KVW Aktuell

Fake News keine Chance geben

Gesunder Menschenverstand und kritisches Denken
Durch die digitalien Medien verbreiten sich Falschmeldungen schneller.
Wir befinden uns in turbulenten Zeiten. Noch vor wenigen Monaten vermochte sich wohl kaum jemand vorzustellen, dass ein Virus die Welt auf den Kopf stellen und die Menschheit in eine Krise stürzen kann, wie sie die lebenden Generationen in dieser Form noch nicht gekannt haben. Zur Gefahr für Gesundheit gesellen sich existentielle Ängste, dazu kommen noch die drastischen Maßnahmen, welche zwecks Eindämmung der Pandemie getroffen wurden: Ausgangssperren, Schließung der Schulen, Maskenpflicht und Social Distancing.
ROLAND TURK
Präsident des Landes­beirats für das
Kommunikationswesen
Warum kam diese Geißel über uns? Was wird noch alles passieren? Das sind nur zwei der Fragen, welche zurzeit die Menschen beschäftigen. Deshalb suchten sie in den vergangenen Monaten verstärkt nach Informationen zum Virus, in allen ihnen zur Verfügung stehenden Medien. Es ist nur zu gut verständlich, dass in einer verunsicherten Bevölkerung das Bedürfnis nach Information größer ist denn je. Aktueller denn je ist daher auch die Notwendigkeit, die Bevölkerung mit wahrheitsgetreuen Informationen aus seriösen Quellen zu versorgen.
Feidbild wird geschaffen
Schon in der Vergangenheit kursierten in Zeiten des Notstandes die wildesten Falschmeldungen: für den Schwarzen Tod Mitte des 14. Jahrhunderts sollen die Juden verantwortlich gewesen sein, hinter den Terroranschlägen vom 11. September 2001 die amerikanischen Geheimdienste stecken. Die Unfassbarkeit besonderer, schier unglaublicher Ereignisse bildet den idealen Nährboden für das Entstehen von Verschwörungstheorien. Deren Gefahr besteht darin, dass sie ein Feindbild aufbauen, welches, wie uns die Geschichte leider mehrfach gezeigt hat, Massen bündeln und aufhetzen kann.
Gerade in der heutigen digitalen Welt bieten das Internet und insbesondere die sozialen Netzwerke eine nahezu perfekte Plattform für die rasante Verbreitung von sogenannten Fake News. Im Gegensatz zu Zeiten, in denen digitale Medien noch unbekannt waren und Nachrichten vorwiegend über traditionelle Medien wie Zeitung, Radio und Fernsehen verbreitet wurden, gehen Schlagzeilen heute viel rascher um die Welt und erreichen – auch dank entsprechender Smartphone-Apps – innerhalb von Sekunden eine Vielzahl von Lesern. Leider werden diese grundsätzlich sehr nützlichen neuen Technologien auch für die Verbreitung von Falschmeldungen missbraucht. Die wüsten Theorien zu Covid-19 sind ziemlich kreativ: das 5G-Netz soll die Ursache der Epidemie sein, das Virus sei von der Pharmalobby im Labor geschaffen worden, es handle ich dabei um eine Biowaffe, die Chinesen oder die Amerikaner stecken dahinter.
Was kann jeder Einzelne tun?
Gesunder Menschenverstand und kritisches Denken bilden ein gutes Abwehrsystem gegen Fake News. Man sollte Meldungen, vor allem haarsträubende, stets überprüfen. Von wem stammen sie, sind sie beweisbar? Auf der sicheren Seite sind jedenfalls jene Leser, die etablierte Medien als Informationsquelle wählen. Diese beschäftigen professionelle Journalisten, welche in der Regel darauf trainiert sind, Falschmeldungen als solche zu entlarven, statt sie zu verbreiten. Die Südtiroler haben während der akuten Phase der Coronapandemie vielfach das Richtige getan: eben, sich auf seriöse Medien zu verlassen. Die Nutzerzahlen des Fernsehens und der etablierten Nachrichtenportale sind signifikant in die Höhe geschnellt. Sie verzeichneten zum Teil zwei bis dreimal so viele Leser und Zuschauer wie zu normalen Zeiten.
Einfluss des Landesbeirates
Was können Mediengaranten wie der Landesbeirat für das Kommunikationswesen tun? Sie können leider nur Einfluss auf die lokalen Medien ausüben. Die internationalen Netzwerke hingeben, wie Facebook und Twitter, lassen sich nicht einmal von den gewichtigen Aufsichtsbehörden der einzelnen Staaten dreinreden; geschweige denn, von lokalen Behörden wie dem Landesbeirat. Bei den lokalen Medien und deren Social-Media-Auftritt kann der Beirat hingegen – gestützt auf ein entsprechendes Landesgesetz – seinen Einfluss geltend machen, um Fake News und Verschwörungstheorien einzudämmen.
Der Beirat für Kommunikation wurde sich in der Coronakrise mehr denn je bewusst, dass Handlungsbedarf besteht. Vor allem die Regierungen sind jetzt aufgefordert, ihre Medienpolitik zu überdenken. Medien, die Falschmeldungen und Verschwörungstheorien durch ein Fact Checking entlarven, müssen stärker gefördert werden als bisher. Auch die Landesregierung in Bozen kann dazu ihren Beitrag leisten.
TEXT: Roland Turk

KVW Aktuell

Vereinbarkeit von Familie und Beruf - (K)ein Rückschritt

Coronakrise … Jetzt wäre es an der Zeit, Veränderungen zuzulassen – gemeinsam an einem Strang zu ziehen und flexibel zu reagieren.
Es ist augenscheinlich, dass das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch die Coronakrise verschärft wurde. Viele erwerbstätige Frauen stehen daher vor großen Problemen und Herausforderungen. Sind es nicht hauptsächlich die Frauen, die neben ihrem Beruf - ob im Home-Office oder am Arbeitsplatz - einen Großteil des Haushaltes meistern und unerwartet auch mit der Betreuung ihrer Kinder, wegen geschlossener Kindergärten und Schulen, konfrontiert waren?
Diese Krise ist die Chance über innovative Arbeitsmodelle nachzudenken – wesentlich wäre das Überdenken der beruflichen Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann. Grundlegend müssten die gesetzlichen Bestimmungen geändert werden, damit auch Frauen eine Chance bekommen, am Arbeitsmarkt und in der Politik, ihr Wissen und Können einzubringen und umzusetzen.
Die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen führen zu erheblichen langfristigen Problemen, wie etwa zur verstärkten Altersarmut bei Frauen, zur Verhinderung der persönlichen Entfaltung, privat wie auch beruflich.
Bereits im letzten Jahr gaben laut dem Arbeitsinspektorat in Südtirol 847 Frauen ihren Beruf auf, da Arbeit, Kinder und Haushalt nicht mehr zu schultern waren. Können und wollen wir als Gesellschaft auf diese Ressourcen einfach verzichten?
Damit der hart erkämpfte Fortschritt der Gleichberechtigung für die Frauen nicht zu einem (schnellen) Rückschritt wird, muss das Problem zeitnah und mutig in Angriff genommen werden.
In der Phase zwei nach dem Lockdown tritt vieles ein, was Expertinnen und Experten bereits vorhergesehen haben: Gesellschaftliche Ungleichheiten verschärfen sich und steigen an. Dies zeigt sich auch in der Gleichstellung von Frauen und Männern, besonders am Arbeitsmarkt.
„Die Daten weisen klar darauf hin, dass sich die Situation der Frauen am Arbeitsmarkt deutlich verschlechtert hat und das Thema der Vereinbarkeit mehr denn je auf den Schultern von Frauen lastet. Es ist ein Teufelskreis, mit gravierenden Folgen für die Frauen“, so Gleichstellungsrätin Michela Morandini. Für sie hat sich einmal mehr gezeigt, dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Betreuung von Angehörigen nicht ein privates Thema sein können. Das Thema muss in den Maßnahmenpaketen zur Wirtschaft, in Abstimmung mit den Sozialpartnern und den Arbeitgeberverbänden, Niederschlag finden.