Kommentar

Südtirol - Digital 2020

Der digitale Wandel macht auch vor Südtirol nicht Halt. Die Landesregierung ist bereits auf diesen Trend aufgesprungen und hat mit dem Projekt „Südtirol Digital 2020“ die notwendigen Etappen abgesteckt, die die öffentliche Verwaltung in eine neue digitale Ära führen sollen. Dies war einerseits notwendig um die von der europäischen Kommission erarbeitete „Digitale Agenda Europa“ umzusetzen, andererseits um auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene mit den Verwaltungen Schritt zu halten. Damit schafft die öffentliche Verwaltung nicht nur neue Möglichkeiten des behördeninternen Dialogs, sondern auch des Dialogs zwischen Behörde und Kunde. Herausforderungen die es zu meistern gilt sind sicherlich die digitalen Kompetenzen von Mitarbeitern und Kunden zu stärken, aber auch die Garantie auf Vertraulichkeit, Datensicherheit und Datenschutz.
Skeptischer schauen wir auf den digitalen Wandel in der Privatwirtschaft, der sogenannten Industrie 4.0. Egal ob mediale Berichterstattung, die Meinung der Sozialpartner oder bei Stammtischgesprächen: man ist sich einig, dass die Auswirkungen auf die Arbeitswelt und im persönlichen Leben groß sein werden, uneins ist man sich aber, ob die digitale Revolution ein Fluch oder ein Segen ist. Um die Auswirkungen abschätzen zu können oder Strategien zu finden, wie man eventuelle negative Auswirkungen auf Arbeitnehmer abfedern kann, war eine Delegation des ASGB in Wien zu einem Workshop der Arbeiterkammer zum Thema „Digitaler Wandel in den verschiedenen europäischen Ländern“ (siehe Bericht Seite ….).
Der allgemeine Tenor der teilnehmenden Länder war jener, dass den Gewerkschaften eine tragende Rolle bei der digitalen Entwicklung zukommen wird. Viele Arbeitsrechtsbestimmungen müssen dem Wandel angepasst werden – dies kann nur im Konsens mit den Arbeitnehmervertretern geschehen. Die Digitalisierung schafft einerseits neue Berufe, wie z.B. Social Media Manager, andererseits wird in einigen Bereichen menschliche Arbeit durch intelligente Software überflüssig. Sollte im schlimmsten Fall der Umstand eintreten, dass die Industrie 4.0 Verursacher negativer Beschäftigungseffekte ist, werden die Gewerkschaften zusammen mit den politischen Verantwortungsträgern gefordert sein, Maßnahmen zur Abfederung möglicher Jobverluste zu finden.
Bei aller Schwarzmalerei sind wir jedoch überzeugt mit den Sozialpartnern die digitale Revolution zu meistern und die Auswirkungen auf die Arbeitnehmerschaft so gering wie möglich zu halten.

Euer
Tony Tschenett
Vorsitzender des ASGB

Aktuell

Der digitale Wandel

Der digitale Wandel ist in den Industrienationen in aller Munde. Darunter versteht man die sogenannte vierte industrielle Revolution, auch Industrie 4.0 genannt. Unaufhaltbar schreitet die technologische Entwicklung voran, mit Auswirkungen auf unser aller Leben.

Die alltäglichsten Dinge (Geräte, Maschinen, Produkte...) werden miteinander vernetzt sein und kommunizieren, das beste Beispiel sind selbstfahrende Autos, die bereits erprobt werden. Genauso werden aber auch viele Arbeitsabläufe automatisiert werden, was menschliche Arbeit in gewissen Berufssparten überflüssig machen wird.
Auf der anderen Seite werden neue Berufsmodelle entstehen, ob die dadurch geschaffenen Arbeitsplätze ausreichen werden, um die Verluste auszugleichen, darüber sind sich die Experten uneins. Einig sind sie sich hingegen über die Tatsache, dass nicht nur neue Berufsmodelle sondern gänzlich neue Arbeitsformen entstehen werden: in den europäischen Nachbarstaaten ist es z.B. bereits so, dass „crowdworking“, also sich über Internetplattformen von Arbeit zu Arbeit zu hangeln, Alltag ist. Damit werden unternehmerische Risiken auf abhängig Erwerbstätige verlagert. Auch die Frage nach der arbeits- und sozialrechtlichen Beurteilung der neu entstehenden Erwerbsformen muss geklärt werden, denn es dürfen sich keine Nachteile für die Mitarbeiter bei Entlohnung und Arbeitsschutz ergeben. Durch eine zielgerichtete Besteuerung der Wertschöpfung von Betrieben, die Nutznießer des digitalen Wandels sind, könnten Sozialleistungen finanziert werden, um Arbeitnehmer aufzufangen, die Opfer der Industrie 4.0 geworden sind.
Natürlich ist der digitale Wandel nicht ausschließlich zu verteufeln, sondern er birgt auch Chancen für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, wie höhere Zeitautonomie oder flexible Wahl des Arbeitsortes. Diesbezüglich muss man jedoch auch rechtliche Rahmenbedingungen schaffern, wie die Arbeitszeiterfassung von statten gehen soll, bzw. das Privacy-Gesetz so adaptieren, dass der Angestellte nicht zum gläsernen Mitarbeiter wird. Die allgemeine Kritik, dass der digitale Wandel den Datenschutz auf den Kopf stellt ist durchaus gerechtfertigt. Aus diesem Grund werden die Gewerkschaften zukünftig sicherlich in verstärktem Maße über die Einhaltung des Privacy-Gesetzes wachen und sich zusätzlich für ein europaweites einheitliches Datenschutzgesetz einsetzen müssen.
Hand in Hand mit dem digitalen Wandel geht die digitale Bildung. Einerseits müssen all jene arbeitende Personen, die von der Digitalisierung betroffen sind, geschult werden um mit der Entwicklung Schritt halten zu können, andererseits müssen Ausbildung und Lehrpläne auch kontinuierlich angepasst werden. Der rasante Fortschritt wird eine lebenslängliche berufliche Weiterbildung erfordern: wer bremst, verliert! Diesbezüglich ist auch die öffentliche Hand gefordert rechtliche Rahmenbedingungen zu setzen, um allen Gesellschaftsschichten den Zugang zu digitalen Kommunikationsmitteln zu ermöglichen. Es muss unbedingt dafür gesorgt werden, dass nicht ausschließlich wirtschaftliche Eliten vom Fortschritt profitieren.
Im Zusammenhang mit der Diskussion über die neue digitale Revolution wird immer wieder über ein Grundeinkommen nachgedacht. Das Aufkeimen dieser Diskussion ist sicherlich richtig und wegweisend. Befürworter preisen die damit verbundene Unabhängigkeit und Selbstbestimmung der Menschen und argumentieren, dass durch die Abschaffung der meisten anderen Sozialleistungen die Mehrkosten durchaus zu finanzieren wären, die Gegner meinen ein Grundeinkommen würde die Faulheit des Einzelnen fördern und wäre unmöglich finanzier- und vertretbar. Positiv in diesem Kontext ist mit Sicherheit, dass über finanzielle Unterstützung – in welcher Form auch immer – gegenüber jenen nachgedacht wird, die in der digitalen Neuausrichtung keinen Platz finden. Solidarität gegenüber den Schwachen muss in jedem Falle gewährleistet sein.