KVW Aktuell

Vereinbarkeit von Familie und Beruf - (K)ein Rückschritt

Coronakrise … Jetzt wäre es an der Zeit, Veränderungen zuzulassen – gemeinsam an einem Strang zu ziehen und flexibel zu reagieren.
Es ist augenscheinlich, dass das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch die Coronakrise verschärft wurde. Viele erwerbstätige Frauen stehen daher vor großen Problemen und Herausforderungen. Sind es nicht hauptsächlich die Frauen, die neben ihrem Beruf - ob im Home-Office oder am Arbeitsplatz - einen Großteil des Haushaltes meistern und unerwartet auch mit der Betreuung ihrer Kinder, wegen geschlossener Kindergärten und Schulen, konfrontiert waren?
Diese Krise ist die Chance über innovative Arbeitsmodelle nachzudenken – wesentlich wäre das Überdenken der beruflichen Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann. Grundlegend müssten die gesetzlichen Bestimmungen geändert werden, damit auch Frauen eine Chance bekommen, am Arbeitsmarkt und in der Politik, ihr Wissen und Können einzubringen und umzusetzen.
Die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen führen zu erheblichen langfristigen Problemen, wie etwa zur verstärkten Altersarmut bei Frauen, zur Verhinderung der persönlichen Entfaltung, privat wie auch beruflich.
Bereits im letzten Jahr gaben laut dem Arbeitsinspektorat in Südtirol 847 Frauen ihren Beruf auf, da Arbeit, Kinder und Haushalt nicht mehr zu schultern waren. Können und wollen wir als Gesellschaft auf diese Ressourcen einfach verzichten?
Damit der hart erkämpfte Fortschritt der Gleichberechtigung für die Frauen nicht zu einem (schnellen) Rückschritt wird, muss das Problem zeitnah und mutig in Angriff genommen werden.
In der Phase zwei nach dem Lockdown tritt vieles ein, was Expertinnen und Experten bereits vorhergesehen haben: Gesellschaftliche Ungleichheiten verschärfen sich und steigen an. Dies zeigt sich auch in der Gleichstellung von Frauen und Männern, besonders am Arbeitsmarkt.
„Die Daten weisen klar darauf hin, dass sich die Situation der Frauen am Arbeitsmarkt deutlich verschlechtert hat und das Thema der Vereinbarkeit mehr denn je auf den Schultern von Frauen lastet. Es ist ein Teufelskreis, mit gravierenden Folgen für die Frauen“, so Gleichstellungsrätin Michela Morandini. Für sie hat sich einmal mehr gezeigt, dass Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Betreuung von Angehörigen nicht ein privates Thema sein können. Das Thema muss in den Maßnahmenpaketen zur Wirtschaft, in Abstimmung mit den Sozialpartnern und den Arbeitgeberverbänden, Niederschlag finden.

KVW Aktuell

Von Steuern und Werten

Ein kleiner Coronarückblick
KARL H. BRUNNER
geistlicher Assistent im KVW
Wie schwer mussten Politiker*innen vor Corona oft ringen, um vergleichsweise geringe Geldmittel für berechtigte soziale Anliegen aufzubringen. In unserem Land wird vieles bezahlt und dadurch ermöglicht und das ist gut so! Die Coronazeit hat einiges auf den Kopf gestellt. Die Gesundheit war plötzlich der oberste Wert und diesem wurde alles geopfert. Das ist beachtlich, wenn man bedenkt, welche Konsequenzen etwa der Verkehr auf der Brennerachse jahrein, jahraus für die Gesundheit der Anwohner*innen hat und wie hoffnungslos jegliche Initiative dagegen zu sein schien. Gar einige Personen, die sich gegen die Einmischung der Politik in das Wirtschaftsleben verwehrt haben, weil ja angeblich der Markt alles selber regelt, verlangten plötzlich lautstark, dass es der Staat sei, der jetzt die Unternehmen retten müsse: „Wir brauchen Steuergelder und zwar schnell und unkompliziert!“, hallte es in den Hallen der Macht in den diversen europäischen Staaten und der Ruf wurde erhört: Milliardenbeträge sind bereits ausgezahlt worden und es werden noch weitere folgen. Langsam kommt wieder so etwas wie Alltag auf und kaum ist das so, vernehmen wir wieder die alte Forderung: „Wir brauchen Steuersenkungen!“ Zugegeben, es gibt hier keine einfachen Lösungen. In den letzten Monaten sind jedoch einige Dinge überdeutlich geworden: Wir haben beispielsweise gelernt, dass es politisch oft um Güterabwägung geht. Daher können wir an der politischen Handlung und Unterlassung ablesen, welcher Wert gerade Priorität hat. Damit sich also für die Zukunft etwas ändert, braucht es zuerst eine Wertediskussion. Andererseits hat der Staat in der Krisenzeit und darüber hinaus eine wichtige Funktion. Um sie wahrnehmen zu können, braucht er Steuermittel. Zu einem solidarischen Gemeinwesen gehört dann aber auch, dass jede*r nach den eigenen Möglichkeiten jene Kassen befüllt, deren Mittel dann wieder lautstark eingefordert werden können.
TEXT: Karl H. Brunner