Nachruf auf die Mode

Die Mode ist tot. Lang lebe die Mode!

// Bettina Conci //
Schönheit liegt im Auge des Betrachters? Mitnichten. Die berüchtigte „Jugend von heute“ tanzt auf dem Fashion-Grab und stylt sich die Welt, wie sie ihr gefällt. © Unsplash / Joshua Rondeau
Giacomo Leopardi umschrieb das Verhältnis zwischen Mode und Tod sehr treffend, indem er die beiden als Geschwister bezeichnete: Unser Wesen und unsere Gewohnheit ist es, ständig die Welt zu erneuern, so wurde diese Verwandtschaft begründet. Während sich der Tod gleich auf Mensch und Blut stürze, beschränke sich die Mode allerdings lediglich auf Bärte, Frisuren, Kleider und dergleichen.
Und siehe da: Mit dem Aufkommen des ersten Lockdowns aufgrund einer tödlichen Pandemie, die sich Anfang 2020 weltweit durch alle Bevölkerungsschichten zu fressen schien, begann auch die Modewelt dahinzusiechen.
Zunächst kam es aufgrund wirtschaftlicher Einschränkungen zum Style-Stillstand, die Geschäfte mussten ja geschlossen bleiben. Shopping fand immer mehr im kalten virtuellen Raum statt und verlor seinen Sex-Appeal.
Dann ließ die Sparkraft der potenziellen Kundschaft nach – Menschen verloren ihren Job, mussten Urlaub nehmen, um den Kindern beim Homeschooling zu helfen, stiegen auf Teilzeit um oder wurden gleich ganz wegrationalisiert. Mode wurde zum Luxus, die Branche stellte sich darauf ein – und auf billige Ideen und Materialien um.
Währenddessen, fast schon unbemerkt, brachte der letzte Tropfen das Fass zum Überlaufen: Corona hatte kontinuierlich an der Fantasie der Kreativen hinter den Kreationen genagt. Am Anfang noch motiviert, sich an die neue Situation anzupassen, versiegte der schöpferische Fluss schon bald und mutierte zum armselig dahintröpfelnden Rinnsal aus weißen XXL-Shirts, schwarzen Hosen in allen möglichen Schnitten und klobigen Boots, die das zähe Vorankommen im Kampf gegen das Virus nur allzu gut symbolisieren.
Aktuell wird nicht einmal mehr die Vorstellungskraft bemüht, sondern einfach auf dem Dachboden gestöbert: Schulterpolster aus den Achtzigern meet Holzfällerhemden und Band-T-Shirts aus den Neunzigern. Reality bites.
Aber ist das wirklich alles schlecht?
Natürlich nicht.
Die berüchtigte „Jugend von heute“ tanzt auf den Gräbern von Versace, Twiggy, Lagerfeld und GNTM, lässt Augenbrauen wuchern, Hosenbeine flattern, Midriffs blitzen, trägt BH zu Cargopants und Stiefel zum Cocktailfummel. Logos sind out, Labels tabu. Monochrom ist das neue Glitzer und eine Nicht-Farbe sticht alles: Schwarz geht immer.
Wie alles im Leben wiederholt sich auch die Mode, und dank des Internets werden Jugendliche schon früh dafür sensibilisiert. Sie lassen sich nicht blenden von dogmatischen Modezaren, sind kritisch, pragmatisch und individuell. Äußerlichkeiten haben keine Macht mehr über sie.
Wenn diese Haltung nicht nur für Mode, sondern auch für andere Lebensbereiche gilt, dann kann man ihr einfach nur auf die Schulter(polster) klopfen, der Jugend von heute.
„Der Mode entkommt man nicht. Denn auch wenn Mode aus der Mode kommt, ist das schon wieder Mode.“
Karl Lagerfeld, Mode-Ikone (†2019)

Chicche di cultura

Sehen! Finale

// Sabina Drescher //
© Unsplash / Yannick van der Schot


Die fünfte und zugleich finale Staffel von Haus des Geldes, oder La Casa de Papel, wie die Serie im Original heißt, ist seit 3. September auf Netflix abrufbar – zumindest der erste Teil davon. Der zweite folgt im Dezember. Die Story: Eine Gruppe Krimineller überfällt unter Leitung des genialen „Professors“ die spanische Banknotendruckerei.
Seit Beginn ruft die Serie Kontroversen hervor: Ist sie nun anders als der Mainstream, lässt feministische Noten durchklingen, bietet Raum für Entwicklung der Protagonistinnen und Protagonisten? Oder doch nicht?
Einerseits musste jede der Hauptdarstellerinnen mindestens einmal ohne erkennbaren Grund in Slip oder Bikinihose herumlaufen. Es gibt gar einige Beispiele für unausgesprochenen Sexismus und manche Charaktere sind offen frauenfeindlich. Andererseits wird eine Erzählung geschaffen, durch die das Publikum aufgefordert wird, die regressiven, archaischen Ansichten zu erkennen, die diese Charaktere verkörpern. Und: Die weiblichen Protagonistinnen sind starke Heldinnen, deren Stärken bewusst hervorgehoben werden.

„Haus des Geldes“, Netflix, neue Folgen seit Anfang September und ab Dezember