Aktuell
Notstand Covid 19
Interview mit der Krankenpflegerin Elisabeth Messner
Die Redaktion des Aktiv hat für diese Ausgabe ein Interview mit der Krankenpflegerin Elisabeth Messner geführt, um Einblicke in das Stimmungsbild der Krankenpfleger – vor allem anlässlich des epidemiologischen Notstandes Covid-19 – zu bekommen.
Zur Person
Elisabeth Messner hat 1987 das Krankenpflegediplom erhalten und im Anschluss mehrere Jahre in der Medizinabteilung gearbeitet. Danach folgte ein Wechsel in die Pneumologie, in der Frau Messner wieder einige Jahre tätig war. Seit bereits über zehn Jahren arbeitet Frau Messner inzwischen in der Neuro-Rehabilitation.
Aktiv: In den Krankenhäusern hat sich die letzten Monate großteils alles um Covid-19 gedreht. Wie haben Sie die letzten Monate erlebt?
Elisabeth Messner: Die erste Zeit habe ich – offen gesagt – mit Angst erlebt. Ich hatte Angst selbst zu erkranken, aber natürlich auch um meine Familie. Dann habe ich mich selbst mit Covid-19 angesteckt und Antikörper gebildet, fühle mich persönlich deshalb aktuell sicher. Gegenwärtig habe ich mehr Angst um die Patienten, um die wir uns kümmern müssen, aber auch, ob es unser System langfristig verkraftet, die ganzen Neu-Erkrankten bestmöglich zu versorgen. Die Situation ist ausgesprochen ernst und viele von uns Krankenpfleger stehen am Rande der Verzweiflung. Wir sind tagtäglich damit beschäftigt, uns den Kopf zu zerbrechen, wo wir die Patienten unterbringen, wie wir sie behandeln, ob wir sie gut behandeln und vor allem fassen wir auch die Ängste der Patienten auf. Die Aufgabe unserer Abteilung ist es, die Menschen zu pflegen und zu betreuen, bis sie im schlimmsten Fall intensivmedizinische Betreuung benötigen. Wenn dem so ist, werden sie bei uns noch intubiert und anschließend in die Intensivstation geschickt. Die Situation ist physisch und psychisch äußerst belastend. Das Pflegepersonal ist am Limit. Dasselbe gilt aber auch für die Ärzte, mit denen die Zusammenarbeit hervorragend funktioniert. Man kann das ärztliche Personal jederzeit um Hilfe fragen und fühlt sich in komplexen Situationen nicht alleingelassen.
Auffallend ist der Umstand, dass anlässlich der zweiten Covid-19 Welle das Durchschnittsalter der Patienten spürbar gesunken ist. Die Krankheit betrifft insgesamt nicht nur alte Menschen, oder Menschen mit Vorerkrankungen, sondern die gesamte Gesellschaft.
Anders sieht die Situation leider in anderen Abteilungen aus. In der Intensivabteilung machen die Pfleger zahlreiche Überstunden, auch weil es nicht so viele Intensivpfleger gibt und sich vom Personal laufend jemand ansteckt, der dann für drei bis vier Wochen ausfällt. Auf die geringe Anzahl an Intensivpflegern kommt leider eine große Anzahl an Intensivpatienten. Es ist auch nicht möglich, Intensivpfleger durch anderes Pflegepersonal zu ersetzen, da es Wochen dauern würde, bis die Arbeitsabläufe angemessen funktionieren würden. Deshalb ist dort der Arbeitsaufwand momentan extrem.
Viele Personen sind nach wochenlanger Intensivbetreuung extrem schlecht beisammen. Sie haben nicht selten 20 Kilogramm und mehr an Körpergewicht verloren, die Muskeln haben sich zurückgebildet und die Betroffenen können kaum noch gehen. Wir sprechen bei dieser Krankheit nicht von einer Lappalie, Covid-19 kann ein langer Prozess sein, der im schlimmsten Fall auch zum Tod des Patienten führt.
Prinzipiell erscheint es mir aber auch, als wäre gesellschaftlich oft wenig Wertschätzung für unser Berufsbild übrig. Die Anerkennung bekommen wir hauptsächlich von den Patienten. Vielleicht sollte man auch in dieser Hinsicht ansetzen, das Bewusstsein zu schaffen, dass unsere Arbeit nicht nur systemrelevant ist, sondern System essentiell.
Auffallend ist der Umstand, dass anlässlich der zweiten Covid-19 Welle das Durchschnittsalter der Patienten spürbar gesunken ist. Die Krankheit betrifft insgesamt nicht nur alte Menschen, oder Menschen mit Vorerkrankungen, sondern die gesamte Gesellschaft.
Aktiv: Hat sich der Arbeitsaufwand aufgrund des epidemiologischen Notstandes Covid-19 stark verändert?
Elisabeth Messner: Die Überstunden halten sich in meiner Abteilung, ich arbeite aktuell in der Infektionsabteilung, in Grenzen. Aber mein gesamtes Team musste umsatteln, denn wir kommen eigentlich aus der Reha-Abteilung. Zum Glück haben wir ein gefestigtes Team, welches mit den neuen Anforderungen gut zurechtkam. Personal ist in meiner Abteilung noch ausreichend vorhanden, sodass wir auch genügend Pausen zur Regeneration haben. Dennoch ist die Situation sehr fordernd, einfach, weil so viele Patienten aufgenommen werden müssen. Wir sind dauernd am Aufnehmen der Patienten, am Verlegen der Patienten oder am Übernehmen von Patienten aus der Intensivstation.Anders sieht die Situation leider in anderen Abteilungen aus. In der Intensivabteilung machen die Pfleger zahlreiche Überstunden, auch weil es nicht so viele Intensivpfleger gibt und sich vom Personal laufend jemand ansteckt, der dann für drei bis vier Wochen ausfällt. Auf die geringe Anzahl an Intensivpflegern kommt leider eine große Anzahl an Intensivpatienten. Es ist auch nicht möglich, Intensivpfleger durch anderes Pflegepersonal zu ersetzen, da es Wochen dauern würde, bis die Arbeitsabläufe angemessen funktionieren würden. Deshalb ist dort der Arbeitsaufwand momentan extrem.
Aktiv: Was sagen sie zu den Maskenverweigern und den Coronaleugnern?
Elisabeth Messner: Offen gesagt ärgern wir uns oft über die Menschen, die den Ernst der Lage nicht verstehen wollen. Wir arbeiten am Dienst des Patienten, und für die meisten von uns ist dieser Beruf auch Berufung. Aber wir sehen tagtäglich die extremen Auswirkungen, die dieses Virus haben kann. Deshalb würden wir uns oft wünschen, dass all jene, die Covid-19 auf die leichte Schulter nehmen, oder gar leugnen, selbst sehen könnten, was wir tagtäglich erleben.Viele Personen sind nach wochenlanger Intensivbetreuung extrem schlecht beisammen. Sie haben nicht selten 20 Kilogramm und mehr an Körpergewicht verloren, die Muskeln haben sich zurückgebildet und die Betroffenen können kaum noch gehen. Wir sprechen bei dieser Krankheit nicht von einer Lappalie, Covid-19 kann ein langer Prozess sein, der im schlimmsten Fall auch zum Tod des Patienten führt.
Aktiv: Was fordern Sie noch von der Politik, um die anstehenden Herausforderungen in der Pflege bewältigen zu können?
Elisabeth Messner: Es ist sicherlich bereits seit geraumer Zeit verabsäumt worden, den Beruf des Krankenpflegers attraktiv zu machen. Ich kann für mich persönlich und für viele meiner Kollegen sprechen, wenn ich sage, dass wir diesen Beruf aus Idealismus ergriffen haben. Aber wir müssen auch über Lohnerhöhungen sprechen – um langfristig unser Berufsbild aufzuwerten. Wir haben effektiv jahrelang keine ökonomische Aufwertung erfahren.Prinzipiell erscheint es mir aber auch, als wäre gesellschaftlich oft wenig Wertschätzung für unser Berufsbild übrig. Die Anerkennung bekommen wir hauptsächlich von den Patienten. Vielleicht sollte man auch in dieser Hinsicht ansetzen, das Bewusstsein zu schaffen, dass unsere Arbeit nicht nur systemrelevant ist, sondern System essentiell.
Aktiv: Frau Messner, vielen Dank für das Interview!
Elisabeth Messner: Sehr gerne!