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1. Mai-Feier ASGB 2019

„Stärke zeigen!“

unter diesem Motto stand die 1. Mai-Feier 2019. Priska Auer konnte bei herrlichem Sonnenschein eine Reihe von Ehrengästen begrüßen, allen voran Landeshauptmann Arno Kompatscher, die Landesrätin Waltraud Deeg, den Abgeordneten zum Europäischen Parlament Herbert Dorfmann, die Landtagsabgeordneten Magdalena Amhof, Helmuth Renzler, Maria Elisabeth Rieder und Ulli Mair, die ehemaligen Vorsitzenden unserer Gewerkschaft Hans Widmann und Georg Pardeller u.a.m.
Es sind wieder hunderte von Mitglieder mit ihren Familien nach Völs gekommen um gemeinsam den Tag der Arbeit zu begehen.
Tony Tschenett hat in seinem Referat zum Thema dann auch nicht mit Kritik an Politik und Wirtschaft gespart.
Nachstehend veröffentlichen wir Auszüge aus seinem Referat
„An diesem für uns Arbeitnehmer so historischen Tag ist es für mich ein alljährlicher Höhepunkt, euch hier in Völs am Tag der Arbeit begrüßen zu dürfen. Ein Tag, der in erster Linie für die arbeitende Bevölkerung gedacht war – meines Erachtens aber auch ein Tag der Rentner, der Jugend, sowie der Familien ist. Unser heuriges Motto – welches sich übrigens nicht nur auf die heutige Feier beschränkt – sondern uns das ganze Jahr, auch beim anstehenden Kongress im Herbst begleiten wird, nämlich „Stärke zeigen“, hätten wir treffender nicht auswählen können. Denn nur, wenn wir „Stärke zeigen“, schaffen wir es Südtirol auch sozialer zu gestalten.

Stärke zeigen ist notwendiger denn je. Verhandlungen zu Gunsten der Arbeitnehmer können wir nur zufriedenstellend abschließen, wenn wir zusammen Stärke zeigen. Wie oft haben wir uns auf Versprechen verlassen, die sich letztendlich als Wahlkampffloskeln entpuppt haben? Waren es nicht wir Arbeitnehmer, die die Wirtschaftsförderungen in Krisenzeiten unterstützt haben, in der Hoffnung, Arbeitsplätze erhalten zu können? Haben nicht wir Arbeitnehmer auf Lohnerhöhungen verzichtet und verspätete Gehaltszahlungen mit Verständnis hingenommen? Ich frage euch – geschätzte Anwesende – wo ist die Wirtschaft heute, die sich inzwischen konsolidiert hat, wenn es eigentlich die logische solidarische Konsequenz wäre, die Arbeitnehmerschaft zu unterstützen? Nur Nehmen und nichts Geben, so funktioniert Sozialpartnerschaft nicht. Und deshalb sind wir alle enttäuscht und verärgert – egal ob im öffentlichen oder im privaten Sektor!
Ich stehe heute nicht hier, um den einen ihre Förderungen abzusprechen, oder einen Klassenkampf zu provozieren – unsere Arbeitsweise kennzeichnet die Sozialpartnerschaft. Dennoch verlange ich nicht zu viel, wenn ich sage, auch wir Arbeitnehmer haben das Recht auf angemessene Förderungen. Werfen wir einen Blick auf die Bauern: im Verhältnis zur Arbeitnehmerschaft erhalten diese beträchtlich mehr. Deshalb verlangen wir eine prozentual angemessene Verteilung. Auch die IRAP-Senkung war ein Zuckerle für die Wirtschaft, ein Zuckerle, welches wir in den Krisenzeiten mitgetragen haben. Aber wo bleiben, jetzt in der Hochkonjunkturphase, die Arbeitnehmer?
Man hat es bei der Kundgebung für gerechtere Löhne im öffentlichen Dienst gesehen: die Menschen sind bereit auf die Straße zu gehen. Dabei liegt diese Art, Forderungen zu stellen, eigentlich nicht in der DNA des Südtirolers. Der geht normalerweise den vermeintlich vernünftigeren Weg, jenen des Verhandelns. Gerade deshalb bedanke ich mich hier nochmals – bei allen Teilnehmern und bei jenen, die die Kundgebung organisiert haben - für die zahlreiche Teilnahme und für das Mobilisieren. Hoffentlich hat diese Maßnahme den politisch Verantwortlichen die Augen geöffnet. Ansonsten folgt die nächste Kundgebung – dies ist keine Warnung, sondern ein Versprechen! Hier werden wir Stärke zeigen und zäh und beharrlich unsere Ziele verfolgen und unsere Rechte verteidigen.
In der Privatwirtschaft trennt sich die Spreu vom Weizen. Manche von euch haben das Glück, in Betrieben tätig zu sein, deren Führung erkannt hat, dass ihr das Kapital des Unternehmens seid und euch somit mittels Betriebsabkommen im Vergleich zu den nationalen Kollektivverträgen bessergestellt hat. Für diese Weitsicht vieler Unternehmer, sowie für das Verhandlungsgeschick unserer Fachsekretäre und unser Betriebsräte bedanke ich mich an der Stelle ganz herzlich.
Für die Arbeitnehmer in anderen Betrieben – dies betrifft vor allem Kleinunternehmen und Handwerksbetriebe – welche aufgrund ihrer Struktur keine Betriebsabkommen abschließen können, sollte man sektorenbezogene territoriale Zusatzverträge abschließen. Nur – und auch dies gehört an einem Tag wie heute gesagt – glänzen die Arbeitgeberverbände großteils nicht mit der Weitsicht einzelner Privatunternehmer, die ich eben gelobt habe.
Stärke zeigen wir aber auch, wenn es um die Anliegen der Rentner geht – denn ihr seid es, welche das Fundament unseres Wohlstandes gelegt habt. Trotzdem habt auch ihr allein im Zeitpunkt 2010 bis 2017 einen massiven Kaufkraftverlust erlitten. Zehn Prozent und höher sind keine Seltenheit, sondern eher die Regel. Dies hat eine von uns im Herbst letzten Jahres getätigte Studie zu Tage gebracht. Anlässlich dieser Studie haben wir einen Forderungskatalog erarbeitet, der sich hauptsächlich an die Südtiroler Parlamentarier in Rom richtet, und dessen Umsetzung wir genauestens beobachten werden. Fortschritt, neue Erkenntnisse und Entwicklungen bzw. Technologien sind wichtig – aber wir vergessen nicht, dass ihr die Wurzel unseres Fortschrittes seid – im Gegensatz zu vielen anderen! Euer Wohl und Euer Recht auf ein Leben in Würde – auch das ist der Auftrag des ASGB!
Liebe Pflegekräfte und Krankenpfleger, was Ihr tagtäglich im Verhältnis zu Eurer Entlohnung leistet – dafür kann man euch nicht genug danken. Ihr zeigt wahre Stärke – und werdet im Vergleich zum ärztlichen Personal stiefmütterlich behandelt. Egal ob Ihr in öffentlichen oder privaten Einrichtungen tätig seid – all jene, die Eure Gehälter beschließen, sollten Euch eine Woche lang bei Eurer Arbeit begleiten. Ich würde wetten, dass gar Einige von denen bereits am ersten Tag abbrechen würden. Auch für euch, für bessere Arbeitsbedingungen, für weniger Stress, einer besseren Entlohnung und einer Aufwertung eures Berufsbildes werden wir uns weiterhin mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln einsetzen! Ihr habt es euch verdient! Vor fünf Jahren haben Gewerkschaften, Wirtschaft und Arbeitgeberverbände gemeinsam einen Forderungskatalog mit Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorgestellt, welcher aber sinngemäß in den Schubladen der Wirtschaftsverbände zu verstauben scheint. Dabei muss endlich in Bezug auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf etwas passieren! Es ist nämlich so, dass aktuell beide Elternteile arbeiten müssen, um über die Runden zu kommen – auch auf die Hilfe der Großeltern kann vielfach nicht mehr gezählt werden, da auch diese immer länger arbeiten müssen – und ihre Kinder zu überteuerten Preisen in den Kinderhorten abgeben müssen. Sollte sich ein Elternteil, welches in der Privatwirtschaft tätig ist, dafür entscheiden, zu Hause beim Kind zu bleiben, so hat es im Alter mit massiven Einbußen bei der Rente zu rechnen. Alle Vorschläge des ASGB zur Implementierung neuer Modelle der Rentenfortzahlung bzw. der Anerkennung der Erziehungsjahre für die Rente wurden gelobt – umgesetzt wurde aber fast gar nichts.
Für die Jugendlichen ist Südtirol nicht immer ein leichtes Pflaster. Eine insgesamt höhere Kaufkraft in den Nachbarländern und weniger Bürokratie machen vielen von Euch die Entscheidung nicht schwer, attraktive Arbeitsangebote im Ausland anzunehmen oder in Südtirol zu bleiben. Diese Entwicklung geht leider zu unser aller Lasten, denn Euer Know-How fehlt uns! Forschung, Entwicklung und Fortschritt kann nur mit Euch gelingen! Die Attraktivität Südtirols für die Jugend zu steigern – liebe anwesende Politiker – dies ist Eure Aufgabe, gemeinsam mit den Wirtschaftsverbänden. Der ASGB hat in dieser Hinsicht bereits seine Forderungen deponiert – sei es im Bereich Wohnen, sei es im Bereich höherer Löhne, aber trotz Zustimmung, tatkräftig unterstützt hat uns keiner von Euch. Trotzdem bin ich der Meinung, dass wir in echter sozialpartnerschaftlicher Zusammenarbeit die Wende noch schaffen können. Falls nicht, liegt der schwarze Peter aber definitiv bei Euch!
Jetzt habe ich einiges kritisiert und viele werden sich denken, wir leben in einem „Dritte-Welt-Land“. Dem ist natürlich nicht so und die Politik hat in sehr vielen Bereichen ihre Aufgabe wunderbar erledigt. Ich danke Euch natürlich stellvertretend für den ASGB dafür. Wer kritisiert, muss auch loben können. Im Vergleich zum restlichen Italien stehen wir wunderbar da. Unser Anspruch aber muss es sein auch im Vergleich zu den bisherigen Branchenführern in Österreich, Deutschland und der Schweiz zu glänzen. Diesen Ehrgeiz müssen wir haben und für dieses Ziel müssen wir gemeinsam arbeiten.
Ich reiche jedem, der sich uns zum Erreichen dieses Zieles anschließen will die Hand, zusammen schaffen wir es. Zeigen wir Stärke!

Aktuell

Sanitätsschikane eine Frechheit!

Hinsichtlich der drohenden Zwangsaustragung eines österreichischen Arztes aus der Südtiroler Ärztekammer, weil dieser der italienischen Sprache nicht mächtig ist, unterstellt der ASGB dem italienischen Gesundheitsministerium eine massive Ungleichbehandlung.
Es ist offensichtlich, dass es im Südtiroler Sanitätswesen Ärzte erster Klasse und Ärzte zweiter Klasse gibt. Ersterer gehören jene Ärzte an, die italienischer Muttersprache sind, der Zweiten jene, die deutscher Muttersprache sind. Man muss kein Fachmann sein, um zu verstehen, dass in Zeiten massiven Ärztemangels, in Zeiten in welchen sogar der ethnische Proporz ausgehebelt wird, um dem Fachkräftemangel entgegenzusteuern, derart unnötige, vom Nationalstolz getriebene Maßnahmen konträr jeglicher Vernunft sind.
Es scheint Kräfte zu geben, die der mehrsprachigen Realität in Südtirol nicht Rechnung tragen wollen. Dazu gehört anscheinend die nationale Krankenpflegergewerkschaft Nursing Up, welche, laut Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes, Florian Zerzer, beim Gesundheitsministerium hinsichtlich dieses Falles interveniert hat. Dabei hat der betroffene Arzt vor Dienstantritt angekündigt, sich zeitnahe zu bemühen, ausreichende Italienischkenntnisse anzueignen, um der Zweisprachigkeitspflicht Genüge zu tun und alle vorgegebenen Ziele erreicht, auch die interne Kommunikation hat laut dessen eigener Aussage problemlos funktioniert. Wenn nun das italienische Gesundheitsministerium – auf Antrag von Nursing Up - alle zur Verfügung stehenden Geschütze auffährt, um allgegenwärtig bekannte Koryphäen der Kammer zu verweisen, dann sollte es dem Gleichheitsgrundsatz folgend, selbiges auch für jene Ärzte tun, welche kein Deutsch sprechen. Dann würde aber das Bozner Krankenhaus kollabieren. Und das wäre wider die Vernunft.
Um eben der Vernunft und der prekären Situation im Sanitätswesen Rechnung zu tragen hat die Landesregierung die befristete Anstellung von Ärzten ohne Zweisprachigkeitsnachweis ermöglicht. Dass nun eine nationale Gewerkschaft, die übrigens auch einen Ableger in Südtirol unterhält, aus vermutlich ethnischen Gründen diese Diktion der Landesregierung hinterfragt, ist kurzsichtig und betriebsschädigend. Der ASGB steht in dieser Causa jedenfalls hinter dem zuständigen Landesrat Thomas Widmann und der Landesregierung.