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Über Geld spricht man doch nicht!
// Maria Pichler //
Wie es um die Finanzkraft der Frauen steht, was Frauen für ihre finanzielle Unabhängigkeit tun können und warum es sich lohnt, dabei auf mehrere Säulen zu setzen

© Adobe Stock
Neulich im Friseursalon: Das unbeschwerte Quatschen über Belanglosigkeiten nimmt plötzlich ein Ende, als die Inhaberin – um die 60 – auf ihre Rente zu sprechen kommt. Eine Berufskollegin mit ähnlicher Erwerbsbiographie habe sich unlängst ausrechnen lassen, was sie erwarten könne, wenn sie in wenigen Jahren in Pension geht, erzählt die Friseurin nachdenklich von ihren Sorgen. Es sei zwar etwas mehr als die Mindestrente, aber für eine alleinstehende Frau ohne Eigentumswohnung (und zwei Kindern, die gerade mitten im Studium stecken) wie sie selbst, wird es nicht zum Überleben reichen. Sie hätte wohl frühzeitig in einen Pensionsfonds investieren oder als Selbstständige mehr als nur die Pflichtbeiträge in ihre Rentenkasse einzahlen müssen, dafür sei es nun aber wohl zu spät. Gibt es etwas, was diese Frau jetzt noch tun kann, um nicht in wenigen Jahren in die Altersarmut abzurutschen?
Zu spät für die Altersvorsorge?
„Das Problem betrifft ganz viele Frauen“, sagt Daniela Ploner, die sich der finanziellen Bildung von Frauen verschrieben hat. „Es ist deshalb so wichtig, dass man sich frühzeitig mit dem Thema Rente befasst und nicht erst klassisch vier bis fünf Jahre bevor es soweit ist“, appelliert die 42-Jährige Educatrice Finanziaria. „Im Fallbeispiel hat die Frau – wie sie selbst sagt – es verpasst, sich rechtzeitig mit ihrer Rente auseinanderzusetzen.“ Dennoch ist Ploner davon überzeugt, dass man aus jeder Situation das Beste machen könne. Dabei gelte es zunächst, einige Kernfragen zu beantworten: Wie lange hat die Frau noch die Möglichkeit, Vermögen aufzubauen? Was ist ihr aktueller Verdienst und wie viel davon braucht sie zum Leben, sprich: Was bleibt für Investitionen übrig? Gibt es liquides Vermögen, das sie investieren kann? Lebt sie in einer Partnerschaft? Kann man rückwirkend noch ein Einvernehmen mit dem Ex-Mann finden? Unabhängige Finanzberater*innen beleuchten die individuelle Situation und suchen nach einer bestmöglichen Strategie.
Ohne Equal Care, kein Equal Pay und keine Equal Pension?
Laut den jüngsten Zahlen zum Equal Pension Day im Herbst 2024 erhalten Frauen in Südtirol und im Trentino durchschnittlich gerade einmal 946 Euro Altersrente. Das ist kaum mehr als die Hälfte dessen, was Männer im Schnitt bekommen, nämlich 1.761 Euro. Und: Die Daten zur Zusatzvorsorge bestätigen den Trend, dass Frauen weniger für ihre Altersvorsorge ansparen (können) als ihre männlichen Kollegen. Die Gründe dafür sind bekannt, Stichwort: Equal Care und Equal Pay. Dennoch sagt Ploner: „Die Finanzkraft der Frauen hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, denn Frauen studieren, arbeiten und investieren ihr Geld zunehmend für ihre Zukunft.“ Wenn auch die Herausforderungen nach wie vor groß seien: geringerer Verdienst, Erwerbslücken und Teilzeitjobs sind nach wie vor Realität. Was kann frau also machen, um ihre Finanzkraft zu stärken?
Zu spät für die Altersvorsorge?
Ohne Equal Care, kein Equal Pay und keine Equal Pension?

Was bringt eine Finanzplanung für Frauen?
Daniela Ploner hat dafür eine klare Strategie vor Augen: 1. Informationen sammeln, sich mit dem Thema befassen, Online-Plattformen, Podcasts, Bücher konsultieren, Kurse besuchen. 2. Sich klare finanzielle Ziele setzen: Was will ich kurz-, mittel- und langfristig erreichen? Wie viel muss ich sparen, um das Geld aufzubringen? Wie viel kostet diese Investition? Wie baue ich einen Notgroschen von drei bis sechs Monatsgehältern für unerwartete Ausgaben auf? 3. Kann ich mir mittelfristig vielleicht eine Wohnung kaufen? Wie viel Rente möchte ich später erhalten? Was kann ich von meiner Rentenkasse erwarten und wie könnte ich diese aufstocken? „Damit sind wir dann schon in der richtigen Finanzplanung“, erklärt Ploner. „Wenn ich einmal weiß, was ich erreichen will, dann macht es Sinn ein Haushaltsbuch zu führen, Einnahmen und Ausgaben zu notieren, Vermögenswerte und Schulden festzuhalten – als Einzelperson oder aber als Gesamtfamilie.“ Ein solches Haushaltsbuch stellt übrigens unter anderem die Schuldenberatung der Caritas Südtirol auf ihrer Internetseite zur Verfügung.

Weiterbildung ist der Schlüssel
Wo kann ich einsparen? Wo will ich weniger ausgeben? Was kann ich jeden Monat zur Seite legen? „Wer ein Vermögen aufbauen möchte, wird sein Geld nicht auf der Bank liegen lassen, sondern besser investieren“, weiß Ploner aus Erfahrung. Hier kommt die finanzielle Bildung ins Spiel. Egal ob risikoscheu oder risikoaffin, „Weiterbildung nimmt viele Hürden. Im Grunde versteht das jede Frau und kann das jede Frau. Wer sich nur ein wenig mit dem Thema Finanzen beschäftigt, wird bald merken, dass man dabei nicht nur auf ein Sparkonto einzahlt: Es macht Spaß! Und es hebt das Selbstwertgefühl, stärkt die Karriere, unterstützt bei Verhandlungen und erhöht die Entscheidungsfreiheit.“
Wir müssen reden, über Geld!
Über Geld spricht man doch nicht! „Doch, wir müssen über das Thema Finanzen und Geld reden, in unseren Familien“, betont die Educatrice Finanziaria Daniela Ploner, „aber auch mit anderen Frauen, denn wir können nur voneinander lernen.“ Ob Frau dann in einen klassischen Zusatzrentenfonds einzahlt oder sich für eine andere Option entscheidet, sei zweitrangig. „Ob Rentenfonds, Immobilien oder ETFs, sie alle haben ihre Vor- und Nachteile und im Idealfall“, empfiehlt Ploner, „sollte man auf mehrere Säulen bauen“. Apropos: Was sind denn eigentlich diese ETFs, von denen man immer öfter hört? „ETFs sind börsengehandelte Fonds, die einen Index nachbilden, wie es etwa der DAX oder der MSCI World ist“, erklärt Ploner. „Ich verwende dafür gerne das Bild eines Blumenstraußes, bei dem ich eine verwelkte Blüte leicht austauschen kann – im Gegensatz zu einer einzelnen Blume, einer Aktie: Wenn die verwelkt, ist auch mein Geld verwelkt.“ ETFs seien im Grunde für jeden geeignet, vorausgesetzt man verfügt über finanzielle Bildung!
© privat
Daniela Ploner
42, arbeitet im Personalmanagement eines international tätigen Südtiroler Unternehmens und hat sich nebenberuflich der finanziellen Bildung verschrieben. Sie ist seit 2024 im nationalen Register der AIEF (Associazione Italiana Educatori Finanziari) eingetragen und macht Frauen mit Vorträgen, Workshops und Seminaren finanzfit.