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Zum 1. Mai 2007

Fest der Arbeit – Fest der Familie

Weit über tausend Südtirolerinnen und Südtiroler aller Altersstufen und aus allen Teilen des Landes haben das Erste-Mai-Fest des ASGB auf der Völser Festwiese wiederum – und heuer ganz besonders – zu einem Fest der Arbeit, zu einem Fest der Arbeiterschaft und zu einem Fest der Familie gemacht. Keine andere Gewerkschaft war in der Lage, so viele Menschen für den Sinn dieses Tages zu begeistern, nirgendwo anders ist die Verbundenheit zwischen den arbeitenden Menschen dieses Landes und ihren Familien so deutlich zum Ausdruck gekommen. Das bestätigt einmal mehr: Der ASGB, als eigenständige Vertretung der deutschen und ladinischen Arbeiterschaft Südtirols, ist tief in der arbeitenden Bevölkerung verwurzelt. Er erfüllt eine äußerst wichtige Funktion für die Gesellschaft, er hält zusammen, er wirkt über die rein gewerkschaftliche Rolle hinaus.
Ein schöner Tag
Das Wetter hat es gut gemeint. Es war ein sonniger Tag, und die vielen Vorbereitungen, die auf der Festwiese von den Mitarbeitern und Mitgliedern des ASGB, darunter der Vorsitzende Georg Pardeller selbst an den Tagen vorher getroffen worden waren, machten sich bezahlt. Alle, die kamen, fanden eine Festwiese vor, wie man sie sich erwartet, wenn man einmal im Jahr alle Sorgen und Nöte ein wenig abseits stellt und nur in freundschaftlicher, solidarischer Gemeinschaft zusammen sein will. Diese Gemeinschaft besteht nicht nur aus den Arbeiterinnen und Arbeitern, sondern auch aus ihren Familien, aus den Kindern – es sind sehr viele gekommen – aus den Rentnern, aus dem „Geist", der an diesem Tag herrscht. Die Kinder fanden ungezählte Spielmöglichkeiten vor. Die Erwachsenen konnten sich auch miteinander und im „sportlichen Geist", etwa beim immer wieder perfekt organisierten Watt-Turnier – unterhalten. Es gab Speise und Trank, schmackhaft und geschmackvoll. Es wurden Lose verschenkt und Preise vergeben. Die Musik spielte. Kurzum, es war ein sehr schönes Fest einer sehr großen Südtiroler Familie von werktätigen Menschen.
Ein sinniges Motto
Jedes Jahr wählt der ASGB mit viel Bedacht ein Motto aus, das dem 1. Mai besonderen Sinn verleihen soll. Heuer waren es die vier Worte „Teilen verbindet – Egoismus trennt". Diese vier Worte versteht jeder Mensch, der ein waches soziales Gewissen hat. Dieses Gewissen ist im ASGB tief verwurzelt. Verwurzelt ist auch das Bewusstsein, dass in unserer Gesellschaft die Gruppenegoismen zunehmen und dass Egoismus etwas Trennendes ist. Denn kein Mensch, keine Gruppe, kein Betrieb kann allein existieren. Jeder ist in einen größere Gemeinschaft eingebettet, lebt in dieser, muss oder soll auf sie Rücksicht nehmen, aus ihr Kraft beziehen, aber auch Kraft geben. Ganz einfach „teilen", wie das Tagesmotto lautete. Teilen und den Egoismus abbauen. Die Stärke einer Gemeinschaft liegt in ihrer Bereitschaft zum Teilen, und in ihrer Ablehnung des Egoismus.
Die Gäste
Ansehen, Wertschätzung und Bedeutung einer großen Organisation, wie der ASGB es ist, werden auch an den Gästen gemessen, die am 1. Mai den Weg zum ASGB-Fest finden. Auch heuer konnte Priska Auer wieder hohe Vertreter aus der Politik begrüßen: An der Spitze der Landeshauptmann, Mitglieder der Landesregierung, sozial orientierte Abgeordnete, fast vollzählig jene der Arbeitnehmer-Bewegung in der SVP, auch der Kammerabgeordnete Hans Widmann. Aber auch die Südtiroler Opposition mit den Freiheitlichen und der Union für Südtirol (Pius Leitner, Andreas Pöder) waren wieder anwesend, ein Beweis auch, dass der ASGB sein Erscheinungsbild als Gewerkschaft über die politischen Bewegungen hinweg aufrecht erhält. Und man hatte den Eindruck: Alle, ohne Unterschied der parteipolitischen Herkunft, fühlten sich wohl. Die Arbeiterschaft gilt ja als politisch offen und ehrlich, und sie braucht Hilfe von allen Seiten.
Die Reden
Es gehört zum 1. Mai, dass politische Aussagen gemacht werden. Dies war auch heuer wieder der Fall. Der Landeshauptmann Dr. Luis Durnwalder, der seit vielen Jahren immer geschätzter Gast und Freund des ASGB ist, fand auch dieses Jahr wieder beherzte Worte mit sozialem Inhalt. Er ist der Garant dafür, dass die sozialen Belange in der Südtiroler Politik einen wichtigen Platz finden, und es ist eine Tatsache, dass die sozialen Impulse, die von der höchsten Landesspitze ausgehen, der Entwicklung im Lande den Stempel aufgedrückt haben. Landeshauptmann Luis Durnwalder machte es kurz, und prägnant. Die Arbeiterschaft versteht ihn.
Die Ansprache Pardellers
Jedes Jahr am 1. Mai hält unser Vorsitzender Georg „Schorsch" Pardeller eine Grundsatzrede, in der die wichtigsten und drängendsten sozialen und wirtschaftlichen Anliegen des Landes angesprochen werden. So war es auch heuer. Pardeller hat in seiner Rede viele prägnante Aussagen gemacht, von denen hier die wichtigsten zitiert werden sollen.
„Unsere Sorge Nummer eins ist und bleibt die Arbeit", sagte er. „Wir fordern, dass wir arbeiten dürfen und dass sich Arbeit lohnt. Wir stellen die Haare auf, wenn wir immer wieder hören müssen, dass wir ‚zu teuer' sind, dass unsere Arbeit zu viel kostet. Das widerspricht einer sozialen und gerechten Denkweise.
Der Reichtum in unserer Gesellschaft nimmt zum, aber der materielle Reichtum ist nicht bei der Arbeiterschaft zu finden, sondern fast nur bei jenen, die sich darüber beklagen, dass wir zu teuer sind. Die Preise steigen, aber Löhne und Gehälter nehmen an Kaufkraft laufend ab, und obwohl es zahlreiche neue Formen der Arbeit gibt, ist die Sicherheit nicht größer geworden, im Gegenteil: Manche neuen Formen der Arbeit dienen nur der Wirtschaft, die einen möglichst willigen, zurückhaltenden, untergeordneten Arbeiter will..." Soziale Sicherheiten und Garantien wachsen nicht, sondern nehmen ebenfalls ab.
Teilen ernst nehmen
„Wir fordern, dass die Sozialpartner und mit ihnen die öffentliche Hand das Wort vom Teilen ernst nehmen", sagte Pardeller weiter. „Wir fordern, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer miteinander reden, handeln und entscheiden, auf der Ebene der Sozialpartnerschaft, des menschlichen Respekts, der gleichen Würde und der gemeinsamen sozialpolitischen Orientierung. Und das verstehen wir unter teilen: Verantwortung teilen, Schicksal teilen, soziale Solidarität teilten, Wohlstand und Fortschritt teilen, Zukunft teilen und gestalten."
Egoismus trennt
Eindringlich wies Pardeller auf die Gefahr des wachsenden Egoismus hin. „Egoismus ist es, wenn Teile der Gesellschaft in der Illusion leben, dass ihr voller Bauch ausreicht." Von den modernen Formen des Wirtschaftswachstums, Globalisierung und Rationalisierung „geht eine unmenschliche Kälte aus, in der Millionen von Menschen zu erfrieren drohen", schilderte es Pardeller dramatisch. Der Wettbewerb sei weltweit vorhanden und man müsse ihn zur Kenntnis nehmen, aber es dürfe nicht das Recht auf würdiges Leben von Millionen aufs Spiel gesetzt werden.
Aktuelle Probleme
Georg Pardeller zählte die aktuellen Probleme der Gesellschaft in Südtirol auf. Es sind: die sinkende Kaufkraft von Löhnen und Gehältern, die geringere soziale Sicherheit, die Verringerung der Pensionen, die mangelnde Altersabsicherung, die Notwendigkeit, durch Zusatzrenten das Alter in Würde leben zu können, und ähnliches. Überall bedürfe es der Zusammenarbeit von Sozialpartnern und Politik, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Pardeller fasste die derzeitigen Anliegen der Südtiroler Gesellschaft in folgenden Begriffen zusammen: Pflegevorsorge, Energie, Umweltpolitik, Bildung und Ausbildung, Zuwanderung, Proporz und Zweisprachigkeit.
Echtes soziales Gewissen
Der ASGB, erklärte Pardeller, „ist das einzige echte soziale Gewissen in der Bevölkerung. Der ASGB vertritt Grundsätze, die weit über das rein Gewerkschaftliche hinausgehen: demokratische Freiheit und Toleranz, soziale Aufgeschlossenheit, sozialen Frieden, politische Kompromissbereitschaft, Entspannung.". Und abschließend: „Wir wollen weiter kämpfen für eine gerechte Gesellschaft, in der geteilt wird und die Egoismen abnehmen. Es lebe der ASGB! Es lebe unser Südtirol!"

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Lehrlinge, Verhandlungen sind vorerst gescheitert

„Die Sozialpartner (Unternehmerverbände und Gewerkschaften) haben zwölf Monate Zeit, ein Einvernehmen über die Bildungsordnung zu den Lehrberufen zu erzielen, ansonsten wird diese von der Landesregierung festgelegt", besagt sinngemäß das Landesgesetz Nr. 2 vom 20.03.2006, bzw. die "Ordnung der Lehrlingsausbildung".
Dieses Landesgesetz erläutert gleichzeitig: Die Bildungsordnung umfasst die Beschreibung des Berufsbildes, die Zugangsvoraussetzungen, die Lehrzeit, den betrieblichen Ausbildungsrahmen, das Ausmaß des theoretisch-praktischen Unterrichts, den Lehrplan und das Qualifizierungsverfahren.
Woran sind die Verhandlungen gescheitert? „Am Geld, wäre wohl die kürzeste Antwort". So einfach ist die Sache nicht, obwohl die entscheidende Frage – wie auch sonst so oft – hier leider auch das Geld ist, bzw. die Überlegung, wie viel oder wie wenig ein Lehrling kosten darf.
„Die Unterrichtsstunden der theoretisch-praktischen Ausbildung gelten in jeder Hinsicht als Arbeitsstunden", ist in der Ordnung der Lehrlingsausbildung zu lesen. Die Lehre (Erwerb einer beruflichen Qualifikation) dauert drei Jahre. Im Falle besonders komplexer Berufe, wie jener der Meisterberufe des Handwerks, kann eine längere Lehrzeit in der Bildungsordnung festgelegt werden. Für die Lehre mit dreijähriger Ausbildung umfasst die Ausbildung in der Berufsschule mindestens 1000 Stunden.
Ohne Zweifel gehen bei der Lehrlingsausbildung in Südtirol im Vergleich zum gesamten italienischsprachigen Raum die Uhren anders. Nur noch in der Provinz Trient ist seit kurzer Zeit ein ähnliches duales Ausbildungssystem vorzufinden, wie bei uns. Das letzte Abkommen zur Bildungsordnung, das von den Sozialpartnern (Gewerkschaften und Unternehmerverbände, auch Handwerkerverband) ausgehandelt worden ist, stammt aus dem Jahre 1984 und ist auf jeden Fall „renovierungsbedürftig", denn Schulreformen und Reformen der Sozialgesetzgebung gehen auch bei uns in Südtirol nicht spurlos vorüber.
Von einem Schultag pro Woche noch vor 20 oder 25 Jahren ist man mittlerweile in vielen Berufen zum Blockunterricht (neun Wochen oder elf Wochen) übergegangen. Konnte damals nach dem Mittelschulabschluss ein Lehrverhältnis bereits mit 14 Jahren begonnen werden, ist dies heute erst mit 15 Jahren möglich. Heute haben wir aber auch eine Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr: entweder Schule oder zumindest ein Lehrverhältnis. Ist jemand noch minderjährig, kann er nicht als Hilfskraft beschäftigt werden.
Überlegt wird derzeit auch, wie der Berufsschulunterricht geänderten Ansprüchen im Berufsleben angepasst werden soll und kann: das Erlernen der zweiten Landessprache (in gar manchen Berufen gibt es keine einzige „Italienisch-Stunde"), Grundkenntnisse vom „Fach-Englisch" und der gesamte Bereich der „Informatik", denn PC-Kenntnisse sind im Arbeitsleben einfach nicht mehr wegzudenken.
Seit einiger Zeit liegen Vorschläge des Landesverbandes der Handwerker (LVH) auf. Die Dauer der Berufsschule soll von drei auf vier Jahre ausgedehnt werden. In den ersten drei Berufsschuljahren sollen insgesamt 125 Schultage (insgesamt 1.000 Stunden) eingebaut werden (ein Jahr mit neun Wochen und zwei Jahre jeweils mit acht Wochen Berufsschule), und im vierten Berufsschuljahr sollen noch fünf Wochen Berufsschule folgen.
Die Sozialpartner (Gewerkschaften und Handwerkerverband) „streiten" sich nicht über eine mögliche Ausdehnung der Berufsschulzeit; Angelpunkt der Auseinandersetzungen ist vielmehr die Tatsache, dass der LVH weitgehend auf einer fünfjährigen Lehrzeit beharrt. Das Berufsschulgrundjahr soll dabei zudem nur in ganz bescheidenem Ausmaß Anerkennung finden, bzw. als Bildungsguthaben zur Verkürzung der Lehrzeit beitragen.
Die Vertreter des ASGB haben in den bisherigen Verhandlungen mit dem LVH immer wieder betont, eine Bildungsordnung und eine Lehrzeitdauer anzustreben, die es ermöglicht, mindestens zeitgleich mit einem Maturanten die Gesellenprüfung erlangen zu können. Dabei ist jedoch erforderlich, dass die Höchstdauer der Lehrzeit entweder kürzer als fünf Jahre ist oder die Berufsschulgrundstufe in größerem Ausmaß als Bildungsguthaben angerechnet wird.
Während die Verhandlungen mit dem LVH aufgrund der unterschiedlichen Meinungen zur Dauer der Lehre vorerst gescheitert sind, haben sich die Gewerkschaften mit den anderen Arbeitnehmerverbänden (HGV, Kaufleute und Industrie) weitgehend auf eine dreijährige Lehrdauer geeinigt, wie sie bisher bereits in einigen Lehrberufen bestanden hat und wie sie vom neuen Lehrlingsgesetz auf vorgesehen ist.