Kommentar
Friedensprojekt Europa: 70 Jahre ohne Kriege
Wahlen zum Europäischen Parlament am 26. Mai
Markus Warasin,
Mitglied des Kabinetts des Präsidenten des Europäischen Parlaments - FOTO: © European Union 2019 - Source: EP/DAINA LE LARDIC
Trotz eines nicht zu leugnenden Reformbedarfs gibt es zahlreiche Gründe für Europa zu werben: Der wichtigste Grund ist und bleibt das Friedensprojekt: Die Union und ihre Vorgänger haben über sieben Jahrzehnte zur Förderung von Frieden und Versöhnung beigetragen. Vergessen wird nicht, dass die beiden Weltkriege – die großen Tragödien des 20. Jahrhunderts – mehr als 80 Millionen Opfer gefordert haben. Und wohin wären nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die jungen Demokratien Mittel- und Osteuropas gedriftet, hätte die EU ihnen keine Beitrittsperspektive geboten.
Ein weiterer Grund für Europa zu werben ist der Binnenmarkt, der heuer sein 25-jähriges Bestehen feiert.
Drittens haben auch alle sektoralen Politikbereiche – von der Landwirtschafts- und der Regionalpolitik über Verbraucher- und Umweltschutz bis hin zu Wirtschafts- und Währungsfragen – wesentlichen Anteil an unserem Wohlstand und haben die EU zum größten Handelsblock der Welt und zum wichtigsten Partner in der Entwicklungszusammenarbeit gemacht.
Wahr ist aber auch – und das ist die Kehrseite der Medaille – dass Europa mehr und mehr polarisiert. Im Zuge der verschiedenen Krisen –von der Verfassungs- über die Finanz- bis zur Migrationskrise – scheint es, als seien die getroffenen Vereinbarungen in Brüssel immer öfter umstritten, die europäischen Institutionen mehr und mehr entzweit, als werde die europapolitische Debatte in steigendem Maße kontrovers geführt. Denken wir beispielsweise an die beachtlichen Wahlerfolge europafeindlicher bzw. europaskeptischer Bewegungen und an die inzwischen abschmelzenden integrationsfreundlichen Mehrheiten in vielen Mitgliedstaaten. Doch wie sollen die großen globalen Herausforderungen – wie der Klimawandel, die Migration, die Auswirkungen regionaler Konflikte, Energieversorgung oder Sicherheitsfragen – die allesamt einen transnationalen Charakter haben, anders als gemeinsam gelöst werden?
Wir Europäer wählen bei der Europawahl unseren Vertreter in das größte demokratische Parlament der Welt, wo die gegenwärtig 751 Abgeordneten aus 28 Staaten gemeinsam über 500 Millionen Menschen vertreten. Wenn wir die Hoffnung haben wollen, dass wir Europäer eine Bedeutung für die Welt haben, dann können wir das nur gemeinsam. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Politisierung Europas wird diese Wahl zur bisher wichtigsten in der Geschichte der EU.
TEXT: Markus Warasin
Sicherheit und Stabilität
Aber die europäische Integration hat in den vergangenen sieben Jahrzehnten nicht nur für die Abwesenheit von Kriegen zwischen den EU-Mitgliedstaaten gesorgt, sondern sie hat auch etwas geschaffen, das die Friedens- und Konfliktforscher „positiven Frieden“ nennen, also die Abwesenheit von struktureller Gewalt, von Furcht oder Angst; einen Frieden, der Sicherheit und Stabilität garantiert, für ein gemeinsames Miteinander wirbt, und nicht für ein Gegeneinander. Die jungen Europäer werden heute an keine innereuropäische Front geschickt; sie gehen in andere Länder zum Urlaub, zum Studium oder um dort zu arbeiten. Für diese versöhnende Rolle bei der Verwandlung Europas von einem Kontinent der Kriege zu einem des Friedens hat Europa zu Recht 2012 den Friedensnobelpreis und 2017 den Prinz-von-Asturien-Preis bekommen.Ein weiterer Grund für Europa zu werben ist der Binnenmarkt, der heuer sein 25-jähriges Bestehen feiert.
Vorteil Binnenmarkt
Durch den freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr eröffnet er Bürgern, Unternehmen und Verbrauchern neue Möglichkeiten und schafft die in Europa so dringend benötigten neuen Arbeitsplätze und Wachstum, indem alle Mitgliedstaaten als ein einheitlicher barrierefreier Binnenmarkt ohne Zölle, Grenzen oder andere Hindernisse betrachtet werden. Der Binnenmarkt hat bereits 2,77 Millionen Arbeitsplätze geschaffen und dem Handel zusätzliche 233 Milliarden Euro pro Jahr beschert.Drittens haben auch alle sektoralen Politikbereiche – von der Landwirtschafts- und der Regionalpolitik über Verbraucher- und Umweltschutz bis hin zu Wirtschafts- und Währungsfragen – wesentlichen Anteil an unserem Wohlstand und haben die EU zum größten Handelsblock der Welt und zum wichtigsten Partner in der Entwicklungszusammenarbeit gemacht.
Die Stärke des Rechts
Schließlich sind wir auch eine Wertegemeinschaft: In Europa ist damit die Stärke des Rechtes an die Stelle des Rechts des Stärkeren getreten. Daher bilden die Menschenrechte und die Würde des Menschen den Grundstein und den kritischen Maßstab für unsere europäische Demokratie.Wahr ist aber auch – und das ist die Kehrseite der Medaille – dass Europa mehr und mehr polarisiert. Im Zuge der verschiedenen Krisen –von der Verfassungs- über die Finanz- bis zur Migrationskrise – scheint es, als seien die getroffenen Vereinbarungen in Brüssel immer öfter umstritten, die europäischen Institutionen mehr und mehr entzweit, als werde die europapolitische Debatte in steigendem Maße kontrovers geführt. Denken wir beispielsweise an die beachtlichen Wahlerfolge europafeindlicher bzw. europaskeptischer Bewegungen und an die inzwischen abschmelzenden integrationsfreundlichen Mehrheiten in vielen Mitgliedstaaten. Doch wie sollen die großen globalen Herausforderungen – wie der Klimawandel, die Migration, die Auswirkungen regionaler Konflikte, Energieversorgung oder Sicherheitsfragen – die allesamt einen transnationalen Charakter haben, anders als gemeinsam gelöst werden?
Wir Europäer wählen bei der Europawahl unseren Vertreter in das größte demokratische Parlament der Welt, wo die gegenwärtig 751 Abgeordneten aus 28 Staaten gemeinsam über 500 Millionen Menschen vertreten. Wenn wir die Hoffnung haben wollen, dass wir Europäer eine Bedeutung für die Welt haben, dann können wir das nur gemeinsam. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Politisierung Europas wird diese Wahl zur bisher wichtigsten in der Geschichte der EU.
TEXT: Markus Warasin