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Stellungnahme des ASGB zur EU-Erweiterung
Die Südtiroler Arbeiterschaft hat die Erweiterung der Europäischen Union um weitere zehn Staaten insgesamt positiv aufgenommen, weil sie der Überzeugung ist, dass ein größeres Europa auch größeres Gewicht in der Aufrechterhaltung des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit haben wird. Je mehr Länder und Menschen sich zu den Gründungsidealen der Europäischen Union bekennen, umso mehr Stabilität wird es auf unserem Kontinent geben.
Politische Stabilität und gemeinsame soziale Vorstellungen bilden eine gute Voraussetzung für die Entwicklung der Wirtschaft, für die Festigung der Arbeitsplätze, für offenen, gerechten Wettbewerb und somit für eine progressive Besserstellung der Arbeiterschaft.
Der ASGB erkennt aber neben diesen positiven Perspektiven auch eine Reihe von Gefahren, denen die wirtschaftliche und soziale Entwicklung auch in unserem Land in Zukunft ausgesetzt sein wird. Weil die jetzt hinzugekommenen Staaten durchwegs wirtschaftlich schwächer sind und daher einen großen Nachholbedarf in jeder Hinsicht aufweisen, wird es nicht ausbleiben, dass in den nächsten Jahren der Großteil der EU-Förderungsmittel in diese Länder fließen wird. Das Schwergewicht der geförderten Zielgebiete wird sich verlegen. Das bedeutet, dass es in den starken Wirtschaftsländern, zu denen auch Südtirol gehört, weniger Investitionen geben wird. Gleichzeitig wird die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt als Folge der stufenweise Liberalisierung der Ansässigkeit wachsen. Das Lohngefälle zwischen den „alten" und den „neuen" EU-Mitgliedern wird über viele Jahre spürbar sein und neue Wettbewerbsbedingungen schaffen. Der ASGB vertraut darauf, dass die Südtiroler Landesregierung dieser Entwicklung mit einer sehr notwendigen Anpassung ihrer Förderungspolitik auf allen Ebenen Rechnung tragen und die sozialen Akzente weiter verstärken wird. Es ist abzusehen, dass die notwendige EU-Neuorientierung in erster Linie die Arbeiterschaft betreffen und auch treffen wird. Nur durch eine gezielte Aktion der Landespolitik kann diese Entwicklung rechtzeitig in den Griff genommen werden.
Die Südtiroler Arbeiterschaft ist sich bewusst, dass die Solidarität mit der Arbeiterschaft der neuen EU-Länder europaweit notwendig ist und neue Opfer verlangt. Sie steht zu dieser Solidarität, aber sie erhebt auch die Forderung, dass die kommende Entwicklung im eigenen Lande vermehrte Anstrengungen erfordert, damit die Einbindung der neuen Länder in jeder Hinsicht nicht zu einer Einwegstraße wird, sondern zum gemeinsamen Wachstum führt. Nur so kann Europa seiner kommenden Aufgabe gerecht werden und Frieden und soziale Gerechtigkeit als Grundpfeiler der Einheit aufrecht erhalten und weiter stärken.