ASGB Rentner
Bericht aus dem Lockdown von Hans Widmann
Das Zusteuern auf die Einschränkung der gewohnten „Freiheiten“ war schon komisch. Die totale Quarantäne war dann ein neuer Lernprozess. Der Balkon erfuhr eine Aufwertung, die Essens- und Trinkgewohnheiten haben sich geändert. Statt einzukaufen wurde man von links und rechts beliefert. Ein Wermutstropfen war, dass man die Enkelkinder nicht sehen durfte. Ganz wichtig war, dass wir in der engen und weiteren Familie gesund geblieben sind.
Es blieb sehr viel Zeit, nicht nur zum Lesen, sondern auch über die neuen Umstände nachzudenken und über die ungewisse Zukunft zu diskutieren und über die Pandemie generell, für die wir alle, auch die Politik und das Sanitätswesen, keine Erfahrungswerte hatten, höchstens ein theoretisches Wissen. Immer mehr nachgedacht haben wir zuhause auch darüber, wie es anderen Familien wohl gehen würde. Jenen, die in Lohnausgleich versetzt wurden und den gekürzten Lohn erst nach Monaten erhalten haben. Jenen, die in kleinen Wohnungen ausharren und sich vertragen mussten. Den Familien mit Angehörigen mit Beeinträchtigung. Jenen, die Familie, Fernunterricht und Homeoffice unter einen Hut bringen mussten und den Alleinerziehenden. Wie es den Jugendlichen ergeht, denen der persönliche Kontakt zu den Freunden fehlt, der trotz aller Handymöglichkeiten ein großer Wert fürs Leben bleibt. Wie es den einsamen Menschen geht, die noch einsamer wurden. Wie sich jene fühlen müssen, die einen lieben Menschen ohne Abschiedsmöglichkeiten verloren haben.
Es blieb auch Zeit darüber nachzudenken, wie es nachher weitergehen sollte. Ob man wirklich alles braucht, was man bisher so selbstverständlich „genossen“ und beansprucht hat. Nach dem ersten Lockdown haben wir trotz mancher Vorsätze eigentlich gleich weitergelebt wie bisher, mit wenig Abstrichen, mit einigen wenigen Veränderungen.
Nachdenklich macht nun im zweiten Lockdown auch der Zustand unserer Krankenhäuser. Im Sommer wurde geradezu geprahlt, was man alles hinsichtlich der zweiten Welle der Pandemie im Herbst vorbereitet hat. Anfang November stößt man aber schon wieder an die Grenzen, unverständlich! Wie viele Betten hat man neu eingerichtet, wie viele Beatmungsgeräte und wie viele Tests hat man angekauft, wie viel zusätzliches Personal wurde eingestellt? Interessant zu wissen wäre auch, wie viele Claudiana-Abgänger des letzten Studienganges in unseren Krankenhäusern gelandet, wie viele ausgewandert sind und warum? Unsere Helden der 1. Welle warten immer noch auf die materielle Anerkennung und das Sanitätspersonal wartet auf professionelle und wettbewerbsfähige Gehälter! Wo bleibt hier die Entscheidungsfreudigkeit? Die Pandemie hat erschreckend verdeutlicht, wie Wirtschaftsvertreter eigentlich denken. In wirtschaftlich guten Zeiten kann man den Egoismus gut kaschieren. In Zeiten wie diesen bricht er aber durch und zeigt sein wahres Gesicht. Sie wollen die „totale Hilfe“, sie brauchen den Notgroschen, damit sie einige Monate überleben, sie wollen 80 Prozent des Umsatzes vergütet bekommen, obwohl ihnen der Staat die meisten Kosten abgenommen hat. Wenn sie das alles bekämen, ist der Staat geplündert und den Sozialstaat gäbe es nicht mehr. Interessant ist auch, dass der „autonome Weg Südtirols“ nur dann gut geht, wenn er für gewisse Kreise Vorteile bringt. Anerkannt werden soll, dass es auch viele verständnisvolle Unternehmer gibt, was man auch zu spüren bekommt. Der neoliberale Wirtschaftslobbyismus kann für uns Gewerkschaften nur bedeuten, dass wir über alle pseudoideologischen Grenzen hinweg eine starke Strategie gegen diese Raubzüge entwickeln müssen. Ansonsten wird es für uns - die Arbeitnehmer, die Rentner und alle schwachen sozialen Gruppen - eine sehr lange, zutiefst ungemütliche und unsoziale Pandemie werden. Ganz und gar unverständlich sind die Populisten jeder Sorte, die gegen jegliche Maßnahme wettern und immer nur das Gegenteil davon fordern. Das kann es auch nicht sein.
Hans Widmann
Es blieb sehr viel Zeit, nicht nur zum Lesen, sondern auch über die neuen Umstände nachzudenken und über die ungewisse Zukunft zu diskutieren und über die Pandemie generell, für die wir alle, auch die Politik und das Sanitätswesen, keine Erfahrungswerte hatten, höchstens ein theoretisches Wissen. Immer mehr nachgedacht haben wir zuhause auch darüber, wie es anderen Familien wohl gehen würde. Jenen, die in Lohnausgleich versetzt wurden und den gekürzten Lohn erst nach Monaten erhalten haben. Jenen, die in kleinen Wohnungen ausharren und sich vertragen mussten. Den Familien mit Angehörigen mit Beeinträchtigung. Jenen, die Familie, Fernunterricht und Homeoffice unter einen Hut bringen mussten und den Alleinerziehenden. Wie es den Jugendlichen ergeht, denen der persönliche Kontakt zu den Freunden fehlt, der trotz aller Handymöglichkeiten ein großer Wert fürs Leben bleibt. Wie es den einsamen Menschen geht, die noch einsamer wurden. Wie sich jene fühlen müssen, die einen lieben Menschen ohne Abschiedsmöglichkeiten verloren haben.
Es blieb auch Zeit darüber nachzudenken, wie es nachher weitergehen sollte. Ob man wirklich alles braucht, was man bisher so selbstverständlich „genossen“ und beansprucht hat. Nach dem ersten Lockdown haben wir trotz mancher Vorsätze eigentlich gleich weitergelebt wie bisher, mit wenig Abstrichen, mit einigen wenigen Veränderungen.
Nachdenklich macht nun im zweiten Lockdown auch der Zustand unserer Krankenhäuser. Im Sommer wurde geradezu geprahlt, was man alles hinsichtlich der zweiten Welle der Pandemie im Herbst vorbereitet hat. Anfang November stößt man aber schon wieder an die Grenzen, unverständlich! Wie viele Betten hat man neu eingerichtet, wie viele Beatmungsgeräte und wie viele Tests hat man angekauft, wie viel zusätzliches Personal wurde eingestellt? Interessant zu wissen wäre auch, wie viele Claudiana-Abgänger des letzten Studienganges in unseren Krankenhäusern gelandet, wie viele ausgewandert sind und warum? Unsere Helden der 1. Welle warten immer noch auf die materielle Anerkennung und das Sanitätspersonal wartet auf professionelle und wettbewerbsfähige Gehälter! Wo bleibt hier die Entscheidungsfreudigkeit? Die Pandemie hat erschreckend verdeutlicht, wie Wirtschaftsvertreter eigentlich denken. In wirtschaftlich guten Zeiten kann man den Egoismus gut kaschieren. In Zeiten wie diesen bricht er aber durch und zeigt sein wahres Gesicht. Sie wollen die „totale Hilfe“, sie brauchen den Notgroschen, damit sie einige Monate überleben, sie wollen 80 Prozent des Umsatzes vergütet bekommen, obwohl ihnen der Staat die meisten Kosten abgenommen hat. Wenn sie das alles bekämen, ist der Staat geplündert und den Sozialstaat gäbe es nicht mehr. Interessant ist auch, dass der „autonome Weg Südtirols“ nur dann gut geht, wenn er für gewisse Kreise Vorteile bringt. Anerkannt werden soll, dass es auch viele verständnisvolle Unternehmer gibt, was man auch zu spüren bekommt. Der neoliberale Wirtschaftslobbyismus kann für uns Gewerkschaften nur bedeuten, dass wir über alle pseudoideologischen Grenzen hinweg eine starke Strategie gegen diese Raubzüge entwickeln müssen. Ansonsten wird es für uns - die Arbeitnehmer, die Rentner und alle schwachen sozialen Gruppen - eine sehr lange, zutiefst ungemütliche und unsoziale Pandemie werden. Ganz und gar unverständlich sind die Populisten jeder Sorte, die gegen jegliche Maßnahme wettern und immer nur das Gegenteil davon fordern. Das kann es auch nicht sein.
Hans Widmann