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Europas Kochverbände stehen zusammen

Die Koch-G5 ist in den deutschsprachigen Ländern vernetzt. Gerade jetzt stehen die Berufsverbände Südtirol, Österreich, Deutschland, Luxemburg und in der Schweiz, den Köchinnen und Köchen zur Seite.
Es ist ziemlich genau fünf Jahre her, dass sich die kulinarischen Berufsverbände von Südtirol (SKV), Österreich (VKÖ), Deutschland (VKD), Luxemburg (Vatel) und der Schweiz (skv) zur Koch-G5 zusammengeschlossen haben. Für eine Feier dieses kleinen Jubiläums bleibt in diesem Jahr keine Zeit – die Kolleginnen und Kollegen in allen fünf Ländern wurden von der Corona-Pandemie in den vergangenen Monaten mächtig in Atem gehalten. Die Herausforderungen in den Verbänden ähneln sich.
Ansprechpartner für Mitglieder
„Wir sind ein touristisches Land und jetzt nach der Grenzöffnung liegt uns viel daran, unsere Mitglieder bestmöglich zu informieren. Gemeinsam setzen wir alles daran, Gästen aus Deutschland und aus anderen Ländern einen gesunden Aufenthalt bieten zu können“, sagt Reiner Münnich, Geschäftsführer vom Südtiroler Köcheverband. „Viele unserer Mitglieder sind im Moment noch zu Hause im Lohnausgleich und haben Fragen.“ Als Antwort auf die aktuelle Situation setzt der SKV auf digitale Wege: „Wir bieten Webinare an, treffen uns mit dem Vorstand in Videokonferenzen und haben begonnen, Partner und Produzenten mit digitalen Produktvorstellungen in unsere interne Kommunikation einzubinden. Das kommt gut an.“ Und: „Wichtig sind der Austausch und das persönliche Gespräch. Wir verstehen uns als Gemeinschaft, sind Ansprechpartner für die Mitglieder und stehen solidarisch zusammen.“
Bildung und Beratung
Auf Kommunikation und webbasierte Weiterbildung setzt man auch in der Schweiz, wie Reto Walther, Geschäftsführer des Schweizer Kochverbands (skv) berichtet: „Anfangs herrschte eine große Verunsicherung und wir haben mit einer Mail im Namen des Verbandspräsidenten alle Mitglieder persönlich angeschrieben und ihnen Unterstützung angeboten. Außerdem haben wir mehr als 1000 Mitglieder persönlich angerufen und zum Teil sehr intensive Gespräche geführt. Besonders nachgefragt ist unsere Rechtsberatung, mehr als 1500 Anfragen haben wir in der akuten Zeit der Krise erhalten.“ Gut funktioniert haben zudem die Webinare, die relativ kurzfristig entwickelt und angeboten wurden, aber: „Unser Beruf und unser Verband basiert auf einem Netzwerk der persönlichen Begegnungen, für uns stehen Austausch und Netzwerken eindeutig im Vordergrund.“ Das soll auch bei der bevorstehenden Küchenchefs-Tagung so sein, die im September in einem neuen Event-Format an einem besonderen Ort mit rund 250 Teilnehmern stattfindet.
Wenn nicht wir, wer dann
Vorfreude auf eine ganz besondere Veranstaltung herrscht auch in Österreich, wo im Oktober die Young Chefs Unplugged (YCU) zum Treffpunkt für Jungköche aus Europa wird. Für Mike Pansi, Präsident des Verbands der Köche Österreichs (VKÖ), ist es ein wichtiger Schritt zurück zur Normalität: „Wir werden dieses Event machen und sehen das auch als positives Signal innerhalb der Koch-G5.“ Diese Signale seien jetzt besonders wichtig für eine Branche, die zum Teil überfordert und verunsichert ist. „Die anfängliche Kommunikation auf den Social Media-Kanälen haben wir inzwischen reduziert, nicht zuletzt, weil sich fast täglich Informationen und Nachrichten überholt haben.“ Die Zuversicht zum bevorstehenden YCU-Event hingegen passt zur Philosophie des VKÖ, in diesen Zeiten neue Wege zu gehen. „Jetzt ist unsere Chance, kreative Ansätze und Lösungen zu entwickeln“, betont Mike Pansi. Genauere Infos zu #YCU20 gibt es demnächst auch über die VKD-Kanäle.
Planung „auf Sicht“
„Eher ruhig und abwartend“ bezeichnet Alain Hostert, Sekretär des Vatel Club Luxembourg, die aktuelle Situation der Köchinnen und Köchen im Großherzogtum. „Jeder befindet sich quasi im Überlebensmodus und bemüht sich um eine sichere Wiedereröffnung.“ Die Regierung des Landes setze alles daran, dafür finanzielle und politische Voraussetzungen zu schaffen. Viele Berufsschulen seien bereits „iPad-Schulen“, so Hostert, „und die Umstellung auf digitalen Unterricht war problemlos“. Die Marktbegleiter der Branche hingegen seien in der Schwebe und finanziell überstrapaziert. Als Organisator des Culinary World Cup hat der Vatel Club deshalb auch derzeit mehr Fragen als Antworten, für 2022 seien im Moment keine Vorhersagen möglich: „Bedenkt man, dass beispielsweise La Provençale, einer der Hauptsponsoren, täglich hohe sechsstellige Umsatzverluste beklagt, ist nicht abzusehen, welche Auswirkungen die Coronakrise auf den Wettbewerb haben wird.“
Stimme der Köchinnen und Köche
Auf der Suche nach Lösungen sammeln die Verbände Ideen und Informationen, um diese an ihre Mitglieder weiterzugeben. Diesen Weg ist auch der Verband der Köche Deutschlands (VKD) von Beginn an gegangen: „Bereits Mitte März haben wir begonnen, auf einer Corona-Sonderseite Informationen zu sammeln, Statements aus dem Verband zu veröffentlichen und in einer Facebook-Gruppe eine Plattform zum Austausch zu bieten“, berichtet Felizitas Laun, Geschäftsführerin des VKD. Jetzt ginge es vorrangig darum, die sichere Wiedereröffnung zu begleiten: „Als Berufsfachverband sehen wir unsere Aufgabe darin, den Köchinnen und Köchen eine Stimme zu geben.“
Aina Keller
Presse-Projektarbeit für den VKD

Text und Foto: Verband der Köche Deutschlands e. V. (VKD)

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10 Zukunftstrends nach COVID-19

Der Wandel in der Gastronomie ist in vollem Gange. Die Krise durch COVID 19 hat diese Veränderung massiv beschleunigt. „Jetzt kommt die Zeit für Macher und Visionäre“, prophezeit Jean-Georges Ploner.
Das Ur-Verlangen nach sozialer Nähe lässt sich jedoch nicht unterdrücken. Die Gastronomie als Ort der Begegnung wird zurückkehren, davon ist Ploner überzeugt. Allerdings in Form neuer oder wiederbelebter Konzepte und Formate, mit mehr Erlebnischarakter und Emotionalität, an neuen Orten, mit neuen Regeln für Hygiene und zwischenmenschlichen Umgang, mit Zugangskontrollen, Tischreservierung und Platzierung. Sichere Orte wie Zuhause, Essen im Auto oder der Members Only-Club werden bevorzugt. Outdoor wird das neue Indoor. Gastronomie-Erlebnisse werden zu Urlaubsersatz.
Bereits in der Krise hat sich gezeigt: Take Away und Delivery sind die Gewinner. In Zukunft geht es nicht mehr darum, was, sondern wie und mit welchem Gesamtpaket Essen zu den Menschen kommt, sowie damit verbunden die Frage der Entsorgung unter Nachhaltigkeitsaspekten.
10 Trends der Gastronomie von morgen nach COVID-19
1. Die Individualität verschwindet – der Marktanteil der Gastronomieketten wächst
Die durch die Corona-Krise verursachte lange Schließung der Gastronomiebetriebe und damit der Wegfall der geschäftlichen Grundlage werden zu einer Marktbereinigung führen. Die Krise zeigt unerbittlich Stärken und Schwächen auf und führt semi-professionell geführte Betriebe an die Existenzgrenze. Die Gastronomie wird um rund ein Viertel schrumpfen.
2. Die Schere geht auseinander – Kapital und die Entschlossenheit zum Überleben entscheiden über die Zukunft
Die Großen und die ganz Kleinen werden zu Gewinnern. Gut finanzierte Betriebe und die internationalen Restaurantketten nutzen die Schwäche des Marktes zur Expansion und zur Neu-Aufstellung. Die Rezension bietet die Chance, alles, wirklich alles zu hinterfragen und neu zu verhandeln: Standorte, Pachtverträge, Mitarbeiter, Strukturen und Technologie.
3. Der Kampf um Umsatz – neue Platz-Quoten pro Gast erhöhen Druck auf Auslastung und Konsum
Abstandsregeln verändern die Auslastung. Die neue Platz-Quote pro Gast und der angestrebte Umsatz resultieren in neu kalkulierten Dinnerzeiten und Durchschnittbons. Die neue Formel: Den Tisch häufiger belegen und möglichst viel in kürzerer Zeit verkaufen.Positiv ist zu bewerten, dass eine Effizienzsteigerung in der Gastronomie einhergeht, die nur durch Digitalisierung möglich ist. Ganzheitliche, individuell konfigurierbare Lösungen für datenbasierte Entscheidungen und Echtzeitanalysen für alle Bereiche der Betriebe werden zum Standard.
4. Safety First! – Vertrauen durch sichtbare Maßnahmen schaffen
Gäste, Mitarbeiter, Lieferanten – alle wollen Sicherheit. Deshalb hat die neue Normalität zwei Prioritäten: Hygiene und Abstand. Insbesondere beim Neustart sind beide unverzichtbar, um das Vertrauen der Gäste zurück zu gewinnen. Gäste wollen nicht nur das Gefühl haben, dass alles für ihre Sicherheit getan wird, sie wollen es auch sehen: Mitarbeiter tragen Handschuhe und Mundschutz, Desinfektionsständer stehen bereit, Einmal-Speisekarten oder Speisekarten-Apps, bargeldlose Bezahlmöglichkeiten. Konsequentes Social Distancing vom Betreten bis Verlassen des Restaurants: Einlasskontrollen, Wartebereiche, Entzerren der Gästeströme, digitalisierte Kommunikation durch Displays, WhatsApp oder SMS usw. Vertrauen ist der Schlüssel für die Rückkehr der Gäste!
5. Take Away wird zum Erlebnis Delivery
Take Away und Delivery befreien sich vom Fastfood Image, werden dafür aber hochwertiger und erlebnisorientierter. Aus der Notlösung – wenn’s schnell und bequem gehen soll – wird ein eigenständiger Bereich. Für Gastronomen unverzichtbar, weil überlebensnotwendig. Delivery wird zum Standbein und durch Zusatzleistungen attraktiv und wird mittels ganzer Packages, Themen- und Saison-Specials aufgewertet und emotional aufgeladen. Lieferdienste entwickeln sich weiter, neue mobile Konzepte entstehen. Food-Szenarien werden angeboten. All-Inclusive Ess-Erlebnisse sind überall und genau dort verfügbar, wo der Gast sich aufhält.
6. Die Renaissance des Picknicks – der Gastbereich wird in den öffentlichen Raum verlagert
Der Aufenthalt im Freien gilt als sicherer als in Innenräumen. Gäste bevorzugen deshalb Lokale mit Außenbereichen. Die Gastronomie wird es schwer haben, die Innenbereiche zu belegen. Bestehende Restaurants werden sich mit Terrassen erweitern und bei neuen Lokalen wird der Außenbereich größer geplant als der Innenbereich.
Das Picknick erlebt eine Renaissance, wird aber moderner und stylischer. Die Gastronomie liefert alles auf Wunsch genau dorthin, wo die Gäste sind.
7. Sicherheit kombiniert mit Erlebnis – das Auto als sicherer Ort wird zum Mittelpunkt
Erlebnisse werden wichtiger denn je. Gleichzeitig suchen die Menschen Sicherheit. Das Auto, der Inbegriff der Mobilität, erhält als Ort des Vertrauens einen neuen Stellenwert. Essen und Erlebnis rund um das Auto und im Auto erlebt einen Boom.
8. Die Umkehr des Weges – das Restauranterlebnis kommt nach Hause
Neben dem Auto erhält das eigene Heim einen neuen Stellenwert. Nicht zum Selberkochen, sondern um sich das Restauranterlebnis nach Hause kommen zu lassen. Keine neue Idee, jedoch wird das Modell weiter ausgebaut und bietet Caterern ein neues Geschäftsfeld: Umgestellt wird auf kleine individuelle Caterings. In Kooperation mit Restaurants und Köchen werden zudem unterschiedliche Themenwelten angeboten.
9. Freiheit und Selbstbestimmung um jeden Preis – Boom der Dinner-Clubs
Als eine Art Gegenreaktion auf die vielen Einschränkungen folgt eine Bewegung, die statt Gesundheit Freiheit über alles stellt. Wo Verbote sind, lockt der Reiz des Verbotenen. Vergleichbar der Zeit der Prohibition in den USA entsteht eine Form der geheimen Gastronomie in Dinner-Clubs und Speak-Easy Bars. Intime Orte für kleine Kreise und Netzwerke abseits der Öffentlichkeit. Zugang gibt es nur für Eingeweihte, Trendsetter und/oder Wohlhabende
10. Kulinarischer Aufbruch in die Ferne – Gastronomie wird zum Urlaubsersatz
Es wird voraussichtlich eine Erholungsphase benötigen, um wieder Urlaubsreisen ins Ausland wie gewohnt planen zu können. Entscheidend sind nicht nur Grenzöffnungen, sondern auch ein Neu-Start der gesamten Tourismusinfrastruktur. Die Sehnsucht nach Ferne und Exotik aber bleibt ebenso bestehen, wie der Wunsch nach Inspiration und neuen Erfahrungen. In Zukunft werden Reisen kulinarisch unternommen, um Neues zu erleben oder Erinnerungen wieder zu beleben. Die Küchen der Welt zaubern für einige Stunden Urlaubsstimmung.
Ploners Fazit: Jetzt kommt die Zeit für Macher und Visionäre. Die Gastronomie erfindet sich neu. Der Weg wird spannend – und schwierig. Vieles ist möglich. Entscheidend ist, was die Menschen mit Mut, Zuversicht und Kreativität daraus machen.
Quelle:
F&B HEROES,
Jean-Georges Ploner
www.tophotel.de