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Volkssport Steuerhinterziehung?
Für mehr Steuerehrlichkeit, Steuergerechtigkeit und wenn schon Sparmaßnahmen dann für Alle, auch für die Politiker
Steuerhinterziehung entwickelt sich in Italien und in Südtirol immer mehr zum Volkssport. Sie gilt schon fast als Kavaliersdelikt und hat in den Augen vieler Bürger das Stigma des Rechtsbruchs verloren. Zumindest verspürt man in der Öffentlichkeit so etwas wie eine stille Sympathie für Steuerhinterziehung.
Es herrscht vielfach die Meinung, Steuern seien eine Strafe für die „Dummen und Ehrlichen". Zudem werden nicht nur die öffentlichen Haushalte und somit die Allgemeinheit geschädigt, sondern speziell auch die Wirtschaft. Denn Steuerhinterziehung verzerrt den unternehmerischen Wettbewerb zu Lasten der großen Mehrheit der steuerehrlichen Unternehmen. Diese Wettbewerbsverzerrungen resultieren insbesondere aus den Betrügereien bei der Umsatzsteuer und aus der immer mehr ausufernden Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit. Der Umfang der durch Steuerhinterziehung entstehenden Steuerausfälle ist naturgemäß nur schwer abschätzbar. Vor diesem Hintergrund und angesichts der leeren Kassen der öffentlichen Hand muss die Bekämpfung der Steuerhinterziehung und die Erhöhung der Steuerehrlichkeit der Bürger eine hohe politische Priorität haben.
Wo liegen die Gründe für den zunehmenden Steuerbetrug und welche Maßnahmen sind geeignet, die Steuerhinterziehung zu bekämpfen und die Steuerehrlichkeit zu erhöhen?
Ein Beispiel: In Süditalien scheint es so, dass 99 Prozent der Bevölkerung keine Immobilien besitzen würden. Dies ist so unwahrscheinlich, dass einem beinahe zum Lachen kommt. Der Grund warum in den Statistiken solche Daten ermittelt werden liegt darin, dass die Katasterwerte dieser Immobilien so gering sind, dass sie bei den verschiedenen Einkommenserhebungen dazu verleiten, sie aus opportunistischen Gründen nicht anzugeben; dies um so mehr, da die Kontrollen mangels eigener Datenbanken sehr schwierig sind bzw. gar nicht stattfinden.
Ein weiteres Beispiel sind die Selbständigen: Die Selbständigen haben in den letzten Jahren (also nicht nur in einem Jahr) ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 13.170 Euro erklärt. Die Lohnabhängigen haben hingegen ein durchschnittliches jährliches Einkommen von 19.820 Euro erklärt. Demgegenüber haben aber die Selbständigen Vermögen im Wert von 28.380 Euro gegenüber 12.444 Euro der Lohnabhängigen erklärt. Dies bedeutet: die Selbständigen verdienen ein Drittel weniger als die Lohnabhängigen aber das Vermögen der Selbständigen ist 2,5 Mal höher als jenes der Lohnabhängigen.
Auf der Grundlagen dieser Daten und angesichts der kürzlich von der italienischen Regierung erlassenen Sparmaßnahmen und den letzten Zahlen über die Inflation in Südtirol (2,5 Prozent), welche um mehr als einem Prozent über der nationalen Inflation liegt, ist es wohl mehr als angebracht, das die Landesregierung auf den regionalen IRPEF-Zuschlag verzichtet und dadurch den ehrlichen Steuerzahlern eine spürbare Entlastung verschaffen würde.
Zum Schluss noch eine kleine Überlegung die keines eigenen Kommentars bedarf und jeden ehrlichen und willigen Bürger an der Glaubwürdigkeit der nationalen Politiker zweifeln lässt:
Im Jahr 2013 endet die Parlamentslegislatur und ein Kammerabgeordneter welcher ein Lebensalter von 65 Jahren vollendet hat und insgesamt fünf Jahre als Kammerabgeordneter tätig war, kann laut geltenden Bestimmungen nun in Pension gehen. Dieser Abgeordnete hat monatlich 1.006,51 Euro an Rentenversicherungsbeiträgen eingezahlt. Dies entspricht 8,6 Prozent seiner monatlichen Bruttoentlohnung. In fünf Jahren hat er also 60.390,60 Euro an Versicherungsbeiträgen eingezahlt. Da der Abgeordnete 65 Jahre alt ist und nur fünf Jahre lang sein Mandat ausgeübt hat, wird er eine Leibrente im Ausmaß von monatlich 20 Prozent seiner als Abgeordneter bezogenen Bezügen erhalten. Dies entspricht einer monatlichen Rente von 2.340,72 Euro. Auf Grund der von ihm eingezahlten Rentenversicherungsbeiträgen bezahlt er sich seine Pension für 26 Monate selbst. Folglich bei einem Renteneintritt mit einem Lebensalter von 65 Jahren bezahlt er bis zu einem Lebensalter von 67 Jahren und zwei Monaten seine Pension selbst und für den Rest seines Lebens sowie für eine eventuelle Hinterbliebenenrente zahlt die Allgemeinheit seine Rente. In Zeiten der Verschiebung der Renteneinstiegsfenster und der Sparmaßnahmen eine Frage an unsere Politiker: Welcher Arbeitnehmer bezahlt sich mit seinen eingezahlten Rentenversicherungsbeiträgen nur zwei Jahre und zwei Monate lang seine Rente?