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Der 1. Mai des ASGB

Georg Pardeller: „Es gibt uns"!Unüberhörbares Motto: „Soziale Gerechtigkeit bauen"

Klare soziale Vorstellungen und ebenso klare Forderungen an die Politik, familiäre Atmosphäre unter Menschen, die über das Jahr gemeinsame Ziele vertreten, Spiele, Unterhaltung, Musik, ein Familienfest ganz besonderer Prägung: Das war der 1. Mai unseres Gewerkschaftsbundes ASGB auf dem Festplatz in Völs.
Es mag die Sonne nicht gleich am frühen Morgen hinter den Wolken hervorgewollt und das unsichere Wetter den einen und anderen davon abgehalten haben, aus den entferntesten Teilen unseres Landes die lange Fahrt nach Völs auf sich zu nehmen, trotzdem war unser 1. Mai eine gelungene Veranstaltung. Viele Hunderte kamen und zeigten damit, dass der ASGB eine tief in der Bevölkerung Südtirols verwurzelte Kraft ist.
Wie immer, stand auch diesmal die Festrede unseres Vorsitzenden Georg Pardeller im Mittelpunkt, allerdings heuer unter einem neuen Vorzeichen: Zu uns sprach der Vorsitzende, der zugleich auch Landtagsabgeordneter ist. Und er nahm es gleich vorweg: „Ich bin nur Euer Beauftragter. Es geht um uns alle. Wir haben bei den Wahlen gezeigt, dass wir eine Stimme haben, eine sehr starke Stimme. Eine Stimme, die zählt".
Die 20.000 Stimmen, die Pardeller bei der Wahl erhielt, sind seinen Worten zufolge ein großer und lauter Chor. Er blieb bei diesem Vergleich: „Natürlich gefällt unsere Musik nicht allen. Denn wir singen von sozialer Gerechtigkeit, von sicheren Arbeitsplätzen, von Rechten, die uns zustehen, von Preisen, die steigen und uns das Leben schwer machen, von Solidarität, die wir manches Mal vermissen, von Familien, die sich schwer tun."
Das Motto unseres 1. Mai war „Soziale Gerechtigkeit bauen". Die Arbeiterschaft wisse, was damit gemeint sei, sagte Pardeller, „aber wissen es auch die anderen?" Er klärte den Begriff: „Soziale Gerechtigkeit ist es, wenn alle Teile der Gesellschaft ein würdiges, sicheres Leben führen können; wenn die Arbeit gesichert und gerecht entlohnt wird; wenn die Vorsorge für das Alter den Erwartungen entspricht; wenn unsere Jugend Hoffnung auf eine gute Zukunft haben kann; wenn unsere Familien sich in der Heimat wohl fühlen; wenn die Arbeitnehmer, die siebzig Prozent der werktätigen Bevölkerung stellen, als das anerkannt und geschätzt werden, was sie sind: die tragende Kraft der Gesellschaft; wenn die Politik unser Gewicht anerkennt und entsprechend handelt."
Pardeller hob auch die positiven Aspekte des Lebens in Südtirol hervor, so die Vollbeschäftigung, die gute Wirtschaftslage, die guten schulischen und sanitären Strukturen. Aber es gebe bei allem Wohlstand auch Lücken und Nischen, „die wir am eigenen Leib verspüren". Der ASGB fordere, dass Landesregierung und Sozialpartner dazu beitragen, diese Lücken zu schließen. Die Investitionen der öffentlichen Hand müssten danach ausgerichtet und bewertet werden, welchen sozialen Nutzen sie für alle bringen. Er verwies auch auf die laufende Alterung der Bevölkerung und die Notwendigkeit, die soziale Vorsorge stärker abzusichern, damit die alten Menschen ein würdiges und nicht von Armut bedrohtes Leben führen können. Zum Abschluss charakterisierte Georg Pardeller den ASGB: „Der ASGB ist eine starke soziale und auch politische Kraft. Es ist Euer aller Verdienst, wenn der ASGB zu dem geworden ist, was er heute ist: eine große solidarische Gemeinschaft mit vielen tüchtigen Mitarbeitern und überzeugten Mitgliedern. Wir alle arbeiten täglich für unsere Rechte und für eine bessere, gerechtere Gesellschaft." Auf diesem Wege sei man ein gutes Stück voran gekommen, „aber der Weg ist noch lange nicht zu Ende." Und: „Wir haben es nicht leicht, das wissen wir. Aber wir wissen auch, dass wir gemeinsam eine große und starke Kraft sind, in der Arbeit, im Aufbau der Gesellschaft, im Ringen um unsere Rechte, um die Menschenwürde, um die soziale Gerechtigkeit. Ohne Euch alle wäre Südtirol um Vieles ärmer. Die Arbeit bleibt für uns alle die wesentliche Voraussetzung für den Bau einer besseren Gesellschaft."
Landeshauptmann Luis Durnwalder, der zusammen mit anderen SVP-Politikern zur Feier gekommen war ergriff, wie auch bei vergangenen 1. Mai-Feiern, ebenfalls das Wort und erklärte einer aufmerksamen Zuhörerschaft die Ziele und Inhalte der Landespolitik. Er fand für unsere Arbeiterschaft anerkennende und ehrende Worte und bekräftigte, dass die Landesregierung in ihrem Handeln das Wohlergehen der gesamten Bevölkerung und im Besonderen der arbeitenden Bevölkerung im Auge habe.
Anschließend wurde unser 1. Mai so begangen, wie wir es gewohnt sind: Als ein Fest der Familie im breitesten Sinne. Inzwischen zeigte sich auch die Sonne freundlicher, Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Rentner, sie alle konnten mit dem Dargebotenen, mit Essen, Trinken, Spielen, Unterhaltung einen herzhaft schönen Tag begehen. Bis in die Abendstunden. Über dem Festplatz schwebte ein von unserem Vorsitzenden Schorsch aufgeblasener und fest im Boden verankerter großer Luftballon mit der Inschrift „Soziale Gerechtigkeit bauen". Und zahlreiche kleine, bunte Luftballons machten ihm, von den vielen Kindern auf der Festwiese getragen, Gesellschaft.

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Stellungnahme des ASGB zur EU-Erweiterung

Die Südtiroler Arbeiterschaft hat die Erweiterung der Europäischen Union um weitere zehn Staaten insgesamt positiv aufgenommen, weil sie der Überzeugung ist, dass ein größeres Europa auch größeres Gewicht in der Aufrechterhaltung des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit haben wird. Je mehr Länder und Menschen sich zu den Gründungsidealen der Europäischen Union bekennen, umso mehr Stabilität wird es auf unserem Kontinent geben.
Politische Stabilität und gemeinsame soziale Vorstellungen bilden eine gute Voraussetzung für die Entwicklung der Wirtschaft, für die Festigung der Arbeitsplätze, für offenen, gerechten Wettbewerb und somit für eine progressive Besserstellung der Arbeiterschaft.
Der ASGB erkennt aber neben diesen positiven Perspektiven auch eine Reihe von Gefahren, denen die wirtschaftliche und soziale Entwicklung auch in unserem Land in Zukunft ausgesetzt sein wird. Weil die jetzt hinzugekommenen Staaten durchwegs wirtschaftlich schwächer sind und daher einen großen Nachholbedarf in jeder Hinsicht aufweisen, wird es nicht ausbleiben, dass in den nächsten Jahren der Großteil der EU-Förderungsmittel in diese Länder fließen wird. Das Schwergewicht der geförderten Zielgebiete wird sich verlegen. Das bedeutet, dass es in den starken Wirtschaftsländern, zu denen auch Südtirol gehört, weniger Investitionen geben wird. Gleichzeitig wird die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt als Folge der stufenweise Liberalisierung der Ansässigkeit wachsen. Das Lohngefälle zwischen den „alten" und den „neuen" EU-Mitgliedern wird über viele Jahre spürbar sein und neue Wettbewerbsbedingungen schaffen. Der ASGB vertraut darauf, dass die Südtiroler Landesregierung dieser Entwicklung mit einer sehr notwendigen Anpassung ihrer Förderungspolitik auf allen Ebenen Rechnung tragen und die sozialen Akzente weiter verstärken wird. Es ist abzusehen, dass die notwendige EU-Neuorientierung in erster Linie die Arbeiterschaft betreffen und auch treffen wird. Nur durch eine gezielte Aktion der Landespolitik kann diese Entwicklung rechtzeitig in den Griff genommen werden.
Die Südtiroler Arbeiterschaft ist sich bewusst, dass die Solidarität mit der Arbeiterschaft der neuen EU-Länder europaweit notwendig ist und neue Opfer verlangt. Sie steht zu dieser Solidarität, aber sie erhebt auch die Forderung, dass die kommende Entwicklung im eigenen Lande vermehrte Anstrengungen erfordert, damit die Einbindung der neuen Länder in jeder Hinsicht nicht zu einer Einwegstraße wird, sondern zum gemeinsamen Wachstum führt. Nur so kann Europa seiner kommenden Aufgabe gerecht werden und Frieden und soziale Gerechtigkeit als Grundpfeiler der Einheit aufrecht erhalten und weiter stärken.