Literarische Frauenstimmen
Kritisches Gekritzel
// Bettina Conci //
Nadja Hermann zeichnete bereits seit vier Jahren Comics, als sie 2016 ihr Sachbuch „Fettlogik überwinden“ schrieb, das einige Zeit später auf der Spiegel-Bestsellerliste landen sollte. Heute macht sie das hauptberuflich, hat im vergangenen Jahr ihr drittes Buch „Erzaehlmirnix – Leben mit Menschen“ herausgebracht und befindet sich gerade in einer Social-Media-Pause (auf Twitter sind ihre Comics normalerweise – und hoffentlich bald wieder – unter @erzaehlmirnix zu finden). Ihre Strichfiguren brechen mit den traditionellen Vorstellungen davon, wie ein Comic auszusehen hat – und bilden die heutige Gesellschaft und ihre Kommunikationskultur so pointiert ab, dass es wehtut. Nicht nur vor Lachen.
Das Comic-Ich von Hermann heißt Erzaehlmirnix, und ihre Comics sind laut den Faktencheckern von mimikama.at ein „kleiner Spiegel der Gesellschaft.“ © Nadja Hermann
Für Comicliebhaber*innen und Fans der Werke von Erzaehlmirnix ist das Schreiben dieses Artikels sehr zeitraubend. Ständig verliert man sich bei der Recherche in den kurzen Bildgeschichten, die aus wenigen Panels bestehen und deren Personen einfache, mit Microsoft Paint erstellte Strichmännchen und -weibchen sind. Die Weibchen sind allerdings nur dann (mit fantastischen Frisuren) als solche gekennzeichnet, wenn es für die Geschichte wichtig ist, ansonsten sind die Figuren geschlechtslos. Der Twitteraccount von Nadja Hermann, auf dem ihre Zeichnungen kontroverser Dialoge mit überraschendem Ausgang bis vor kurzem regelmäßig zu sehen waren, wurde 2020 mit dem „Goldenen Blogger“ ausgezeichnet, nun ist ihr neuestes Buch für den Max-und-Moritz-Publikumspreis 2022 nominiert.
Bitterböse sind die Comics eigentlich nicht. Erzaehlmirnix schaut nur genau hin, so genau, dass es weh tut. Bei den Leser*innen stellt sich ein Effekt ein, der mehr noch als ein „Aha!“ ein verdutzt-beschämtes „Haha – ooooh!“ ist, führen uns die Comics doch unsere (mangelhafte) Diskussionskultur und das falsche Setzen von Prioritäten vor Augen.
Zum Einfluss der jüngsten Ereignisse wie Pandemie, Krieg und Verschwörungstheorien auf ihre Produktivität befragt, winkt die Autorin ab: „Grundsätzlich ist mein Humor oft ziemlich fatalistisch und von meiner depressiven Grundhaltung geprägt. Die Ereignisse der letzten Zeit waren also gar kein großer Einfluss, nur das übliche ‚Ach, alles geht vor die Hunde, machste nix‘. Spannend wäre es wohl, wenn sich die Welt plötzlich spontan verbessert und nichts mehr passiert, was mich zu dieser Art Kommentar inspiriert.“
Es ist eine ganz besondere Art von schwarzem Humor, fast schon eine (Über-)Lebensstrategie, im realen Leben, aber auch und vor allem im Internet, wo etwas andere Regeln gelten, wie sich nicht nur in der Diskussionskultur im Netz zeigt, sondern auch in den Debatten um Datenschutz, Cybermobbing, Umgang mit Fakes, Verifizierung von News – und der fast schon philosophischen Frage, ob es denn nun in Ordnung ist, dass der reichste Mensch der Welt mal schnell ein soziales Netzwerk aufkauft. Erzaehlmirnix zeigt den ganz normalen Wahnsinn unseres Alltags und behandelt dabei Themen, die der Autorin am Herzen liegen.
Bitterböse sind die Comics eigentlich nicht. Erzaehlmirnix schaut nur genau hin, so genau, dass es weh tut. Bei den Leser*innen stellt sich ein Effekt ein, der mehr noch als ein „Aha!“ ein verdutzt-beschämtes „Haha – ooooh!“ ist, führen uns die Comics doch unsere (mangelhafte) Diskussionskultur und das falsche Setzen von Prioritäten vor Augen.
Zum Einfluss der jüngsten Ereignisse wie Pandemie, Krieg und Verschwörungstheorien auf ihre Produktivität befragt, winkt die Autorin ab: „Grundsätzlich ist mein Humor oft ziemlich fatalistisch und von meiner depressiven Grundhaltung geprägt. Die Ereignisse der letzten Zeit waren also gar kein großer Einfluss, nur das übliche ‚Ach, alles geht vor die Hunde, machste nix‘. Spannend wäre es wohl, wenn sich die Welt plötzlich spontan verbessert und nichts mehr passiert, was mich zu dieser Art Kommentar inspiriert.“
Es ist eine ganz besondere Art von schwarzem Humor, fast schon eine (Über-)Lebensstrategie, im realen Leben, aber auch und vor allem im Internet, wo etwas andere Regeln gelten, wie sich nicht nur in der Diskussionskultur im Netz zeigt, sondern auch in den Debatten um Datenschutz, Cybermobbing, Umgang mit Fakes, Verifizierung von News – und der fast schon philosophischen Frage, ob es denn nun in Ordnung ist, dass der reichste Mensch der Welt mal schnell ein soziales Netzwerk aufkauft. Erzaehlmirnix zeigt den ganz normalen Wahnsinn unseres Alltags und behandelt dabei Themen, die der Autorin am Herzen liegen.
Die reale Person hinter den Comics heißt Nadja Hermann und ist gelernte Verhaltenstherapeutin mit einem Hintergrund als Bestsellerautorin. © Nadja Hermann