kommentar
Tony Tschenett

Steuerentlastung für Arbeitnehmer

In den vergangenen Jahren hörten wir von der lokalen Politik des Öfteren die Aussage: „Steuersenkungen würden wir ja gerne vornehmen, leider liegen diese aber nicht in unseren Zuständigkeiten."
Nun könnte die Landesregierung ein erstes Zeichen setzen, denn mit dem Finanzabkommen zwischen Land und Staat vom Dezember 2009 besteht die Möglichkeit, zum Teil Steuererleichterungen vorzunehmen. Während die Landesregierung für alle Unternehmen die Wertschöpfungssteuer IRAP auf das staatlich zulässige Mindestmaß reduziert hat, scheut sie bei der Forderung des ASGB zur Abschaffung der regionalen Zusatzsteuer IRPEF zurück. Diese Steuer, die mit 0,9 Prozent auf das Gesamteinkommen, abzüglich der absetzbaren Beträge, bemessen wird, trifft vor allem die Arbeitnehmer und Rentner. Wie soll die Wirtschaft angekurbelt werden, wenn auf der einen Seite sich die Wirtschaft gegen Lohnerhöhungen sträubt und auf der anderen Seite das Land neue Gebühren einführt - wie etwa Parkgebühren - und Beiträge reduziert, die für die Arbeitnehmer bestimmt sind - wie etwa die Pendlerbeiträge - und auch noch die Gemeinden mit Tariferhöhungen drohen?
Die Abschaffung der regionalen Zusatzsteuer würden ca. 65 Millionen weniger im Landeshaushalt bedeuten, aber sie wäre ein Zeichen von sozialer Gerechtigkeit, denn immerhin wird der Großteil des Landeshaushaltes mit den Steuern der Arbeitnehmer und Rentner finanziert.
Auch die Einführung einer einheitlichen Einkommens- und Vermögenserklärung würde zu mehr sozialer Gerechtigkeit führen. Auch zu dieser Thematik laufen derzeit auf Landesebene die Verhandlungen. Hier gibt es große Ungerechtigkeiten bei der Beitragsvergabe bzw. beim Zugang zu den Sozialleistungen. So spricht sich das Land momentan dagegen aus, das Betriebsvermögen, ausgenommen die als Erstwohnung genutzten Räumlichkeiten, in der Vermögensbewertung mit zu berücksichtigen.
Es kann nicht sein, dass bei Lohnabhängigen jeder Abstellraum oder noch so kleine Garage außerhalb der Erstwohnung bewertet wird, gleichzeitig aber der Besitz etwa eines vier oder fünf Sternehotels mit einem Marktwert in Millionenhöhe nicht berücksichtigt wird.
Der ASGB läßt keine Gelegenheit aus, unseren Politikern die sozialen Ungerechtigkeiten im Lande aufzuzeigen, um die notwendigen Änderungen zu erzielen. Der ASGB ist überzeugt, dass es einen Aufschwung in Südtirol nur geben kann, wenn auch die große Zahl der Arbeitnehmer und Rentner im Lande in ihrer Kaufkraft gestärkt wird anstatt sie noch weiter finanziell zu belasten.
Einsparungen im sozialen Bereich sind der verkehrte Weg. Südtirol ist nach wie vor ein wirtschaftlich starkes Land und ist in der Lage, sich selbst zu helfen. Dafür muss aber der Wohlstand wieder auf alle verteilt werden, so wie er auch von allen erarbeitet wurde. Daher unser Appell an Wirtschaft und Politik: Es ist höchste Zeit umzudenken!
Tony Tschenett
Vorsitzender des ASGB

aktuell

Gesundheit und Soziales

Wie berichtet, hat der Bundesvorstand des ASGB im Herbst in groben Zügen seine Tätigkeit für die nächsten Jahre festgelegt. Ein Schwerpunkt bildet neben „Familie und Jugend und „Autonomie" auch „Gesundheit und Soziales". Nachstehend das erarbeitete Papier zum Thema „Gesundheit und Soziales"
Auf Grund des extrem großen Sachgebietes, sei es was das Thema Gesundheit, als auch das Thema Soziales anbelangt, wurde von der Arbeitsgruppe beschlossen sich auf drei konkrete Punkte zu beschränken und diese jedoch mit aussagekräftigen und „starken" Forderungen zu verbinden.
Neuauflage Landesgesundheitsplan
Die erste und wichtigste Forderung des ASGB betrifft die Neuauflage des Landesgesundheitsplanes. Der Landesgesundheitsplan ist der gesundheitspolitische Leitfaden für die Entwicklung des Landesgesundheitsdienstes als Dienstleistungsbetrieb.
Der erste Landesgesundheitsplan betraf den Zeitraum 1983 bis 1985 der zweite den Zeitraum 1988 bis 1991 und der dritte und bisher letzte den Zeitraum 2000 bis 2002. Dieser wurde noch unter dem vorherigen Landesrat Saurer erstellt und ist somit bereits neun Jahre alt.
Da in der Zwischenzeit, durch den medizinischen Fortschritt, durch die schwer in den Griff zu kriegenden Kostensteigerungen, durch das zunehmende Durchschnittsalter, durch das Wiederaufleben von Seuchengefahren und die angespannte Finanzlage, völlig neue Herausforderungen an unser Gesundheitssystem gestellt werden, sind wir der Überzeugung, dass dieses Instrument, so rasch als möglich, in Zusammenarbeit mit allen Akteuren und Sozialpartnern, eine Neuauflage erfahren muss.
Folgende Grundsätze müssen dabei Beachtung finden:
1. Alle in Südtirol ansässigen Bürger haben das Recht auf Chancengleichheit beim Zutritt zu den Gesundheitsdiensten. Zu diesem Zweck darf es keine zu langen Wartezeiten geben und die Hausärzte müssen stärker in die Pflicht genommen werden.
2. Die Fortschritte der medizinischen Entwicklung müssen auch in Zukunft unserer Bevölkerung, bei Bedarf, uneingeschränkt zur Verfügung stehen.
3. Qualitätsbewußtsein und Menschlichkeit müssen das Gütesiegel unserer Dienste bilden.
4. Die Erhaltung der kleinen Krankenhäuser von Innichen, Sterzing und Schlanders sind auch wesentlicher Inhalt eines neuen Landesgesundheitsplans. Zum einen könne den Südtirolern und Südtirolerinnen dadurch weiterhin die medizinische Grundversorgung vor Ort garantiert werden, zum anderen seien die kleinen Spitäler ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der periphere Arbeitsplätze schaffe und auch die lokale Privatwirtschaft fördere.
5. Wir fordern auch in Zukunft den Menschen und die Menschlichkeit als Schwerpunkt jeder Planung zu betrachten und die notwendige Kosteneinsparung diesen Grundsätzen auf jeden Fall unterzuordnen.
Gesundheitsdienste sind KEIN Kostenfaktor sondern ein Wirtschaftsfaktor!
Wir müssen dafür sorgen, dass das Wort Kostenfaktor in diesem Zusammenhang aus unserem Sprachgebrauch eliminiert wird. Der Gesundheitsdienst gibt vielen Menschen eine gut qualifizierte Arbeit, er gibt Handwerkern und vielen Betrieben aus den verschiedensten Bereichen Aufträge und unterstützt somit direkt den örtlichen Wirtschaftskreislauf, abgesehen davon, dass ein gut funktionierendes Gesundheitssystem durch die Förderung der Gesundheit einen direkten Beitrag zur Verringerung von Lohn- und Arbeitsausfällen leistet.
Wir müssen den Politikern die Frage stellen, welche Schwerpunkte im zukünftig schrumpfenden Landeshaushalt gesetzt werden müssen. Es kann darauf eigentlich nur eine Antwort geben und zwar nicht mehr in Beton, also Strukturen und Megaprojekten, welche unkalkulierbare Folgekosten und somit die Belastung für zukünftige Generationen verursachen, sondern in Menschen zu investieren und somit den Schwerpunkt Familie, Bildung und Gesundheit vorrangig zu fördern.
In diesem Sinne spricht sich der ASGB gegen jeden Stellenabbau und die (schleichende) Privatisierung des Gesundheitsdienstes aus, welche bereits weltweit, insbesondere auf die Vereinigten Staaten blickend, als gescheitert zu betrachten ist. Ein so wertvolles Gut wie unsere Gesundheit kann und darf niemals dem Profitdenken unterworfen werden!
Um zum Landesgesundheitsplan zurückzukehren, muss von uns eine besondere Aufmerksamkeit auf die von den gesamtstaatlichen Dekreten vorgesehenen LEA „livelli essenziali di assistenza" also der Mindestbetreuungsstandards gelenkt werden. Diese sollten von vorne herein nicht als Mindest- sondern als „Angemessene Betreuungsstandards" (livelli appropriati di assistenza) definiert werden. In diesem Sinne spricht sich der ASGB auch klar und deutlich für die Eröffnung einer Abteilung für Komplementärmedizin aus, welche unter dem Motto nicht dem Leben Jahre, sondern den Jahren Leben geben, arbeiten wird. Diese angemessenen Betreuungsstandards müssen für alle Bürger kostenlos oder eben über ein möglichst gerechtes System der Kostenbeteiligung allen Bürgern garantiert werden.
Einführung der Einkommens- und Vermögenserhebung
Genau die Forderung der Einführung eines Systems einer gerechten Kostenbeteiligung war für uns der Übergang zum Schwerpunktthema Vermögens- und Einkommensbewertung, was das Thema Soziales betrifft.
Dabei wurde von uns festgestellt, dass es weiterhin große Ungerechtigkeiten bei der Beitragsvergabe bzw. den Zugang zu Sozialleistungen gibt. Hauptgrund dafür ist das italienische Steuersystem, welches nur für Lohnabhängige eine glaubwürdige Einkommensermittlung ermöglicht.
Das vom Land kürzlich vorgestellte Modell hat im Grunde dieselben „Kinderkrankheiten" wie alle bisherigen. Unsere Hauptkritikpunkte sind folgende:
1. Die Schutzklausel, dass bei Selbständigen wenigstens dasselbe Einkommen wie der Kollektivvertragslohn eines qualifizierten Arbeiters bewertet wird ist bei verschiedenen Leistungen als wirkungslos zu betrachten, weil dieser auf jeden Fall zu niedrig ist und trotzdem häufig Anspruch auf die maximale Förderung gibt.
2. Das Betriebsvermögen, ausgenommen die als Erstwohnung genutzten Räumlichkeiten müssen bei der Vermögensbewertung mitberücksichtigt werden. Es kann nicht sein, dass bei Lohnabhängigen jeder Abstellraum oder noch so kleine Garage außerhalb der Erstwohnung bewertet werden, aber der Besitz z.B. von einem vier oder fünf Sternehotel mit einem Marktwert von Millionen von Euro nicht berücksichtigt wird.
3. Genauso muss bei den Bauern ein neues System der Einkommensbewertung geschaffen werden, welches z.B. durch die Zahlungen der Genossenschaften und entsprechender IVA Erklärungen Rückschlüsse auf die effektive Höhe des Einkommens zulässt. Es kann nicht sein, dass im dritten Jahrtausend, wo jeder Geldfluss penibel registriert und überwacht wird, wie in Urzeiten, Großvieheinheiten und Hektar Grundbesitz, welche sowieso eine viel zu niedrige Bewertung erfahren, gezählt werden.
Wohnbau und dabei insbesondere die sogenannte Mittelstandsförderung
Dabei wurde von uns ein klares Ja zur Idee einer Mittelstandsförderung im Bereich Wohnbau ausgesprochen. Da es aber zur Zeit von Seiten des Landes keine klaren Ideen über die Kriterien und diese somit mit uns noch nicht besprochen werden konnten, haben wir uns auf die Forderung möglichst gerechte und nachvollziehbare Kriterien zu erstellen beschränkt, wobei wir uns vorbehalten, sobald sich von Landesseite der Nebel etwas lichtet, konkrete Vorschläge auszuarbeiten.
In der nächsten Ausgabe des AKTIV werden wir auf das Thema „Familie und Jugend" näher eingehen.