„Immer nur das gleiche kochen – ich würde durchdrehen!“ Martin Dalsass mag dem grassierenden Mono-Menü-Trend nicht folgen, legt in seinem „Talvo“ zusätzlich eine unglaubliche Karte mit 21 Positionen auf. Und damit es ihm und seiner erstaunlich kleinen Brigade wirklich nicht langweilig wird, schreibt er sein Angebot alle 14 Tage neu. Seine Stammgäste und Freunde registrieren vergnügt: Der Martin, frisch verliebt und frisch (wieder-)verheiratet, ist in der Form seines Lebens. Ehefrau Barbara hilft diskret mit: Sie formt zu Hause in geduldiger Handarbeit wunderbare Gnocchi sardi. Kiloweise. 18-Punktechef Dalsass ist im Engadin die sicherste Bank. Andere Starchefs (Caminada, Nobu, Cerea, Colagreco, Fliegauf) sind nur in den lukrativen Wintermonaten in den Bergen.
Ceviche mit Pfirsich!
Dalsass beobachtet das Marktangebot aufmerksam, richtet nach dem Lustprinzip an. Diesen Sommer hat er Lust, den Ceviche-Code zu knacken. Natürlich verwendet auch er wie die Kollegen in Peru Peperoncini, Gurke, Koriander, Ingwer und Zitronengras. Die Komponenten Limes und Zucker ersetzt er durch Pfirsichwürfel. „Ich hole die Süße lieber mit Früchten, statt mit Zucker in den Teller”, sagt der Chef. Auch noch im Teller: ein Prachtexemplar von bretonischem Hummer, perfekt gebraten und lässig angerichtet. Genial auch das Carpaccio: Dalsass schneidet dafür ein rares Kabier-Filet (!) vom Appenzeller Bauern Sepp Dähler auf, gibt eine Schnittlauch-Crème-fraîche, Sommertrüffel und auf besonderen Wunsch auch noch einen großen Löffel Oscietra dazu.
Brennnessel-Risotto & Kult-Cavatelli
Höchste Zeit für die Pasta, höchste Zeit für Brennnesseln! Dalsass setzt das stark unterschätzte Kraut im Sommer gerne ein. Für einen unglaublich grünen, unglaublich guten Risotto. Für Trofie mit Eierschwämmli. Für Gnocchi. Er verrät uns den entscheidenden Trick: „Brennnesseln haben nur kurze Zeit wirklich Saison. Ich pflücke sie kurz vor dem Blühen, nur dann entwickeln sie den vollen Geschmack.“ Noch erfolgreicher sind nur noch seine Cavatelli mit Calamaretti, Miesmuscheln und Vongole. Dalsass hat diesen Gang seinen Gästen im Sommer 1990 erstmals serviert (damals noch im „Santabbondio“ über Lugano), und seither kriegt er die Dinger nicht mehr von der Karte. Kenner wissen: Je kleiner die Cavatelli, desto besser!
Das Federstück vom Wagyu
Was darf’s denn zum Hauptgang sein? Martin Dalsass hat mindestens drei spannende Vorschläge auf Lager. Den Baby-Steinbutt gibt’s für zwei, serviert in zwei Gängen. Die smarte Chef de Service Lisa Carlevero löst den Turbot flink von der Gräte, gießt eine kräftige Rotwein-Buttersauce dazu. Aus Ormalingen wird ein Jungschwein ins Engadin geliefert; wir kriegen den butterzarten Schweinebauch. Und natürlich konnte der Chef auch dem neuesten Angebot seines eigenwilligen Lieferanten Fredy von Escher nicht widerstehen: Das Federstück (!) von einem Wagyu aus Chile, sündhaft teuer, sündhaft gut. Dalsass wendet das Edelteil noch kurz in der heißen Pfanne, legt dann eine Tropea-Zwiebel und 45-jährigen, selber abgefüllten Balsamico dazu. Im Herbst und Winter wird die Karte noch attraktiver: Wildvögel sind die Leidenschaft des Patrons, der am Herd von seinem Vize Kevin Fernandez fantastisch unterstützt wird.
Granaten im Keller
Sohn Andrea Dalsass wacht über den Keller: Wir entdecken hinter einer Glasscheibe die unglaublichsten Großflaschen aus dem Bordeaux, aus dem Burgund (DRC!) und aus Italien (Masseto), wohl aus der privaten Kollektion des großzügigen Hausbesitzers Peter Spuhler. Die Bündner Herrschaft ist auch gut vertreten: Mit Stars wie Gantenbein und Studach, mit Newcomern wie Sven Fröhlich, Gault&Millaus „Rookie des Jahres“.
Dazu ein Zitat von Urs Heller Gault&Millau Schweiz
„Martin Dalsass kocht mit grenzenloser Leidenschaft im „Talvo”in St. Moritz-Champfer (18 Punkte).“
Der Südtiroler Köcheverband-SKV gratuliert herzlichst und wünscht weiterhin viel Freude, Begeisterung und das Feuer für diese ganz besondere, ja herausragende Leidenschaft für den Kochberuf, das Kochen und die wunderbare Verarbeitung der Lebensmittel. Ein besonderer Dank auch dafür, dass er diese Werte immer wieder gerne an viele Südtiroler weitergibt.
Martin Dalsass
Geboren:
1956 in Deutschnofen, aufgewachsen in Leifers
Kochausbildung & erste Erfahrungen:
Bozen & restliches Südtirol
Weitere Stationen:
Paris & Schweiz
Erste Station als Küchenchef:
Hotel Bellevue, Gstaad, 1980
Erstes eigenes Restaurant:
Santabbondio bei Lugano, 1985
Michelin-Stern & 18 Punkte Gault&Millau:
Auf Anhieb in unmittelbarer Folge erhalten
Große Auszeichnung:
2001 Koch des Jahres von Gault&Millau in der Schweiz
Internationale Bezeichnung:
Der Olivenölpapst
Legendäres Gericht:
Olivenöl-Schokolademousse
Olivenölinspiration:
Zehn bis zwölf Sorten reinstes Olivenöl inspirieren tagtäglich
Markenzeichen:
Der virtuose Umgang mit Olivenöl
2011:
Zelte in Lugano abgebrochen & das geschichtsträchtige Talvo by Dalsass in St. Moritz eröffnet
Philosophie & Küchenstyle:
Mediterran geprägte Küche, ausgerichtet auf spontane Kreativität und die Bewahrung des Eigengeschmacks der exzellenten Zutaten
Die Besonderheit:
Im Talvo gibt’s die kleinste Davidoff-Lounge der Welt.
2021:
„In der Form seines Lebens!“, so der renommierte Gastro-Kritiker Urs Heller
Die Redaktion rs/Gault&Millau