Aktuell

Zum Abschluss des Autonomiekonventes …

Mit dem Autonomiekonvent ist ein für Südtirol wohl einmaliges Bürgerbeteiligungsverfahren zu Ende gegangen.
„Würde man die tragenden Säulen des Minderheitenschutzes aushebeln oder aufweichen, würde zukünftig jegliche Voraussetzung einer ethnisch-sprachlichen Autonomie fehlen“, so Tony Tschenett
Das ursprüngliche Ziel, das Autonomiestatut neu zu schreiben, bzw. zu überarbeiten wird sich nicht erfüllen. Dafür waren die Meinungen der beteiligten Akteure doch zu verschieden. Unverständlich ist die Tatsache, dass die meisten italienischen Vertreter im Konvent das Fundament der Autonomie, nämlich den Schutz der Sprachminderheiten ganz subtil aushebeln wollen. Grundlegendes, wie das Recht auf muttersprachlichen Unterricht oder der Proporz sollte unter dem Deckmantel der überwundenen Unterdrückung der deutschen und ladinischen Volksgruppe aufgeweicht werden. Tony Tschenett als Vertreter des ASGB im Konvent hat sich von solchen Vorschlägen ausdrücklich distanziert: „Würde man die tragenden Säulen des Minderheitenschutzes aushebeln oder aufweichen, würde zukünftig jegliche Voraussetzung einer ethnisch-sprachlichen Autonomie fehlen und man könnte höchstens von einer territorialen Autonomie sprechen.“ Erfreulich war hingegen die lager übergreifende Zustimmung von deutscher und ladinischer Seite zur Präambel zum Autonomiestatut, die Christoph Perathoner verfasst hat (siehe unten). Entgegen der Meinung der ewigen Nörgler ist es dem Verfasser gelungen, alle drei in Südtirol lebenden Sprachgruppen einzubeziehen und einen roten Faden zwischen Südtirols Geschichte und der Zukunft zu spannen. Dass das Selbstbestimmungsrecht und das Bewusstsein unserer christlichen, vom Geiste des Humanismus und der Aufklärung geprägten Wurzeln angeführt wird, hat einigen Unmut aufgeworfen. Vielen Konventsmitgliedern wurde unterstellt, sie würden damit an einem neuen „Los von Rom“ arbeiten, dabei ist unsere Autonomie auch eine Art der Selbstbestimmung, die durchaus in dieser Form auch in der Präambel angeführt werden kann und soll. Genauso wie unsere Wurzeln, die zu unserer Geschichte gehören und unser Land geprägt haben.
Alles in allem kann man den Autonomiekonvent als gelungenes Partizipationsverfahren der Bevölkerung ansehen, aber die Südtirol-Autonomie wird sich dadurch nicht ändern.

Aktuell

Vorschlag einer Präambel zum Südtiroler Autonomie-Statut

von Christoph Perathoner (Version 28.05.2017)
Wir, die deutschen, italienischen und ladinischen Bürgerinnen und Bürger im Land Südtirol
im Bewusstsein unserer christlichen, vom Geiste des Humanismus und der Aufklärung geprägten Wurzeln und der gemeinsamen Geschichte mit dem Trentino, dem Bundesland Tirol und den ladinischen Gemeinden Fodom/Buchenstein, Col/Colle Santa Lucia und Anpezo/Cortina d`Ampezzo;
in Durchführung des am 5. September 1946 in Paris zwischen der Republik Italien und der Republik Österreich abgeschlossenen, völkerrechtlich bindenden Minderheitenschutzvertrages, welcher die Anlage IV des Friedensvertrages zwischen Italien und den Alliieren und Assoziierten Mächten vom 10. Februar 1947 bildet, sowie der späteren Praxis zu diesem Vertrag und des Pakets;
bestärkt durch die im Jahre 1992 bei den Vereinten Nation, dem Internationalen Gerichtshof, der Europäischen Union [EG], dem Europarat, der OSZE [KSZE] abgegebenen Erklärungen der Beendigung des Streites, der zwischen der Republik Italien und der Republik Österreich hinsichtlich der Interpretation und Umsetzung des Pariser Vertrages vom 5. September 1946 entstanden war;
verpflichtet durch die gutnachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Italien und Österreich und in der Verantwortung ein Bindeglied zwischen diesen beiden Staaten zu sein, auch als Begegnungsland zweier großer Sprach- und Kulturräume;
im Bekenntnis zur Europäischen Union, deren Zielen und Grundwerten wir verpflichtet sind, und im Bewusstsein der Verantwortung der Regionen aktiv am europäischen Integrationsprozess teilzuhaben unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips;
im Respekt vor allen internationalen Verpflichtungen und Völkerrechtsquellen, die den Frieden, die Sicherheit, die Freiheit und die Gerechtigkeit unter den Nationen, Sprachgruppen und Menschen schützen und die Würde des Menschen, aber auch den Wert der menschlichen Persönlichkeit in seiner individuellen wie sozialen und kollektiven Entfaltung, fördern;
bei Gleichheit, Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung der Geschlechter und der Generationen;
bei Wahrung und Achtung der individuellen und kollektiven Menschenrechte, zu denen das Selbstbestimmungsrecht im Sinne des Art. 1 Abs. 2 der Charta der Vereinten Nationen und des Art. 1 des [von Italien ratifizierten] Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und Art. 1 des [von Italien ratifizierten] Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte gehört;
bestärkt durch Art. 6 der Verfassung, sowie von allem vom Völker-, Europa- und Verfassungsrecht anerkannten Minderheitenrechten und den damit verbundenen Selbstverwaltungs- und Autonomierechten;
mit dem Ziel des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts aller Sprachgruppen und der Verantwortung zum angemessenen sozialen Ausgleich in der Gesellschaft;
im unerschütterlichen Willen zur Förderung des harmonischen Zusammenlebens der drei autochthonen Sprachgruppen in Südtirol bei Gleichheit der Rechte und Würde, sowie unter Wahrung der historischen, ethnischen, kulturellen und sprachlichen Eigenheiten;
mit dem Auftrag an diese drei Sprachgruppen gemeinsam das Land Südtirol im wechselseitigen Respekt selbst zu regieren, ständig an der gemeinsamen Weiterentwicklung der Autonomie und des Minderheitenschutzes zu arbeiten und dabei die Umwelt, die Natur, die Ressourcen und die Landschaft zu schützen und sie für künftige Generationen bewahren;
bei Förderung, innerhalb der eigenen Zuständigkeiten und Möglichkeiten, der Zusammenarbeit mit anderen internationalen, nationalen und regionalen Körperschaften
bekennen und verpflichten uns zu diesem Autonomiestatut,
das nach Vorschlag durch die politisch gewählte Vertretung unseres Landes Südtirol und nach Zustimmung durch den Südtiroler Landtag und Regionalrat vom italienischen Parlament, einschließlich dieser Präambel, wie folgt verabschiedet wurde.