Handel
Kollektivvertrag Handel: Entwurf sorgt für Diskussion
Beschäftigte sollen staatsweit über den neuen Vertrag abstimmen
Im Februar wurde in Rom der Entwurf zum neuen Kollektivvertrag für die Beschäftigten des Handelssektors unterschrieben, allerdings nicht von allen Gewerkschaften.
Während die Fachgewerkschaften des Handelssektors von CISL (Fisascat) und UIL (Uiltucs) den Vertragsentwurf unterzeichnet haben, hat jene von CGIL (Filcams) den Vertragsentwurf nicht unterschrieben und will staatsweit die Beschäftigten darüber abstimmen lassen, da er aus ihrer Sicht einige Verschlechterungen bringt. Auch der ASGB gibt dem Vertragsentwurf eine negative Bewertung und sieht die Notwendigkeit, einige Punkte neu zu verhandeln.
Die Fachgewerkschaft ASGB-Handel unterstützt die Linie der Filcams/CGIL, da mit dem neuen Vertrag Verschlechterungen für die Arbeitnehmer/innen eingeführt werden ohne dass sich dadurch die Situation im Handelssektor bessert.
Die Filcams/CGIL führt daher in den größeren Handelsbetrieben eine Abstimmung durch und ruft dazu auf, gegen diesen Vertragsentwurf zu stimmen. Mit einer mehrheitlichen Ablehnung dieses Vertrages seitens der Beschäftigten will sie den nationalen Arbeitgeberverband Confcommercio dazu bringen, wesentliche Punkte, die für die Beschäftigten im derzeitigen Entwurf eine Verschlechterung bringen würden, neu zu verhandeln. Auch der ASGB-Handel empfiehlt, an der Abstimmung teilzunehmen und gegen den Vertragsentwurf zu stimmen und zwar u.a. aus folgenden Gründen:
Die ersten drei Krankheitstage (Karenzzeit) im Kalenderjahr werden nur mehr für die ersten beiden Krankmeldungen zu 100 Prozent vergütet. Bei der dritten und vierten Abwesenheit wegen Krankheit wird die Karenzzeit nur mehr mit 50 Prozent vergütet. Ab der fünften Krankmeldung wird die Karenzzeit nicht mehr bezahlt, außer in ganz bestimmten Fällen. Mit dieser Neuregelung will man einen Missbrauch des Krankenstandes verhindern. Die Absicht ist richtig, aber in dieser Form trifft es auch jene, die effektiv häufiger gesundheitliche Probleme haben und den Krankenstand effektiv benötigen. Daher muss eine andere Form gefunden werden, um diesen Missbrauch zu unterbinden.
Der Betrieb hat die Möglichkeit, in Zukunft das Krankengeld an den Mitarbeiter selbst zur Gänze zu übernehmen. Der Betrieb erspart sich dadurch die monatlichen Krankenbeiträge an das NISF/INPS, muss aber auch für jenen Anteil des Krankengeldes aufkommen, der ansonsten zu Lasten des NISF/INPS gehen würde. Diese Entscheidung wirft gleich mehrere Fragen auf: wer zahlt das Krankengeld weiter (z.B. im Falle einer längeren Krankheit bis zum 180. Tag), wenn der Betrieb in Konkurs geht? Gelten für die Mitarbeiter von Betrieben, die das Krankengeld selbst übernehmen, andere Kontroll- und Anwesenheitszeiten als jene des NISF/INPS (täglich von 10 bis 12 Uhr und von 17 bis 19 Uhr)? Wer garantiert morgen das Krankengeld für die lohnabhängig Beschäftigten, wenn das NISF/INPS Schritt für Schritt ausgehöhlt wird?
Die jährlichen Freistunden (56 Stunden bei Kleinbetrieben, 72 Stunden für Mitarbeiter in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten) stehen den neu eingestellten Mitarbeitern laut Vertragsentwurf erst nach zwei Jahren zu 50 Prozent und erst nach vier Jahren zu 100 Prozent zu. Diese Regelung schafft zwei Kategorien von Arbeitnehmer/innen. Hinzu kommt, dass im Handelssektor viele mit einem befristeten Arbeitsvertrag beschäftigt sind und viele von ihnen das Recht auf diese Freistunden daher nie erwerben.
Die Möglichkeit auf Landesebene oder auf Betriebsebene Zusatzabkommen abzuschließen, wird mit diesem Vertragsentwurf eingeschränkt und sehr starr geregelt. Die Formulierung im Vertragsentwurf ist mehr darauf ausgerichtet, Vertragselemente zugunsten der Einsparmöglichkeiten für die Betriebe abzuändern. Dies widerspricht dem ursprünglichen Zweck von Zusatzverträgen der zweiten Verhandlungsebene, durch Anpassung an die lokalen Erfordernisse sowohl für die Betriebe (organisatorisch) als auch für die Beschäftigten (ökonomisch) Verbesserungen im Vergleich zu den nationalen Kollektivverträgen zu bringen.
Hinzu kommt, dass es noch schwieriger sein wird, Verträge auf der zweiten Verhandlungsebene abzuschließen, da die Betriebe den Beschäftigten als Alternative einen Betrag von ca. 100 Euro auszahlen können, welcher zudem erst im November 2013 fällig wird.
Bei der Sonntagsarbeit wurde kein Fortschritt erzielt, sondern die bisherige Situation bestätigt. Dies bedeutet, dass sich der italienweite Trend zu mehr Sonntagsarbeit im Handel in Zukunft noch verstärken kann.
Der ASGB sieht in diesem Vertragsentwurf die Interessen und Rechte der Beschäftigten des Handelssektors nicht ausreichend gewahrt und verweist darauf, dass Kollektivverträge ein Schutzmechanismus sind, um den Beschäftigten einen Mindeststandard zu garantieren, welcher schrittweise verbessert werden soll.