluminium und die elektromagnetische Strahlung erhalten.
Großes Forschungsinteresse rund um die Thematik Aluminium ist entstanden, als man in Gehirnen von Alzheimer-Patienten eine erhöhte Aluminiumkonzentration nachgewiesen hatte und italienische Wissenschaftler aufzeigten, dass bei Menschen mit Alzheimer das Eiweiß Ferritin auch Aluminium enthält. Allerdings konnte bislang nicht geklärt werden, ob der Aluminiumgehalt nicht vielleicht nur eine Konsequenz der Erkrankung ist, d.h. dass Aluminium selbst die Erkrankung nicht verursacht, sondern nur als Nebenprodukt dabei entsteht.
Seit Jahren wird zudem kontrovers diskutiert, ob elektromagnetische Strahlen (auch „Elektrosmog“ genannt), wie sie von Handys oder Sendemasten erzeugt werden, das Alzheimerrisiko erhöhen. Epidemiologische Studien (= Studien, die sich mit der Verbreitung von Krankheiten befassen) wiesen darauf hin, dass Personen, die aus beruflichen Gründen lange niederfrequenter elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt waren, eher an Alzheimer erkrankten. Allerdings wurden diese Studien häufig kritisiert, weil sie sich in der Datenerhebung gravierend unterschieden und die Wirkung elektromagnetischer Strahlung nicht erklären können. Aus diesem Grund hat die Weltgesundheitsorganisation bisher keine explizite Warnung vor niederfrequenten Strahlungen ausgesprochen.
Zusammengefasst gibt es bislang also insgesamt noch keinen Hinweis darauf, dass bestimmte Schadstoffe eine demenzielle Erkrankung auslösen können. Ganz allgemein ist es jedoch ratsam, sich vor hohen Dosen von Schadstoffen jeglicher Art zu schützen, um seine Gesundheit und sein Wohlbefinden nicht zu gefährden.
Aluminium wird über Nahrung, Trinkwasser, Lebensmittelverpackungen, Kosmetika und Arzneimittel aufgenommen und sollte nicht mehr als 1 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht in der Woche betragen. Bei den meisten Menschen ist die tolerierbare Aufnahmemenge allein durch Lebensmittel ausgeschöpft. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Aluminiumaufnahme und dem Auftreten der Alzheimer Demenz konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Solltest du dir dennoch deswegen Sorgen machen und auf Nummer sicher gehen wollen, kannst du die Aluminiumaufnahme senken, indem du aluminiumhaltige Deodorants nicht sofort nach der Rasur bzw. auf geschädigte Achselhaut aufträgst oder Deodorants ohne Aluminium verwendest. Lies dir dafür die Inhaltsstoffe durch: Wenn „Aluminium“ in einem Wort vorkommt (z.B. Aluminiumchloride, Aluminium-Zirconium-Hydrochlorid oder Aluminiumchlorhydrate), ist Aluminium drin.
Auch „Elektrosmog“ ist aktuell nicht als Risikofaktor für Demenz eingestuft, da es bislang keine ausreichenden wissenschaftlichen Beweise dafür gibt. Allerdings ist für eine abschließende Bewertung von gesundheitlichen Langzeitwirkungen die Technologie noch zu jung. Willst du deine Strahlenbelastung reduzieren, schlägt das Bundesamt für Strahlenschutz unterschiedliche Maßnahmen vor: Telefoniere mit Headset und schalte den Hintergrunddatenverkehr (= „mobile Daten“ oder „Datenverbindung“) aus, während du dir das Handy an den Kopf hältst. Surfe im Internet nur bei gutem Empfang, kaufe ein Handy mit einem geringen SAR-Wert (den können dir die Verkäufer sagen) und halte das Handy auf den vom Hersteller angegebenen Mindestabstand zu deinem Körper. Wenn du dein Handy gelegentlich auf „Flugmodus“ (Offline-Modus) schaltest, sparst du zu den Strahlen auch noch Stress.
Merk dir, dass…!
… wenngleich die Studienlage bezüglich Gesundheitsrisiken unklar ist, gilt für elektromagnetische Strahlungen grundsätzlich: Je weiter weg du von der Strahlenquelle bist, desto geringer ist die Strahlung.

10. Kapitel


Genetische Risikofaktoren

Im Gegensatz zum Lebensstil kann man sich die Gene, mit denen man fürs Leben ausgestattet wurde, nicht aussuchen. Wie sehr Gene unsere kognitiven Leistungen beeinflussen, ist nicht restlos geklärt. Man weiß allerdings, dass Gene in einem steten Wechselspiel mit der Umwelt stehen und kognitive Fähigkeiten wie auch Gedächtnisleistungen nur dann entwickelt und erhalten werden, wenn sie auch gefordert und gefördert werden.
Viele Menschen, die einen von Demenz betroffenen Angehörigen in der Familie haben, haben Angst, selber an Alzheimer zu erkranken. Circa 98% der Alzheimer-Erkrankungen haben jedoch keine eindeutige genetische Ursache. Bei den restlichen zwei Prozent handelt es sich um die familiär bedingte Form der Alzheimer Demenz, die zumeist vor 65 Jahren auftritt. Diese Erkrankung bricht aus, weil Mutationen in bestimmten Genen vorliegen. Die drei betroffenen Gene, die diese seltene Art der Alzheimer Demenz auslösen können, sind das APP (Amyloid Precursor Protein), das PSEN1 (Presenilin 1) und das PSEN2 (Presenilin 2). Leider sind die meisten dieser Mutationen fast vollständig „penetrant“, das bedeutet, dass ein Träger einer solchen Mutation die Krankheit früher oder später auch entwickeln wird. In diesen Fällen helfen auch keine Präventionsmaßnahmen, da einem mit der DNA die Erkrankung sozusagen in die Wiege gelegt wurde. Es gilt hier allerdings nochmals zu betonen, dass diese Mutationen äußerst selten sind und nur sehr wenige Familien betreffen.
Für die häufiger auftretende sporadische Form der Alzheimer-Demenz, die den Großteil der Patienten betrifft und üblicherweise nach 65 Jahren auftritt, gibt es keine eindeutige genetische Ursache. Es konnten bisher nur sogenannte „Suszeptibilitätsgene“ identifiziert werden: Das sind Gene, die – wenn sie in einer bestimmten Variante (sogenannte „Allele“) vorliegen – die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ihr Träger an einer Demenz erkranken wird. Das bekannteste dieser Gene, die das Erkrankungsrisiko erhöhen, ist das sogenannte ApoE-Gen (Apolipoprotein). Wir alle tragen dieses Gen in uns, von dem es drei verschiedene Varianten gibt: ApoE2, ApoE3 und ApoE4. Zwei dieser Genvarianten sind in sehr vielen Studien mit der Demenz in Verbindung gebracht worden: Wenn man die ApoE4-Variante in sich trägt ist, ist die individuelle Wahrscheinlichkeit erhöht, an einer Demenz zu erkranken. Das bedeutet aber nicht, dass man die Krankheit auf jeden Fall bekommen wird. ApoE2 wird eine protektive (= beschützende) Wirkung zugesagt, denn es ließ sich zeigen, dass Träger dieser Variante weniger häufig an der Alzheimer-Demenz leiden. Es gibt aber auch Personen, die ApoE4-Träger sind und niemals Gedächtnisstörungen entwickeln und ApoE2-Träger, die dennoch an einer Demenz erkranken – denn diese Genvarianten erhöhen letztlich nur die Wahrscheinlichkeit, sind aber keine hinreichende Bedingung, dass die Erkrankung tatsächlich ausbricht: Auch unsere Umwelt und vermutlich viele andere, bislang nicht bekannte Gene tragen dazu bei, ob wir eine Erkrankung entwickeln oder nicht. Aus diesen Gründen wird eine genetische Testung, die untersucht, welche ApoE-Variante man in sich trägt, normalerweise nicht durchgeführt.
Wenngleich wir unsere Gene nicht verändern können, ist es bis zu einem gewissen Grad doch möglich, mit einem gesunden Lebensstil positiv auf sie einzuwirken. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber nicht, dass eine Demenz eine selbstverschuldete Erkrankung ist, weil man nicht gut genug auf sich aufgepasst hat: Die genauen Ursachen der Erkrankung sind bislang nicht bekannt, es wird aber angenommen, dass sehr viele verschiedene genetische und umweltbedingte Faktoren zu ihrer Entstehung beitragen. Nur einige wenige sind, wie wir in dieser Broschüre lesen können, bis zu einem gewissen Grad von uns beeinflussbar. Eine sichere Präventionsmaßnahme, immer gesund zu bleiben, gibt es leider nicht. Alles, was wir aktiv tun können, ist unser individuelles Risiko zu verringern.
Bei sämtlichen Formen der häufiger auftretenden, „spontanen“ Demenz wird für Nachkommen keine humangenetische Beratung angeboten. „Suszeptibilitätsgene“ werden grundsätzlich nur im Rahmen von Studien nachgewiesen, da die Aussagekraft gering einzuschätzen ist und im schlimmsten Fall die Angst vor einem nie eintretenden Ereignis geschürt wird.
Angst vor einer Erkrankung ist ein großer Stressfaktor, der die Lebensqualität negativ beeinflussen kann. Sorgenvolle und ängstliche Gedanken haben einen großen Einfluss auf unser körperliches und seelisches Wohlbefinden und können Symptome wie beispielsweise Vergesslichkeit auslösen. Wenn du große Angst davor hast, an einer Demenz oder einer anderen Krankheit zu erkranken, solltest du versuchen, diese Angst auf ein normales Maß der Besorgnis zu reduzieren. Es gibt leider für keinen von uns eine Garantie dafür, niemals krank zu werden und geistig immer fit zu bleiben – wichtig ist, trotz dieser Unsicherheit und der Angst seinem Körper vertrauen zu können und ein gutes und zufriedenes Leben zu führen. Dabei können dir Psychologen, Meditationstechniken und Entspannungsübungen helfen. Als erster Ansprechpartner kann dir dabei dein Hausarzt weiterhelfen.
Eine humangenetische Beratung wird nur dann empfohlen, wenn sich in der Familie ein schwerwiegender Demenzfall gezeigt hat. Es ist eine intime und schwierige Entscheidung, wissen zu wollen, ob man eine der seltenen autosomal-dominanten Mutationen in sich trägt, die jeder individuell für sich fällen muss. Die Untersuchung ist nicht verpflichtend und kann in jedem Alter gemacht werden. Manchmal kann es für die weitere Lebensplanung wichtig sein, diese Information zu haben, in anderen Fällen ist die Belastung ohne dieses Wissen geringer – die Entscheidung dazu obliegt der betroffenen Person alleine. In Bozen ist eine genetische Beratung möglich, Informationen erhältst du unter der Nummer 0471 /  907 100.
Merk dir, dass…!
… es nicht bedeutet, dass auch du die Erkrankung bekommen wirst, wenn es einen Fall von sporadischer Alzheimer-Demenz in deiner Familie gibt.
Merk dir, dass…!
… unsere kognitiven Fähigkeiten nicht nur von unseren Genen, sondern auch von der Umwelt abhängen.
Wusstest du, dass…
… Personen, die die Genvariante ApoE4 in sich tragen und dabei gleichzeitig einen hohen Gesamtcholesterinspiegel und einen hohen Blutdruck im mittleren Lebensalter haben, ein dreifach erhöhtes Risiko haben, an einer Demenz zu erkranken? (Kivipelto et al., 2002)
Wusstest du, dass…
… das Gehirn oft nicht unterscheidet, ob du etwas tatsächlich erlebst oder es dir nur einbildest, zu erleben? Wenn du dir zum Beispiel vorstellst, eine Zitrone in zwei Hälften zu schneiden und den Saft herausquellen zu lassen, produziert dein Mund vermehrt Speichel und du verziehst vielleicht sogar dein Gesicht. Ähnlich kann es einem mit Krankheiten gehen, vor denen man große Angst hat: Der Körper leitet entsprechende Maßnahmen ein, die eine Reihe körperlicher Symptome auslösen können.