Sowohl Vegetarismus als auch Veganismus sind vorwiegend britischer Herkunft. Die Begriffe stammen ab von den lateinischen Wörtern vegetare, vegeto (erregen, ermuntern, beleben), vegetus (belebt, rüstig) kombiniert mit den englischen Wörtern vegetable (Gemüse) bzw. vegetarian (pflanzlich). Auf Deutsch ergibt das in etwas: „Auf der Basis von pflanzlicher Ernährung körperlich und geistig Fitness erleben.“
Vegetarismus, Veganismus und Fruktivorismus in ihren heutigen Formen können eindeutig als ein Produkt der Überflussgesellschaft auf Basis der Industriellen Revolution gedeutet werden. Die absolute Verfügbarkeit gerade von Fleisch, Eiern und Milch ist eine junge Erscheinung. Die meisten Menschen Europas ernährten sich bis weit ins 19. und mitunter sogar bis ins 20. Jahrhundert hinein weitgehend pflanzlich. Nahrung tierischen Ursprungs war meist Luxus und kam selten auf den Tisch, weil man es sich nicht leisten konnte.
Während Flexitarismus eher eine Modeerscheinung ist, bildet Vegetarismus als direkter Ursprung des Veganismus heute noch oft eine Ernährungshaltung auf der Basis von Gesundheit, Ethik und Moral in Bezug auf eine ökologische und sozialverträgliche Wirtschaft.
Der Veganismus dagegen steht ziemlich krass in einem zerreißenden Spannungsfeld zwischen einem modischen Trend und der Ernsthaftigkeit von Frutanern, deren Ernährungsweise meist auch eine Lebenshaltung auf der Basis einer ganzheitlichen Betrachtungsweise ist. Hierbei soll auf der Basis von Verdauung und Entgiftung in Zusammenspiel mit Glauben und/oder Spiritualität physisches und psychisches Heil erreicht werden.
VEGETARISMUS
Herkunft: Vegetarian Society, Manchester, seit 1847. Die Definition war: Menschen, die kein Fleisch, Geflügel und Fisch essen. Ab Anfang des 20. Jahrhunderts begannen Auseinandersetzungen unter Vereinsmitgliedern, die auch Eier und Milch als Nahrung ablehnten. Diese Auseinandersetzungen endeten in der Abspaltung der Veganer 1944. Weitere, mitunter alte Begriffe für Vegetarismus sind pflanzliche Ernährung, pflanzliches Ernährungssystem, pflanzliche Diät.
Definition: Lebenshaltung, Ernährungsform, die alle Nahrungsmittel ausschließt, die von getöteten Tieren stammen. Im Gegensatz zum Veganismus werden im Vegetarismus zwei Formen unterschieden. Die in der Ernährung dem Veganismus gleiche Form, in der alle Lebensmittel tierischen Ursprungs abgelehnt werden sowie der als Ovo-Lacto bezeichnete Vegetarismus, der Lebensmittel, die von lebenden Tieren stammen, zulässt.
VEGANISMUS
Herkunft: Vegan Society, Birmingham, 1944. Hervorgegangen aus der Abspaltung von der Vegetarian Society unter Führung von Donald Watson, da der Verein und deren Zeitung Vegetarian Messenger nicht bereit waren, denjenigen, die auf Eier und Milch komplett verzichten wollten, eigene Foren und damit mehr Raum einzurichten.
Definition: Lebenshaltung, Ernährungsform, mit der jede Verwertung tierischer Produkte, die Ausbeutung von Tieren und damit alle damit einhergehenden Produkte (z.B. Leder oder Kosmetika, die mit Tierversuchen getestet wurden), also Konsumgüter tierischen Ursprungs, ganz generell abgelehnt werden. Entsprechend ist auch die Ernährungsweise – alle Nahrungsmittel tierischen Ursprungs werden abgelehnt. Es ist gegenwärtig in Mode, auch als Nichtveganer die vegane Ernährungsweise isoliert ganz oder zeitweise zu adaptieren (siehe z.B. Flexitarismus)
FRUKTIVORISMUS (Fruganismus, Fruitarismus)
Herkunft: Mit dem Aufkommen der industriell veränderten und geformten Nahrungsmittel (Suppenmehl, Fleischextrakt, Kondensmilch etc.), aber auch mit dem Aufkommen des europäischen Zuckers vertraten einige Mediziner schon früh die Meinung, moderne Kost sei die Hauptursache für viele Krankheiten und Beschwerden und ausschließlich die naturbelassenen Lebensmittel seinen bekömmlich und gesund.
Prägende Figuren waren dabei deutsche Ernährungsreformer wie der Naturheilpraktiker und Vertreter der Rohkost Gustav Schlickeysen (1843 bis 1893) sowie der Vegetarier und Theologe Eduard Baltzer (1814 bis 1887) mit seinem Werk «Die natürliche Lebensweise, der Weg zu Gesundheit und sozialem Heil».
Die für den Fruktivorismus bis heute geltende Satzung stammt denn auch aus deren Feder: erstens von Baltzer aus dessen Programmschrift Lebensreform (daraus ist auch Reformhaus hervorgegangen) aus der Mitte des 19. Jahrhunderts: „Die Moral der Menschheit ruht auf ihrer frugivoren Natur“ (Frugivor = Fruchtfresser). Zweitens aus Schlickeysens Werk Obst und Brot: «Die frugivore Diät ist ein kosmisches Gesetz.»
Nicht unbedingt unter Fruktarier, aber durchaus dem Fruktarismus als zuträglich eingeordnet werden können hierbei beispielsweise auch der Schweizer Arzt, Ernährungsreformer, Erfinder des Birchermüeslis und Gründer des Sanatoriums Lebendige Kraft Dr. Maximilan Oskar Bircher-Benner (1867 bis 1939) oder der US-amerikanische Arzt und Ernährungsreformer John Hervey Kellogg, Erfinder der Cornflakes, Gründer des Battle Creek Sanatorium sowie Mitbegründer der Sanitas Food Company, die ab 1897 Kellogg’s Cornflakes herstellte.
Definition: «Eine Person, die von Früchten und Obst lebt.» Lebenshaltung, Ernährungsform, ursprünglich aus einer ganzheitlichen, mitunter auch christlichen Betrachtungsweise auf der Basis von ergebenem Respekt gegenüber Natur und Lebewesen. Die Ernährungsweise war ein Teil zum Erreichen des menschlichen Heils. Heute steht mehr die Forderung im Zentrum, dass das Recht, das im Veganismus den Tieren zugesprochen wird, auch Pflanzen zukommen soll. Es sind nicht nur alle Nahrungsmittel tierischen Ursprungs ausgeschlossen, sondern zur Ernährung werden nur Gemüsesorten, Früchte, Körner, Nüsse, Samen etc. verwendet, deren Ernte nicht die Pflanze beschädigte, von der sie stammen. Die Meinung, was verwendet werden kann, ist oft umstritten. Ist Getreide schon abgestorben, wenn es geerntet wird? Wird ein Baum beschädigt, wenn eine Frucht abgenommen wird? Menschen, die dem Fruktivorismus angehören, werden als Frutarier, Fructarier, Frutaner und dergleichen bezeichnet.
Der Begriff Fruktivorismus dagegen ist in seiner Herkunft deutlich «deutschstämmig» und ist von den Wörtern Frucht und Fruit abgeleitet und geprägt.
FLEXITARISMUS
Herkunft: Entstanden Anfang des 21. Jahrhunderts aus dem gesellschaftlichen Hype rund um vegetarische und vegane Ernährungsweise. Modewortkombination aus flexibel und Vegetarier. 2003 wurde «Flexitarismus» von der Amercian Dialect Society als das nützlichste neue Wort ausgezeichnet – dafür muss ein treffender Begriff (Wort oder Satz) das größte Bedürfnis mit einer neuen (Wort-)Kreation ausdrücken.
Definition: Gesellschaftsmode, Essverhalten, Diät, die den Fleischkonsum reduzieren soll. Fleisch wird selten gegessen. Die Beweggründe, sich «flexitarisch» zu ernähren, schwanken zwischen bewusster Ernährung (Diät), schlechtem Gewissen gegenüber Tierhaltung und Umwelt (ethisch/moralisch) und Teilhaben an der Gesellschaftsmode.
Mitunter hat Veganismus bedauerlicherweise hier und da durchaus auch radikale Züge angenommen. Menschen, die Produkte tierischen Ursprungs essen, werden nach der «High-Noon-Methode» zuerst gehängt und dann gerichtet, was zwar mit Blick auf die Tiermisshandlungen verständlich, jedoch auch nicht gerade zielführend ist. In der Schweiz ernähren sich nach den jüngsten Erhebungen (statista.de) 2,6 Prozent der Bevölkerung vegan und 5,8 Prozent vegetarisch, in Deutschland 8 bis 9 Prozent vegetarisch und 1,5 Prozent vegan. Unterschwellig herrscht oft ein unausgesprochenes, subversives Gefühl vor, das suggeriert, Veganer und Vegetarier seien bessere Menschen. Karnivoren sollen sich schlecht fühlen. Auf dieser ambivalenten Basis fordert die Minderheit auf politischer bzw. gesetzlicher Ebene eine Durchsetzung der teilweisen vegetarischen Ernährung, z.B. mit einem Tag, der allgemein fleischfrei sein müsse. In Anbetracht der ökologischen und ökonomischen nach wie vor vorhandenen Missstände in der Tiermast ist diese Forderung bedauerlicherweise nicht einfach ungerechtfertigt, wenn auch kaum durchsetzbar. Die Forderung einer mehr oder weniger zwangsweisen vegetarischen Ernährung auf politischer/gesetzlicher Basis (Veggie Day – Forderung in Deutschland, Bündnis 90/Die Grünen) ist aber nicht neu.
Was auf gesetzlicher Ebene nicht zu bewerkstelligen ist, dürfte/könnte allerdings der Markt und die produzierende Industrie regeln. Unter Einbezug der jüngsten Entwicklungen in Forschung und Entwicklung von «Plant based Meat and Milk». Hier dürfte eine vegane Revolution zu erwarten sein. Daran, aus Bohnen und Korn Fleisch und Milch herstellen zu können, müsste die Industrie alleine schon aus Sicht der Bruttomarge und des «abnehmenden Ärgers» ein großes Interesse haben – siehe Protest-Bilder.