Kommentar
Tony Tschenett

Die Krise ist in Südtirol angekommen

Tony TschenettTony Tschenett

Ganz ehrlich... als uns am 8. November die Nachricht der Schließung der Firma Hoppe in St. Martin in Passeier erreichte, waren wir geschockt. 158 Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz und das in einer Zeit, in der es alles andere als einfach ist, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.
Hoppe ist aber nur die Spitze des Eisberges. In Südtirol gingen in denletzten Jahren viele Arbeitsplätze verloren, kleine Betriebe haben geschlossen, größere Unternehmen haben Arbeitsplätze abgebaut. Dies hat nicht zu großen Schlagzeilen geführt, für die Betroffenen ist es aber jedes Mal eine Katastrophe.
Die politisch Verantwortlichen in Südtirol sind nunaufgefordert, schnell zu handeln und die Möglichkeit zu nutzen, Abfederungsmaßnahmen auf Landesebene einzuführen. Damit könnte den Betroffenen, ergänzend zu den staatlichen Leistungen, finanziell unter die Arme gegriffen werden. Gleichzeitig fordern wir, dass zusätzliche Maßnahmen für die aktive Beschäftigung getroffen werden.
Das Land hat auch die Möglichkeit, den regionalen IRPEF-Zuschlag, die IRAP und auch die Stromkosten zu senken und so den enormen Steuerdruck, dem die Betriebe in Italien ausgesetzt sind, etwas abzuschwächen.
Man hat den Eindruck, dass die Parteien auf Staatsebene noch immer nicht begriffen haben, wie es um Italien steht. Es wird munter weiter gestritten und man wird den Eindruck nicht los, dass es wieder nur um persönliche Eitelkeiten und um Machterhalt geht.
Umso wichtiger ist es, dass in Südtirol Politik und Sozialpartner an einem Strang ziehen und gemeinsam ein Paket schnüren, welches die Auswirkungen der Krise einigermaßen abfedern kann.
Ich wünsche uns allen eine besinnliche Adventszeit, schöne, erholsame und ruhige Weihnachtsfeiertage und dass es im neuen Jahr 2014 wirtschaftlich wieder aufwärts geht.


Euer
Tony Tschenett
Vorsitzender des ASGB

aktuell

Gemeinsam für Beschäftigung und nachhaltige Entwicklung

Der Unternehmerverband Südtirol und die lokalen Gewerkschaftsorganisationen ASGB, CGIL/AGB, SGBCISL und UIL-SGK teilen das am 2. September 2013 von den nationalen Dachverbänden unterzeichnete Dokument („Una legge di stabilità per l’occupazione e la crescita“) und haben am 6. November 2013 in Bozen vorliegendes Dokument für Beschäftigung und nachhaltige Entwicklung unterzeichnet.

Nachstehend der Inhalt des Abkommens

Betriebe und Beschäftigung bilden die Grundlage für den wirtschaftlichen Aufschwung. Die Prioritäten lassen sich in drei Bereiche zusammenfassen: Steuerpolitik, Industriepolitik und Effizienz der öffentlichen Ausgaben. Über diese Themen – unter Beibehaltung der jeweiligen Eigenständigkeit– wollen die Vertreter der Unternehmen, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diskutieren und gemeinsam nach Lösungen suchen, die mit den politischen Entscheidungsträgern geteilt werden.
Südtirol steht vor einer neuen Herausforderung, die entscheidend für die Zukunft ist: Die EuropäischeUnion hat einen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den benachbarten Regionen festgestellt, der zu wirtschaftlichem Stillstand führt, wie das jüngste Wirtschaftsbarometer der Handelskammer Bozen bestätigt. Infolgedessen hat die Arbeitslosigkeit in unserer Provinz ein Rekordniveau erreicht, wie die Daten des Arbeitsamts belegen.
Die Herausforderung ist nun, diese negative Spirale umzukehren und zu einer positiven Entwicklung zurückzufinden, an derenBasis Beschäftigung und Unternehmen stehen. Mehr Arbeit bedeutet ein höheres zur Verfügung stehendes Einkommen, mehr Konsum, höhere Steuereinnahmen für die öffentliche Verwaltung und deshalb mehr Ressourcen für Investitionen. Zugleich bedeutet eine höhere Beschäftigungsquote auch weniger Sozialausgaben, eine Stärkung des sozialen Friedens und die Schaffung neuen Vertrauens. Auch in Südtirol kann die Wiederankurbelung der Beschäftigung – wie europaweit anerkannt – nur durch den Aufschwung des verarbeitenden Gewerbes erfolgen. In einem Wirtschaftsgefüge, dessen Stärke die Ausgewogenheit der Sektoren ist, ist das verarbeitende Gewerbe jener Bereich, der den höchsten Mehrwert schafft, die höchste Exportquote sichert, qualifizierte Arbeitsplätz bietet und die höchsten Investitionen in Forschung und Entwicklung sichert.
Steuerpolitik
In Südtirol sind, so wie im Rest Italiens, die Lohnkosten mehr als doppelt so hoch wie das Nettogehalt eines Arbeitnehmers. Hier einzugreifen ermöglicht, Ressourcen für betriebliche Investitionen freizumachen und die Nettoentlohnung für die Arbeitnehmern zu erhöhen, um den Konsum anzukurbeln.
Ausnützung der Südtirol durch die Autonomie zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, um den Steuerdruck auf Arbeit und Unternehmen zu reduzieren: Anhebung der Einkommenshöchstgrenze zur Befreiung vom regionalen Irpef-Zuschlag, Reduzierung der Irap, indem die Personalkosten von der Bemessungsgrundlage ausgenommen werden.
Weg vom Gießkannenprinzip hin zu gezielten Beiträgen für Forschung, Internationalisierung, Unternehmensnetzwerke, Beschäftigung, Jungunternehmer und weibliches Unternehmertum. In diesem Zusammenhang ist eine Rationalisierung der aktuellen Gesetzgebung zuden Beiträgen absolut notwendig.
Industrie Politik
Bestehende Unternehmen beim Wachsen unterstützen, Jugendliche für Unternehmensgründungen begeistern, hochwertige Betriebe von außen anziehen: So schafft man neue Beschäftigung. Damit dies möglich und langfristig finanzierbar ist, braucht es eine Wirtschaftspolitik, die Südtirol international wettbewerbsfähiger macht.
Strategische Investitionen: Schnellstmögliche Fertigstellung von Kommunikationsnetzen und effizienten Verbindungen, damit das gesamte Land in Bezug auf den Transport von Waren, Personen, Daten und Energie effizient abgedeckt ist.
Energiekosten: Südtirolhat die außerordentliche Möglichkeit, mehr Energie zu produzieren als verbraucht wird. Die Energiepolitik muss dahingehend ausgerichtet werden, dass Familien und Betriebe Strom zu wirklich wettbewerbsfähigen Preisen erhalten, die sich an jenen im Rest Europas orientieren.
Liquidität fürUnternehmen: Die pünktliche Zahlung von Seiten der öffentlichen Verwaltungen muss gesichert werden. Förderung von Instrumenten wie dem Rotationsfonds sowie neuer Formen der Finanzierung für die Kapitalisierung der Unternehmen, Unterstützung der Garantiegenossenschaften.
Umweltverträglichkeit: Die energetische Sanierung bestehender Gebäude schafft Arbeit im Bausektor, reduziert zugleich die laufenden Kosten und leistet einen Beitrag für die Umwelt.
Bildung: Weitere Förderung des Lehrlingsmodells, Aufwertung der technischen Ausbildung, Förderung der Sprachenkompetenz undStärkung der berufsbegleitenden Weiterbildung.
Effizienz deröffentlichen Ausgaben
Ressourcen für strategische Investitionen freimachen und zugleich Bürgern und Unternehmen hochwertige Leistungen anzubieten, ist auch in Südtirol möglich. In Anbetracht sinkender öffentlicher Haushalte, in denen die laufenden Ausgaben gegenüber den Investitionen ständig steigen, ist dies absolut notwendig.
Rationalisierung und Aufwertung der öffentlichen Ausgaben, indem Verschwendungen und Ineffizienzen vermieden werden, damit die vorhandenen Ressourcen wirksam verwendet werden können.
Vereinfachung der Abläufe und effektive Reduzierung der Bürokratie für Bürger und Unternehmen.
Vermeidung der Erhöhung lokaler Steuern und Gebühren, auch durch eine verbesserte Effizienz aufgrund neuer Synergien zwischen den verschiedenen vorhandenen Akteuren.
Den Verwaltungsapparat schlanker gestalten, beginnend beim schrittweisen Abbau von nicht strategischen oder gemeinnützigen Beteiligungen.