Vorwort

Liebe Freundinnen und Freunde von Alzheimer Südtirol Alto Adige - ASAA, liebe pflegende Angehörige und Interessierte!

Wie oft sind wir schon gefragt worden, ob und wie man den Gedächtnisproblemen, die mit Alzheimer einhergehen, vorbeugen kann?! Diese wichtige Frage beschäftigt uns und alle, die mit der Krankheit in Berührung kommen, seit langem. Wenn man schon weiß, dass es leider immer noch keine Heilung gibt, möchte man wenigstens eine Anleitung haben, wie das Demenzsyndrom nach den bisherigen Erkenntnissen der Forschung am ehesten vermeidbar wäre – obwohl es auch dafür keine Garantie geben kann.
Nun liegt diese Broschüre vor, verfasst, koordiniert und im Auftrag von ASAA herausgegeben von Dr. Barbara Plagg, die am Klinikum der LMU München über Genetik der Alzheimerkrankheit promoviert hat und als Forscherin und Lehrbeauftragte an der FUB im Bereich Umwelt und Gesundheit tätig ist. Wir freuen uns, dass wir allen Interessierten diese wertvollen Informationen weitergeben können.


ASAA-Präsident Ulrich Seitz
ASAA-Vizepräsidentin Edith Moroder

Einleitung

Der Schatzmeister und Hüter aller Dinge

„Das Gedächtnis ist unser Zusammenhalt, unser Verstand, unser Gefühl, sogar unsere Handlung“, hat Luis Buñuel einmal gesagt. Damit beschreibt er sehr gut, wofür wir Menschen unser Gedächtnis brauchen: Nämlich für fast alles.
Das Gedächtnis beinhaltet einerseits unsere persönlichen Erinnerungen – etwa unsere glücklichsten Momente und unsere peinlichsten Ausrutscher – andererseits umfasst es auch das gesamte Faktenwissen, das wir im Laufe unseres Lebens anhäufen: Das reicht vom Wissen, dass ein Stuhl ein Stuhl ist bis hin zur komplizierten mathematischen Formel. Dieses Gedächtnis wird von den Forschern das „autobiographische“ bzw. das „semantische“ Gedächtnis genannt.
Zusätzlich zu diesen „expliziten“ Inhalten ist das Gedächtnis aber auch für ganz essenzielle„implizite“ Inhalte zuständig, über die wir nicht lange nachdenken müssen: Körperliche oder geistige Abläufe wie das aufrechte Gehen, das Schuhe knüpfen oder das Radfahren verdanken wir der Leistungsfähigkeit unseres Gedächtnisses.
Auch erlernte Ängste und schlechte Gewohnheiten, unsere Fähigkeiten und Verhaltensweisen finden sich als Engramme (=Gedächtnisspuren im Gehirn) wieder und machen uns zu der Person, die wir sind.
Gedächtnis bedeutet also viel mehr, als sich daran zu erinnern, dass Rom Italiens Hauptstadt ist. Es bedeutet, die Umwelt, die uns umgibt, korrekt entschlüsseln und sich in ihr adäquat bewegen und verhalten zu können. Das klappt vor allem deswegen so gut, weil unser Gedächtnis in der Lage ist, die Fülle an permanent auf uns einprasselnden Eindrücken zu filtern, und nur jene herauszupicken, die für uns in Zukunft von Bedeutung sein können. So können wir uns an die Umwelt anpassen und uns in ihr zurechtfinden, denn unser Gedächtnis liefert uns die benötigten Informationen, die unser Handeln und unsere Entscheidungen beeinflussen.
Das Gedächtnis ist also ein Überbegriff für eine ganze Reihe essenzieller Fähigkeiten die uns helfen, Erfahrungen einzuprägen, sie zu behalten, zu assoziieren und wiederzuerkennen. Das Gedächtnis ist eine biologische Meisterleistung, es ist der Schatzmeister und Hüter aller Dinge, wie Cicero schon sagte. Eine Schatzkammer, die nicht endlich ist und immer weiter befüllt werden kann und soll.
Noch in den 60er Jahren dachte man, dass die Erinnerungen in bestimmten Zellen gespeichert werden. Bezeichnend dafür waren die Studien von McConnell, der Würmern beibrachte Licht zu meiden, diese dann zerstückelte, an ihre Kollegen verfütterte und feststellte, dass diese Würmer dieselbe Aufgabe nun schneller lernten. Die Zeitung New York Times empfahl daraufhin „Eat your Professor“ („Iss deinen Professor“). Inzwischen wissen wir, dass unser Gedächtnis ein komplexes Netzwerk aus vielen molekularen Strukturen ist und Erinnerungen keinesfalls in einzelnen Nervenzellen gespeichert sind – und dass es einige (legalere) Strategien gibt, das Gedächtnis zu unterstützen und Schwierigkeiten vorzubeugen. Denn als komplexes Netzwerk unterschiedlicher Zellen wird unsere Gedächtnisleistung von genetischen wie auch von umweltbedingten Faktoren beeinflusst. Mit der vorliegenden Broschüre möchten wir aufzeigen, was die Wissenschaft bisher herausgefunden hat und dir konkrete Tipps und Ratschläge für deinen Alltag anbieten, damit du deinen ganz persönlichen Schatz – dein unbezahlbares Gedächtnis – hüten kannst.
Merk dir, dass…!
…  es keine Maßnahme gibt, mit der man ausschließen kann, jemals an irgendeiner Form der Demenz zu erkranken. Für einige Ursachen, wie zum Beispiel Durchblutungsstörungen im Gehirn, ist eine gewisse Vorbeugung allerdings möglich.
Weißt du, dass…?
…  Leipziger Demenzforscher berechnet haben, dass für rund 30 Prozent der aktuellen Demenzfälle insbesondere sieben Lebensstilfaktoren verantwortlich gemacht werden können: Bluthochdruck und starkes Übergewicht im mittleren Lebensalter, Diabetes, Depression, mangelnde körperliche Aktivität, Rauchen und niedrige Bildung. (Luck et al., 2016)
Merk dir, dass…!
… Gedächtnisprobleme ganz viele unterschiedliche Ursachen haben und auch behandelbar sein können. Wenn du bei dir oder einer anderen Person eine rasch auftretende, plötzliche Veränderung der kognitiven Fähigkeiten bemerkst, such bitte sofort einen Arzt auf!