Aktuell
Gemeinwohl-Ökonomie

Wirtschaften zum Wohle aller

Bei unserer ersten Biohotelversammlung durften wir einem Vortrag von GWÖ-Mitbegründer Christian Felber miterleben. Sein Credo lautet: „Unser jetziges Wirtschaftssystem steht auf dem Kopf. Das Geld ist zum Selbst-Zweck geworden, statt ein Mittel zu sein für das, was wirklich zählt: ein gutes Leben für alle.“
Sonja Resch – FOTO: Armin Mayr
Die Gemeinwohl-Ökonomie ist eine Reformbewegung, die eine alternative Wirtschaftsform anstrebt, die die Umwelt und das Wohl der Menschen bei allen wirtschaftlichen Unternehmungen mitberücksichtigt. Nicht Gewinnmaximierung, sondern soziale Gerechtigkeit und Ökologie stehen im Vordergrund. Aus einem „guten Leben für mich“ wird ein „gutes Leben für alle“.
Das hat uns sehr angesprochen und so haben wir uns der „GWÖ-Bewegung“ angeschlossen. Der nächste Schritt war die Erstellung der Gemeinwohl-Bilanz: Sie ist das Hauptinstrument der Gemeinwohl-Ökonomie, und sie erlaubt es, die Qualität der Anwendung der fünf GWÖ-Werte zu ergründen.
In die Bilanz fließen soziale und ökologische Aspekte wie zum Beispiel Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit, Transparenz und Mitentscheidung ein: Wie ist die Beziehung unseres Betriebes zu unseren Interessengruppen, das heißt Lieferanten, Kunden und Umfeld? Einfach erklärt geht es um folgende Fragestellungen: Wie wähle ich meine Lieferanten und wie gehe ich mit ihnen um? Wie steht es mit der Qualität am Arbeitsplatz und wie behandle ich meine Mitarbeitenden? Wie setze ich Geldmittel ein? Welche ökologischen und sozialen Auswirkungen hat meine Tätigkeit?
Insgesamt sind 20 Felder intensiv zu bearbeiten, was sehr zeitaufwändig ist. Zum Glück gibt es geschulte Berater, die den Bilanzierungsprozess begleiten. Die erste Bilanzierung haben wir Ende 2021 in der Peergruppe unter der Leitung von Armin Schmelzle mit drei anderen Biohotels abgeschlossen. Aktuell arbeiten wir an der neuen Zertifizierung, auch hier gemeinsam mit drei anderen Südtiroler Hotels.
Bei der Erstellung der Bilanz haben wir unseren Betrieb aus einem neuen Blickwinkel betrachtet, viele wichtige, auch unangenehme Fragen sind aufgekommen und wurden erörtert. Wir haben erkannt, dass es in vielen Bereichen noch „Luft nach oben“ gibt, dass man immer wieder dazulernt und auch mal an seine Grenzen stößt.
Besonders interessant und spannend finde ich die Bereiche „Menschenwürde am Arbeitsplatz“ und „Gesellschaftliches Umfeld“, gerade im Hinblick auf die aktuellen Themen rund um den Tourismus in Südtirol.
Sonja Resch
Bio- & Bikehotels Steineggerhof,
Steinegg

Aktuell
Pflanzenpower in der Sterneküche

Wie anspruchsvoll Gemüse ist

Zwei Sterneköche berichten. Dass Gemüse der Star auf dem Teller sein kann und zwei Michelin-Sterne verdient, zeigt Sebastian Frank in seinem Restaurant „Horváth“ in Berlin. Ricky Sawards Restaurant „Seven Swans“ in Frankfurt trägt einen Michelin-Stern und ist auf eineinhalb Jahre ausgebucht: mit rein veganer und regionaler Küche.
Sebastian Frank (FOTO: White-Kitchen) und Ricky Saward
„Satt und gelangweilt“ habe er sich gefühlt, sagt Ricky Saward, vom Geschmack und dem Überangebot an Fleisch und Fisch, mit dem er in der Küche aufgewachsen ist. Und so tat er das, was er (noch) nicht konnte – und bewarb sich in einem vegetarischen Restaurant, ohne eine Ahnung zu haben, wie man sieben Gänge ohne Fleisch oder Fisch zubereitet. Doch genau diese Überforderung war sein Antrieb. 2020 folgte der nächste radikale Schritt: alle Gerichte pflanzenbasiert, also vegan, anzubieten, und ausschließlich auf regionale Zutaten zu setzen, am besten aus der eigenen Landwirtschaft, einem fünf Hektar großen Permakultur-Garten im Taunus. Das heißt auch, auf Pfeffer, Olivenöl, Zitrusfrüchte, Kaffee oder Kakao zu verzichten. Die lange Gästewarteliste bestätigt den Erfolg des Konzepts.
Den Österreicher Sebastian Frank hingegen hat es der Liebe wegen nach Berlin verschlagen, doch die Qualität an Fleisch und Fisch entsprach nicht seinen Kochansprüchen. Er wandte sich immer mehr dem Gemüse zu, ohne dabei vegetarisch oder gar vegan zu werden. Fleisch kommt oft noch in Form von Jus auf den Teller. Aber die Hauptrolle auf dem Teller spielt das Gemüse, und so hat seine „emanzipierte“ Gemüseküche, wie Sebastian Frank seinen Stil selbst nennt, auch Kenner überzeugt, und trägt seit einigen Jahren zwei Michelin-Sterne.
Neugierig geworden? Mehr über die spannenden Konzepte und Gedanken der Köche gibt es im Podcast COOLinarisch mit Bettina Schmid, Leiterin des Gustelier – Atelier für Geschmackserfahrung im HGV Bozen. Einfach bei Spotify, Google Podcasts, Deezer, Amazon Music oder Audible abonnieren, auf www.gustelier.it vorbeischauen und reinhören!
Bettina Schmid
Leiterin Gustelier, HGV