Aktuell
Chefs de Cuisine Suisses

Erster nationaler Kadertag

«Solche Events sind für den Erfahrungsaustausch unerlässlich.» - Heinz Rufibach, Küchenchef Grand-Hotel Zermatterhof
Präsidium und Vorstand des Schweizer Köcheverbandes mit Präsident Thomas Nussbaumer (vorne, 3. v. r.), VKÖ-Präsident Mike P. Pansi (vorne l.), VKD-Vizepräsident Manfred Fischer (2. v. r.) und SKV-Präsident Reinhard Steger (r.)
Bei der Tagung «Chefs de Cuisine Suisses» des Schweizer Kochverbands haben sich Küchenchefs aus der Schweiz und dem nahen Ausland getroffen, um sich endlich wieder auszutauschen.
Der Schweizer Kochverband ist stolz auf die gelungene Lancierung im Culinarium Alpinum Stans, dem neu eröffneten Kompetenzzentrum für alpine Regionalkulinarik. Es waren zwei unvergessliche Tage voller Emotionen, mit viel persönlichem Austausch und tollen Referaten und einem großartigen Hauptreferenten: Dominik Flammer. Er hielt ein Plädoyer für die alpine Küche im Alpenraum und die autochthonen Lebensmittel, verbunden mit der Kernfrage, warum in der Zwischenzeit in der Nordic Cuisine weltweit am meisten Geld für ein Essen ausgegeben wird.
Was für ein Gesamtbild: An zwei Tagen meldete sich in Stans das „Who is Who“ der Schweizer Kochszene. Allesamt in weißer Kochjacke, belebten die Küchen-Chefs die Gänge des ehemaligen Kapuzinerklosters, schlenderten über den Marktplatz mit regionalen Produkten und verfolgten in der Klosterkirche die Referate.
Christian Jakob, stellvertretender Geschäftsführer des Schweizer Kochverbands, zeigte sich denn auch äußerst zufrieden mit der ersten Kadertagung für Köche : „Die Anzahl der teilnehmenden Küchenchefs, Fachlehrpersonen, Verbandspräsidenten und Entscheidungsträger zeigt, dass wir den Nerv der Zeit getroffen haben und ein Anlass dieser Art gerade in dieser außergewöhnlichen Zeit ein großes Bedürfnis war.“ Bildung, Trends und Geschichte waren die Kernthemen der Kadertagung.
Reinhard Steger

Aktuell
Schweiz. Kochausbildung neu

Der Beruf verändert sich, unübersehbar

Die Revision der Kochausbildung: Anlässlich des Beisammenseins der Chefs de Cuisine Suisses stellt René Schanz, Mitglied der Arbeitsgruppe Koch 2022, die wesentlichen Änderungen der Kochausbildung vor.
Beruf Köchin/Koch
Die Änderungen in Kürze
Die Ausbildung soll einerseits den Betrieben und Ihren Spezialisierungen (bzw. und was diese (noch) können), angepasst werden und andererseits diese und die Berufsschulen entlasten. Dazu werden …
… die schriftlichen Prüfungen abgeschafft.
… die Spezialisierung im Sinne von Handlungskompetenzen eingeführt, wie:
Zubereiten und Präsentation von Speisen und Gerichten
Gestalten spezieller Gerichte der betrieblichen Praxis
Sicherheit und Nachhaltigkeit
Betriebliche und wirtschaftliche Abläufe
Auftreten und Kommunikation
Näher betrachtet ist der Punkt «Gestalten spezieller Gerichte der betrieblichen Praxis» von besonderem Interesse. Es werde immer und aus jeder Optik Sichtweisen geben, die nicht ganz damit übereinstimmen, wie sich der Beruf verändert.
Alles was modern ist, ist nicht immer gut. In der Tradition hat es immer noch einige Punkte, an denen wir festhalten wollen und die auch nötig sind. Ich möchte aber eindeutig an dieser Stelle sagen, für mich ist Tradition nicht Protektionismus im Sinne von sich zu schützten, um an Altem festhalten zu können, das wäre falsch“,
Die Herausforderungen schilderte René Schanz unter dem Aspekt „Der Köder muss dem Fisch schmecken“ wie folgt: 
Standards und Verbindlichkeiten müssen vorhanden sein, um überhaupt etwas vergleichbar und damit messbar zu machen. Hierbei geht es um die Überprüfbarkeit der Qualifikationsverfahren (QV). Eine nicht ganz einfache Aufgabe, wenn die allgemeinen schriftlichen Prüfungen wegfallen. Der «neue Koch» soll eine Arbeitsmarktfähigkeit besitzen, seine Ausbildung soll also dem Bedürfnis der Gastronomiebetriebe entsprechen. Das Berufsbild soll nach außen eine Attraktivität ausstrahlen, um die jungen Menschen für diesen Beruf zu begeistern. Der Plan sollte eine breite Akzeptanz auslösen und hinsichtlich der Durchgängigkeit des dualen Bildungssystems (HBB) auch den nationalen und europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) entsprechen und umsetzbar sein.
Das sind die übergeordneten Punkte der Änderungen, die in das Vernehmlassungsverfahren des Bundesamtes für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) im September oder Oktober 2020 eingegeben werden. Anschließend werden die detaillierten Lehrpläne ausgearbeitet. Am 01.01.2022 soll das neue Berufsbild Koch 2022 in Kraft treten.
Ein Punkt, der besonders im Zentrum stand und doch einige Fragezeichen hinterließ, war in Bezug auf die Standards und Verbindlichkeiten, die Überprüfbarkeit und Vergleichbarkeit. Diese nehmen doch hinsichtlich der Abschaffung von schriftlichen Prüfungen und der Spezialisierung ab. Dazu kommt, bei den mündlichen und praktischen Prüfungen werde mehrheitlich auf die Spezialisierung fokussiert und diese Leistung mit dem Notendurchschnitt aus drei Jahren kumuliert. Hierbei ist zu beachten, dass damit der langjährigen Leistung Rechnung getragen und von einer Tagesform entkoppelt werde … aber. Jemand, der sich einen besonders großen Wissensumfang erarbeitet, aber vielleicht von den Lehrpersonen in drei Jahren eher schlecht bewertet wurde, hat im Grunde keine Chance mehr, unter Beweis zu stellen, was er kann.
Die Frage hierbei ist jetzt, wieviel von der Grundausbildung, also von «Zubereiten und Präsentation von Speisen und Gerichten» wird zugunsten der Spezialisierung „Gestalten spezieller Gerichte der betrieblichen Praxis“, der «Sicherheit und Nachhaltigkeit», den „betrieblichen und wirtschaftlichen Abläufen“ und vor allem dem „Auftreten und Kommunikation“ weggelassen wird.
Bei letzten Punkt ging René Schanz ins Detail: Auftreten und Kommunizieren.
Den eigenen Auftritt gestalten und mit Mitarbeitenden, Gästen und Lieferanten kommunizieren.
Konflikte im Küchenbereich erkennen und zu Konfliktlösungen beitragen.
Digitale Kommunikation für die Informationsbeschaffung und den Informationsaustausch im Küchenbereich sowie für die Präsentation in sozialen Medien einsetzen.
Mit Mitarbeitenden und Gästen in einer zweiten Landesprache oder in Englisch kommunizieren.
Dasselbe gilt für die großen Köche unserer Zeit. Mit einigen Ausnahmen, welche die Regel bestätigen, zehren alle von einer grundlegenden Ausbildung in den Techniken. Ohne Frage sind heute viele Techniken dazu gekommen, die es zusammen mit physikalischen und chemischen Grundlagen zu verstehen gilt. Genau deshalb: Letztendlich geht es um Verstehen, Verständnis, Nachvollziehbarkeit. Wer weiß, versteht.
Um nochmals soziologisch auf die Entwicklung der im Gehen schmatzenden Bevölkerung zu sprechen zu kommen (siehe Seite 5 dieser Ausgabe). Die übergeordneten, gesellschaftlichen Strömungen zeigen in eine völlig andere Richtung als die gegenwärtigen Moden. Mit der Neo-Urbanisierung rücken die Produktionsorte von Lebensmitteln durch Vertical-, Urban-, Indoor-Farming durch «brutal lokal» und Gourmet Gardening etc. wieder an uns heran. Mit der Individualisierung und der damit verbundenen Aufhebungen von ökonomischen Zwängen entsteht eine Entschleunigung, die den Fokus neu wieder auf alte Verfahrenstechniken und das Handwerke lenkt. Es muss nicht, aber es ist gut möglich, dass morgen das alte Handwerk des Koches wieder gefragt ist.
Hier stellt sich jetzt die Frage nach der Gewichtung und den Ansprüchen. Soll ein Koch unter allem anderen auch ein ausgewiesener Spezialist für digitale und analoger Kommunikation inklusive Social Media, für Mediation und Unterhaltung werden?
René Schanz
Schweizer Kochverband