kommentar
Tony Tschenett

Reformen und Jugend

Reformen und Maßnahmen sollten Verbesserungen bewirken und ein Land und seine Volkswirtschaft nach vorne bringen. Was die italienische Regierung derzeit veranstaltet, ist nicht nur sozial ungerecht, sondern schafft vor allem große Verunsicherung und lässt berechtigen Zweifel über die positiven Auswirkungen des beschlossenen Sparprogramms aufkommen.
Die Rentenbestimmungen werden in immer kürzeren Zeitabständen mit nachteiligen Auswirkungen für die Bevölkerung abgeändert. Der Zeitpunkt des Rentenantritts wird immer weiter nach hinten verschoben. Im öffentlichen Dienst werden die Gehälter für die nächsten Jahre eingefroren, Neueinstellungen oder Ersatz für pensionierte Mitarbeiter werden aufgrund von Aufnahme-stopps nur mehr in reduziertem Ausmaß möglich sein. Auch die Anzahl der befristeten Verträge im öffentlichen Dienst wird auf Staatsebene drastisch reduziert. Einige Punkte im Sparprogramm wie die Reduzierung der Politikerkosten oder der Kampf gegen die Steuerhinterziehung sind sicher zu begrüßen, es stellt sich allerdings die Frage, wie ernsthaft diese umgesetzt werden.
Diese Maßnahmen sind eine Folge der weltweiten Wirtschaftskrise. Einmal mehr müssen wieder jene die Suppe auslöffeln, die keine Schuld an dieser Krise haben, die Arbeitnehmer und Rentner. Weder der einzelne Staat, noch die EU als Gemeinschaftsgebilde haben die Kraft und den Willen, gegen die Verursacher der globalen Krise ernsthaft vorzugehen. Leichter ist es für die Politik, sich immer wieder am ohnehin schon knappen Einkommen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu bedienen.
Leidtragende dieser Reformen sind die jungen Leute: Aufnahmestopps im öffentlichen Dienst, steigende Arbeitslosigkeit in verschiedenen Sektoren der Privatwirtschaft, Zunahme von prekären Arbeitsverhältnissen und Reduzierung der sozialen Absicherung.
Um den Jugendlichen deshalb in Zukunft eine geeignete Plattform zu bieten, hat der ASGB eine Jugendsektion gegründet, wie es der Bundesvorstand in seinem Arbeitsprogramm für die nächsten Jahre als Schwerpunkt festgelegt hat. Am 4. Juni 2010 war es soweit: die ASGB-Jugend wurde mit ihrem Team und ihren Zielen der Öffentlichkeit vorgestellt.
Warum eine gewerkschaftliche Jugendorganisation? Gerade die Jugendlichen bekommen die Arbeitsmarktreformen der letzten Jahre nicht nur in Italien, sondern auch in unserem Land, am meisten zu spüren.
Ihr Einstieg in die Arbeitswelt erfolgt in den meisten Fällen mit prekären Arbeitsverhältnissen, wie etwa befristeten Verträgen, Projektarbeit, Leiharbeit. Gerade diese Arbeitsformen machen für die heutige Jugend eine längerfristige Lebensplanung unmöglich und auch die Rente schaut für sie morgen alles andere als rosig aus. Die ASGB-Jugend will die Südtiroler Jugendlichen, Lehrlinge, Studenten in Zukunft ausreichend über ihre Rechte informieren. Im ASGB sollen die jungen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen für ihre Bedürfnisse, Fragen, Probleme und Interessen eine sichtbare und kompetente Vertretung erhalten.
Ich wünsche dem neuen Team viel Erfolg und allen einen erholsamen Sommer.
Tony Tschenett
Vorsitzender des ASGB

aktuell
1.Mai-Feier 2010

Es ist Zeit umzudenken

Die 1.Mai-Feier des ASGB, die auch wieder traditionsgemäß am Festplatz in Völs am Schlern abgehalten wurde, stand heuer unter dem Motto: „Es ist Zeit umzudenken".
Wieder sind unsere Mitglieder mit ihren Familienangehörigen aus allen Landesteilen nach Völs gekommen, um gemeinsam den Tag der Arbeit zu feiern.
Priska Auer konnte wieder zahlreiche Ehrengäste begrüßen, u.a. Landesrat Richard Theiner, die L.Abg. Elmar Pichler Rolle, Eva Klotz, Ulli Mair und Pius Leitner, Senator Oskar Peterlini, Ex-Senator Karl Ferrari, den Abteilungsdirektor des Amtes für Arbeit, Helmuth Sinn, den Direktor des Arbeitsmarktservice, Michl Mayr, den Direktor des Arbeitsförderungsinstitutes Karl Gudauner, die früheren ASGB-Vorsitzenden Hans Widmann und L.Abg. Georg Pardeller, den Präsidenten des Laborfonds, Josef Hofer, Lorenzo Sola vom AGB/CGIL u.a.m.
Landesrat Richard Theiner hat in seinen Grußworten ein klares Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft abgeliefert und dem ASGB für seinen Einsatz gedankt.
Mit Spannung erwartet wurde die 1. Mai-Rede unseres Vorsitzenden Tony Tschnett, der die Feuertaufe mit Bravour bestanden hat. Wir drucken nachstehend das Referat auszugsweise ab:
„Die Krise als Chance" diese Aussage hörten wir in den letzten Monaten des öfteren. Aber wie es wie es aussieht, haben die Finanzjongleure aus der Krise nichts gelernt, an den Börsen werden wieder fette Gewinne ausgeschüttet, die Manager kassieren weiterhin unmoralisch hohe Gagen. Wer schon seit Jahren auf der Strecke bleibt sind die Arbeitnehmer, die Rentner und vor allem jene Menschen, die ihren Arbeitsplatz und somit auch einen Teil ihrer Zukunftsperspektiven verloren haben. Auch in unserem Land haben Menschen ihren Arbeitsplatz verloren und obwohl das soziale Netz die wirtschaftlichen Nachteile teilweise auffängt, ist es für die Betroffenen eine nicht zu unterschätzende Belastung, plötzlich aus dem Arbeitsleben ausscheiden zu müssen.
Aber die großen Verlierer der letzten Jahre sind vor allem die Arbeitnehmer und Rentner. Statistische Daten aller öffentlichen Einrichtungen zeigen klar und deutlich auf, dass die Arbeiter, Angestellten und Rentner seit Jahren auch in Südtirol einen großen Verlust der Kaufkraft hinnehmen mussten.
Appell an Politik und Wirtschaft
Gerade deswegen haben wir für die heurigen 1. Mai Feier das Motto gewählt, „es ist Zeit umzudenken." Mein Appell richtet sich an die Politik und die Wirtschaft.
Schon seit Beginn der Amtszeit hat die Regierung Berlusconi des öfteren Steuererleichterungen angekündigt ja sogar versprochen, doch bisher predigten sie nur heiße Luft.
Gerade Steuersenkungen wären für die Lohnabhängigen und Rentner dringend nötig, denn sie unterliegen nach wie vor einem hohen Steuerdruck und das Gehalt reicht bei vielen nur mehr bis zum 20. des Monats, teilweise noch weniger lang. Während die Lebenshaltungskosten steigen, stagnieren die Gehälter und Renten. Die Folge ist, dass viele Arbeitnehmer und Rentner vom Gehalt bzw. von der Rente nicht leben können. Das erklärt auch die steigende Anzahl der in Südtirol gepfändeten Renten.
ASGB fordert IRPEF-Abschaffung
Während die Landesregierung für die Unternehmen die Wertschöpfungssteuer IRAP auf das staatlich zulässige Mindestmaß reduziert hat, scheut sie bei der Forderung des ASGB zur Abschaffung der regionalen Zusatzsteuer IRPEF zurück. Diese Steuer, die mit 0,9 Prozent auf das Gesamteinkommen, abzüglich der absetzbaren Beträge, bemessen wird, trifft vor allem die Arbeitnehmer und Rentner. Wie soll die Wirtschaft angekurbelt werden, wenn sich auf der einen Seite die Wirtschaft gegen Lohnerhöhungen sträubt und auf der anderen Seite das Land neue Gebühren einführt?
In Menschen investieren, nicht in Mauern
Im Zusammenhang mit dem Landeshaushalt müssen sich die Politiker auch die Frage stellen, welche Schwerpunkte im zukünftig schrumpfenden Landeshaushalt gesetzt werden müssen. Es kann darauf nur eine Antwort geben: nicht mehr in Beton, also Strukturen und Megaprojekte, welche unkalkulierbare Folgekosten und somit die Belastung für zukünftige Generationen verursachen, sondern in Menschen zu investieren und somit den Schwerpunkt Familie, Bildung und Gesundheit vorrangig zu fördern. In diesem Sinne spricht sich der ASGB gegen jeden Stellenabbau und die (schleichende) Privatisierung des Gesundheitsdienstes aus, welche bereits weltweit, insbesondere auf die Vereinigten Staaten blickend, als gescheitert zu betrachten ist, es sei denn, man sieht es als sozialen Fortschritt an, dass man nur behandelt und medizinisch versorgt wird, wenn man sein Kreditkarte vorlegt!! Ein so wertvolles Gut wie unsere Gesundheit kann und darf niemals dem Profitdenken unterworfen werden! Gesundheitsdienste sind KEIN Kostenfaktor sondern ein Wirtschaftsfaktor!
Der ASGB wird auch in Zukunft keine Gelegenheit auslassen, unseren Politikern die sozialen Ungerechtigkeiten im Lande aufzuzeigen, um die notwendigen Änderungen zu erzielen. Nochmals möchte ich betonen, dass es in Südtirol nur einen Aufschwung geben kann, wenn auch die große Zahl der Arbeitnehmer und Rentner in ihrer Kaufkraft gestärkt werden, anstatt sie noch weiter finanziell zu belasten.
Einsparungen im sozialen Bereich sind der verkehrte Weg. Südtirol ist nach wie vor ein wirtschaftlich starkes Land und ist in der Lage, sich selbst zu helfen. Dafür muss aber der Wohlstand wieder auf alle verteilt werden, so wie er auch von allen erarbeitet wurde. Daher unser Appell an Wirtschaft und Politik: Es ist höchste Zeit umzudenken!