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Zeitzeugen des KVW berichten

Damals und heute: Parallelen, Gemeinsamkeiten und Neues
Die Zeitzeugen, v.l. Sepp Pfattner, Josef Stricker, Lisl Lantschner, Burgl Moser, Wilfried Wörndle, Helga Mutschlechner und Theresia Kühbacher.
Die 70-Jahr-Feier des KVW war Anlass zurückzublicken auf Ereignisse und Leistungen des größten Sozialverbandes Südtirols. Bei Begegnungen mit Zeitzeugen ließen diese Vergangenes Revue passieren und erzählten von Pionierleistungen des KVW. Dabei kamen auch viele Gemeinsamkeiten zutage.
Theresia Kühbacher und Lisl Lantschner berichteten von der Berufsgruppe für Hotel- und Gastgewerbeangestellten und von den KVW Senioren. In diesen Bereichen ist der KVW von Null gestartet und hat wertvolle Aufbauarbeit geleistet. In den 80er Jahren wurde die Dienststelle für Senioren im KVW gegründet. Lisl Lantschner erzählte, dass es anfangs darum ging, Seniorenklubs in den Orten aufzubauen. Später holte der KVW Ausbildungen nach Südtirol, die es vorher nur in Österreich und Deutschland gab: Seniorentanzleiter, Gymnastikleiter und Gedächtnistrainer wurden ausgebildet, das Tanzen im Sitzen wurde gelehrt, Schreibwerkstätten organisiert. Die Kurse für pflegende Angehörige wurden als erstes vom KVW angeboten, ebenso wurden Altenpflegerinnen und Familienhelferinnen ausgebildet. All dies war zur damaligen Zeit neu im Land.
Kühbacher ist seit 1954 Mitglied beim KVW. Da sie im Gastgewerbe tätig war, kam sie schon bald zur Berufsgruppe für Hotel- und Gastgewerbeangestellte. Für diese wurden Studienfahrten und Ferienaufenthalte außerhalb der Saisonen angeboten. „Es ging um eine gute Berufsbildung und um ein menschenwürdiges Wohnen der Angestellten“, erzählte Kühbacher.
Wie ein roter Faden zieht sich die Frauenarbeit durch die 70-jährige Geschichte des KVW. Burgl Moser erinnerte sich an die Anfänge zurück, als Waltraud Gebert die Frauen im KVW geleitet hat. Es ging um die soziale Absicherung, um die Hausfrauenrente und das Familienpaket der Region wurden eingeführt. Um die Absicherung geht es auch heute noch, hackte Helga Mutschlechner ein. Da es nur mehr die beitragsbezogene Rente geben wird, sind die Frauen stark benachteiligt. Weitere aktuelle Themen sind Gewalt gegen Frauen, Vereinbarkeit, gleicher Lohn, Schutz des freien Sonntags usw.
Wilfried Wörndle und Josef Stricker sprachen über den KVW als soziale Bewegung damals und heute. Sie zogen Parallelen und analysierten die Herausforderungen: es ging um den KVW als „Bollwerk gegen den Kommunismus“, um den Wirtschaftsliberalismus und um die Gegner heute, die nicht so eindeutig auszumachen sind, sondern verschleiert und diffuser arbeiten.
Der ehemalige Landesvorsitzende Sepp Pfattner und Herbert Prugger sammelten mit den Anwesenden Vorschläge und Ideen für die zukünftige Arbeit im KVW. Diese „Bausteine für die Zukunft“ wurden zum Abschluss dem Landesvorsitzenden Werner Steiner übergeben.

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Den Kurs bestimmt die christliche Soziallehre

70-Jahr-Feier des KVW
Zahlreiche Ehrengäste feierten im Sheraton in der Messe Bozen mit dem KVW sein 70-jähriges 
Bestehen.
Der KVW wurde vor 70 Jahren in Südtirol gegründet. Die Landesversammlung wurde heuer zur Geburtstagsfeier, mit Rückschau, Blick in die Zukunft, mit vielen Glückwünschen, mit Danksagungen und Bitten.
1948 wurde der KVW nach dem Vorbild der Acli gegründet. So wie vor 70 Jahren orientiert sich der Katholische Verband der Werktätigen an der christlichen Soziallehre und setzt sich für Solidarität, Gerechtigkeit und Gemeinwohl ein. „Die christliche Soziallehre lehrt uns, dass der Mensch gestalten kann, er braucht nichts passiv erleiden“, sagte der KVW Landesvorsitzende Werner Steiner zu beginn der ganztägigen Veranstaltung in Bozen. Danach haben engagierte Frauen und Männer im KVW in den vergangen 70 Jahren gehandelt.
Der KVW wird gebraucht
Auf der 70-Jahr-Feier überbrachten Bischof Ivo Muser, Landeshauptmann Arno Kompatscher, Acli-Präsident Roberto Rossini und Vertreterinnen und Vertreter der Südtiroler Landesregierung sowie der KAB und der EBCA Glückwünsche zum runden Geburtstag. „Wir sagen dem Geburtstagskind, warum wir es brauchen“, erklärte Bischof Ivo Muser. Die Bischof sprach die Bitte aus, dass sich der KVW mit Überzeugung einbringe, sich getraue klar Position zu beziehen und sich nicht den Mund verbieten lasse. Es formulierte auch den klaren Auftrag, christliches Profil zu zeigen und sich gesellschaftlich, sozial und politisch einzubringen.
Soziale Umverteilung
Der KVW Landesvorsitzende Werner Steiner betonte das Ziel des Verbandes: allen Menschen müsse es gut gehen. Dafür braucht es den Einsatz und den Willen der Menschen. „Von alleine geschieht ein soziales Ausgleich nicht“, merkte Steiner an. Der Wirtschaft gehe es in Südtirol sehr gut, das lese und höre man ständig. „Dies bedeutet aber nicht, dass es automatisch allen gut gehe“, so Steiner. Er erinnerte an die armutsgefährdeten Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, an die kinderreichen Familien und die Alleinerziehenden sowie an die alleinstehenden Rentner.
Die christliche Soziallehre war dem KVW vor 70 Jahren Kompass und Wegweiser und sie ist es auch heute. Sie lehre hinzuschauen, zu urteilen und daraus ein Tun abzuleiten.
Entwicklungen mitgestalten
Waren es in den 40er und 50er Jahren die Abwanderung und mangelnde Arbeitsplätze, so sind es heute der Wandel in der Arbeitswelt, die Digitalisierung, das Prekariat. „Der Sozialstaat darf nicht geschwächt werden, einen Umbau muss es vor dem Hintergrund des demografischen Wandels aber geben“. Entwicklungen könne man nicht aufhalten, so Steiner, aber sehr wohl mitgestalten.
Verunsicherung ist spürbar
Landeshauptmann Arno Kompatscher sprach der „KVW Familie“ seine Glückwünsche und seinen Dank aus. Nach den Erfolgen für die Wirtschaft und der Senkung der Arbeitslosigkeit müsse nun in die Richtung gearbeitet werden, dass die Reallöhne wieder steigen, so Kompatscher. „Hass und Missgunst sind eine Folge der Verunsicherung, die bei den Menschen spürbar sei“, sagte der Landeshauptmann.
Einsatz muss stets weiter gehen
Der nationale Präsident der Acli, Roberto Rossini, betonte die gemeinsamen Werte, für die die beiden Schwesternorganisationen Acli und KVW stehen. „Der Einsatz müsse aber weiter gehen“, so Rossini, „denn Freiheit und Gleichheit werden nicht einmal für immer erreicht“. Es brauche den weiteren, täglichen Einsatz.
Soziale Heimat für Südtiroler
Landesrätin Martha Stocker erinnerte daran, dass der KVW damals den deutschen und ladinischen Werktätigen im Lande so etwas wie eine Heimat gegeben habe, eine Heimat im sozialen Sinne. Die Werte von damals sind auch heute noch Auftrag und Verpflichtung.
Hinschauen und etwas tun
Der KVW habe stets jenen eine Stimme geben, die keine haben, so Landesrätin Waltraud Deeg in ihren Grußworten. Hinschauen statt wegschauen und ans Werk gehen, das zeichnet die Arbeit des KVW aus. Deeg sprach die Bitte aus, dass der KVW auf diesem Weg weiter mache.
Tun und Mut
Wünsche an den KVW formulierte Landesrat Philipp Achammer: er wünsche sehr viel „Tun“ und sehr viel „Mut“. „In diesen sechs Buchstaben liegt die Aktualität des KVW“, so Achammer. Er dankte den vielen Ehrenamtlichen für ihr Engagement, ohne das dies alles nicht möglich wäre.
So wie Papst Franziskus
Grußworte sprachen auch Maria Etl von der KAB Deutschland und Armin Huerner von der EBCA, der Europäischen Bewegung christlicher ArbeitnehmerInnen. So wie die KAB in Deutschland und in der Schweiz und die EBAC auf europäischer Ebene, ist der KVW aktiv an vielen Orten. „Papst Franziskus verleiht uns Rückenwind, wenn wir uns für die Armen und Ausgegrenzten einsetzen und ein gutes Leben für alle fordern“, so Etl.
Am KVW weiter bauen
Die sechs KVW Bezirke haben für die Zukunft des Verbandes Ideen gesammelt und diese zum Abschluss, als Blick in die Zukunft, präsentiert. Auf einer Südtirolkarte wurden die Themen gesammelt, die Umsetzung werde nun gemeinsam erfolgen, sagte KVW Landesvorsitzender Werner Steiner. „Mit dem Logo des KVW ist die Landkarte vollständig“, so Steiner.
Text: Ingeburg Gurndin