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Nahversorgung erhalten

Lebendige Orte sorgen für Lebensqualität und Arbeitsplätze
Immer mehr Häuser stehen leer, die Bevölkerung schrumpft und die nachfolgenden Generationen ziehen in die großen Städte: Dieses Bild zeigt sich dramatisch in vielen alpinen Regionen und Dörfern. Es sind leere Orte, an denen es heute weder Bäcker noch Metzger gibt und wo der Nahversorger längst zugemacht hat. Orte, an denen es statt des Postamtes nur noch den Briefkasten gibt und der Bus bloß zwei Mal am Tag fährt.
Philipp Moser, Präsident Handels-
und Dienstleistungsverband Südtirol (hds)
Dass die Abwanderung und Entvölkerung aus den Dörfern und Tälern ein ernstzunehmendes Problem ist, zeigt auch eine Studie der Vereinten Nationen: Denn glaubt man den Prognosen dieser Untersuchung, so wird 2030 mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten wohnen.
So wundert es nicht, wenn etwa in Deutschland der Ruf nach einer Allianz für lebendige Orte immer lauter wird. Es verbreitet sich immer mehr die Erkenntnis, dass lebenswerte Innenstädte und Dörfer für eine gesunde gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung unverzichtbar sind. „Wir müssen jetzt alle an einem Strang ziehen. Lebendige Orte, die Stärkung des Handels in seiner gesellschaftlichen Funktion und der Erhalt der Nahversorgung sind eine Überlebensfrage für die Wirtschaft und Gemeinden“, so die Forderung von Politikern und Wirtschaftsvertretern.
Entwicklung in Südtirol
In Südtirols Orten und Dörfern erschreckt man (noch) nicht vor solchen Prognosen der UN. Es finden sich noch lebendige, lebenswerte und attraktive Orte. Aber: Das Thema holt uns ein. Während die Bevölkerung in den Städten, Talgemeinden und gut erreichbaren Ortschaften in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen hat, wurde in einigen peripheren Gemeinden entlang der Landesgrenze und verstärkt im Westen Südtirols eine Bevölkerungsabnahme verzeichnet. Es zeigt sich, dass gerade in der Peripherie Gemeinden eine rückläufige demografische Entwicklung haben, die in engem Zusammenhang mit einer schwachen Wirtschafts- und Sozialstruktur steht. Die Folge sind Probleme, genügend Arbeitsplätze zu bieten und vor allem die junge Bevölkerung zu halten.
Somit ist es keine Selbstverständlichkeit, dass in Zukunft unsere Orte als soziale Treffpunkte mit den entsprechenden Entfaltungsmöglichkeiten und Arbeitsplätzen vor Ort erhalten bleiben. Es ist täglich daran zu arbeiten: Politik, Gemeindeverwaltungen, soziale, kulturelle und kirchliche Einrichtungen, die Bevölkerung mit den Familien vor Ort und die Wirtschaftstreibenden mit den vielen Klein- und Familienbetrieben gemeinsam. Nachhaltigkeit und Verantwortung gegenüber Gesellschaft werden von letzteren seit jeher tagtäglich gelebt – nicht nur im Unternehmen etwa durch das verstärkte Angebot lokaler Produkte oder personalisierter Dienstleistungen, sondern auch in ihren Orten und Dörfern, wo sie sich beispielsweise freiwillig und ehrenamtlich für Initiativen engagieren oder etwa lokale, kulturelle, sportliche Organisationen und Vereine unterstützen.
16.000 Beschäftigte
Das vielfältige Angebot im Ort, lebendige Dörfer und Ortszentren, Arbeitsplätze vor Ort, die tägliche Begegnung oder eine gelebte Nahversorgung sind ein Reichtum und ein Mehrwert, die es in erster Linie zu bewahren und wenn möglich auch zu vermehren gilt. Dies ist auch eine wichtige Grundlage dafür, Stabilität in den peripheren Landesteilen herzustellen, das soziale und gesellschaftliche Gefüge in einem Ort zu stärken und somit Abwanderungstendenzen erfolgreich entgegenzuwirken.
In Südtirol wird im Handel vom „Südtiroler Weg“ gesprochen. Gemeint ist damit, dass die Nahversorgung auf lange Sicht gesichert werden soll. Sie ist im Vergleich zu Nordtirol flächendeckend garantiert. Südtirol gehört europaweit zu jenen Regionen, in denen das „Leben im Dorf“ noch gut funktioniert. Über 60 Prozent der Konsumenten kaufen täglich in der Nähe der eigenen Wohnung ein, zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Das ist europaweit einzigartig. Ein Netz, das es anderswo nicht mehr gibt. Und so lautet das Ziel, den Einzelhandel in den Wohn- und nicht in den Gewerbegebieten anzusiedeln.
Im Südtirol sind im Einzelhandel über 7400 Geschäfte mit fast 16.000 Beschäftigten tätig – und das in allen Gemeinden. Viele dieser Unternehmen sind Klein- und Familienbetriebe, die dafür sorgen, dass die Orte und Dörfer noch lebendig und attraktiv für Einheimische, Besucher sowie die vielen Gäste sind. Diese Besonderheit und Einzigartigkeit gilt es zu wahren und weiter zu entwickeln.
Vision des hds
Und was macht der hds? Er hat eine klare Vision, die er umsetzen will. Mit der Vision „Die Qualität des Lebensraumes Südtirol durch eine gezielte Wirtschaftsentwicklung der Orte und Städte steigern” hat sich der hds zum Ziel gesetzt, Kompetenzzentrum für die Entwicklung von Südtirols Städten, Innenstädten und Stadtteilen sowie Dörfern zu werden. Dabei spielen über den Einzelhandel hinaus auch ortsrelevante Betriebe in den Bereichen Gastronomie, Dienstleistungen, Privatvermietung und ortsgebundenes Handwerk eine wesentliche Rolle.
TEXT: Philipp Moser

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Tipps zum nachhaltigen Einkauf

Nachhaltig einkaufen bedeutet auch, dass alle Folgen des eigenen Konsumverhaltens für die Umwelt und die Menschen beachtet werden. Dazu zählen Transportwege, Arbeitsbedingungen, Produktion, Auswirkungen auf die Natur, Müll. Durch bewusstes Einkaufen hat der Verbraucher auch eine gewisse Macht, er übt Druck auf den Markt aus. Unternehmen verstehen, dass sie auch eine soziale und ökologische Verantwortung haben.
Einkaufszettel schreiben
Wer nur kauft, was er wirklich braucht, minimiert meist Lebensmittelverschwendung, unnötige Verpackung und spart außerdem Geld. Gerade bei Angeboten soll man sich nicht verführen lassen sondern gut überlegen, ob man es wirklich benötigt.
Nicht hungrig zum Einkaufen gehen.
Mehrwegflaschen den Vorrang geben
Wasser in Plastikflaschen zu kaufen macht eigentlich keinen Sinn. Vor allem nicht in Südtirol, wo das Leitungswasser von guter Qualität ist. Auch andere Getränke sollte man nicht in Plastikflaschen kaufen sondern Mehrwegflaschen bevorzugen.
Keine Plastiktüten
Oft greift man an der Kasse doch auf Plastiktüten zurück, weil man die Einkaufstasche nicht dabei hat. Stofftaschen oder andere Einkaufstaschen in der Handtasche und im Auto als Reserve dabei zu haben, hilft auch bei spontanen Einkäufen auf die Plastiktüte zu verzichten.
Frische, offene Lebensmittel einkaufen
In den Kühlregalen mancher Geschäfte findet man Käse und Wurst in Plastikverpackung, an der Theke kann die benötigte Menge aber auch „offen“ gekauft werden. Dann wird sie meist „nur“ in ein beschichtetes Papier verpackt, ohne Styroporuntersatz und Nylon.
Bio und fair
Meist gibt es in größeren Geschäften eigene Regale für die biologischen und fairen Produkte. Diese sind mit eigenem Siegel gekennzeichnet.
Herkunft beachten
Regionale erzeugte Lebensmittel sind nachhaltiger, ihre Transportwege sind kürzer. Gerade bei Obst und Gemüse lohnt sich ein Blick auf das Schild mit den Angaben zur Herkunft. Außerdem weiß man bei regionalen Produkten eher über die Arbeitsbedingungen Bescheid, unter die angebaut und geerntet wird.
Saisonal einkaufen
Wer Obst und Gemüse saisonal einkauft, erhält eher Produkte aus der Region, die kurze Transportwege hinter sich haben. Das gilt auch für die Bauernmärkte oder den direkten Einkauf beim Bauer.