Kommentar

Übergang von der Schule zur Arbeit

Besondere Herausforderung für Menschen mit Beeinträchtigung
Walter Obwexer, Präsident des Dachverbandes für Soziales und Gesundheit (l.) und Max Silbernagl
Menschen mit Beeinträchtigung bräuchten schon während der Berufs- oder Oberschule eine Vorbereitung auf die Arbeitswelt. Während das Recht auf Schule und Ausbildung gewährt ist, zeigen sich beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt Schwierigkeiten und Probleme. Die Suchenden brauchen individuell abgestimmte Unterstützung.
M. ist Frontmann einer Punk-Rock-Band. Er singt und schreibt eigene Texte zu selbstkomponierten Songs. Als er hört, dass auch meine Tochter in München in einer punkaffinen Rockband singt, nimmt er Kontakt auf. Er denkt an ein kleines Festival in seinem Dorf. M. ist Netzwerker und Organisator, die treibende Kraft seiner Band. Im vorigen Jahr, vor der Covid19-Krise, hat sich M. auch literarisch auf neues Terrain gewagt. Mit seinem neuen Buch „Gedankenhochsprung“ lud er zu Lesungen ein. Die Resonanz war groß. Die Säle vollgefüllt. Normalerweise verwendet man kein Kürzel, wenn man wie im Fall von M. kurz biografische Informationen zusammenfasst. Aber M. ist Rollstuhlfahrer und so hat man es wie in diesem Artikel, wo es um Arbeitsinklusion geht, gleich mit den Privacy-Bestimmungen zu tun. Der Gesetzgeber schützt richtigerweise sensible Daten und dass M. Rollstuhlfahrer und auf kontinuierliche Unterstützung bei der Verrichtung alltäglicher Dinge angewiesen ist, ist so eine sensible Information. Dabei ist die Tatsache, dass M. körperlich beeinträchtigt ist, sowieso nicht zu verbergen. Das ist bei der Arbeitssuche natürlich ein ständiges Thema. M. sagt in einem Interview, dass es für Menschen mit Beeinträchtigungen schon in den letzten Jahren der Oberschule bzw. der Berufsschule eine gezielte Vorbereitung auf die Arbeitswelt bräuchte. Der Arbeitsservice und die Arbeitsplatzbegleitung der Sozialsprengel müssten sehr viele Personen betreuen, sagt er weiter. Dabei bleibt in vielen Fällen nicht genügend Zeit für eine individuell abgestimmte Unterstützung.
Vorbereitung auf die Arbeit
Das Landesgesetz Nr. 7 aus dem Jahr 2015 über Teilhabe und Inklusion ordnete die Bestimmungen zur Arbeitsinklusion neu. Eigentlich ist alles im Sinn von M.‘s Anliegen gut geregelt. Die Schule gestaltet in den letzten Jahren mit personenzentrierten Instrumenten wie beispielsweise der persönlichen Zukunftsplanung die Vorbereitung auf die Arbeitswelt. Dann übernimmt bei einer Rest­arbeitsfähigkeit oder einer potentiellen Arbeitsfähigkeit der Arbeitsservice im Rahmen von Arbeitsinklusionsprojekten oder der Sozialsprengel im Falle einer nicht vorhandenen Arbeitsfähigkeit im Rahmen von Arbeitsbeschäftigungsprojekten die Begleitung. Was auf dem Papier gut durchdacht klingt, wird in der Praxis nicht immer lückenlos umgesetzt, manchmal bei weitem nicht. Es wird den Sozialverbänden immer wieder rückgemeldet, dass sich einige Schulen sehr um einen guten Übergang in die Berufswelt bemühen, in anderen passiert bis heute eindeutig zu wenig. Zu oft gelingt der Übergang Schule-Beruf nicht. Schlimm ist es für jene jungen Menschen, die nach Abschluss der Schule auf ein Arbeitsprojekt viel zu lange warten müssen. Immer wieder sind es dabei viele Monate, in denen Menschen mit Beeinträchtigungen Fähigkeiten, die sie in der Schule erlernt haben, aus aufgezwungener Untätigkeit wieder verlernen. Das Referat Inklusion der deutschen Bildungsdirektion hat seit diesem Herbst ein Projekt zusammen mit dem Netzwerk Persönliche Zukunftsplanung und der Lebenshilfe geplant, um den Vorgaben des Gesetzes und den dazugehörigen Durchführungsbestimmungen besser Rechnung zu tragen. Leider hat die Covid19-Krise wie so vieles auch dieses Projekt vorerst ausgebremst. Auch der Arbeitsservice und die Arbeitsplatzbegleitung brauchen eindeutig mehr Ressourcen.
Wirtschaft, Gemeinden und Private sind gefragt
Auf europäischer Ebene gibt es das Konzept des „Supported Employement“, zu Deutsch „Unterstützte Beschäftigung“. Die Unterstützte Beschäftigung sieht im Rahmen eines Werkzeugkoffers verschiedene Instrumente vor, die in der Praxis Erfolg versprechen. Es geht um berufliche Orientierung, Erstellung eines Berufsprofils, um eine gezielte Arbeitsplatzsuche, Kontakte mit Arbeitgeber*innen und um betriebliche und außerbetriebliche Unterstützung. Einige dieser Instrumente werden vom Arbeitsservice bzw. im Rahmen von Beschäftigungsprojekten angewandt. Es bräuchte jedoch eine gezielte Weiterentwicklung des Bereiches. Es fehlen dabei aber nicht nur finanzielle und personelle Ressourcen, sondern vor allem eine politisch unterstütze kontinuierliche fachliche Diskussion unter Einbindung eines breiten Netzwerkes. Um Arbeitsinklusion umzusetzen braucht es einerseits die gesetzlichen Grundlagen, zu denen neben dem genannten Landesgesetz vor allem das Staatsgesetz Nr. 68 aus dem Jahr 1999 gehört, es braucht dann aber viel breitere Kooperationen und Allianzen beispielsweise mit der Wirtschaft, den Gemeinden und dem privaten Sozialwesen, die man systematisch aufbauen und pflegen müsste.
Besondere Situation aufzeigen
Inzwischen hat M. ein Arbeitspraktikum im Empfangssekretariat der Lebenshilfe beendet. Im Rahmen des Praktikums war M. auch als Botschafter und Experte in eigener Sache unterwegs. In Schulklassen referierte er über die besondere Situation von Menschen mit Beeinträchtigungen im Allgemeinen, im Monitoringausschuss des Landtages vertrat er die Interessen von Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Dabei wurde ihm klar, wohin sein beruflicher Weg geht. Er strebt eine Professorenlaufbahn an, denn er hat jetzt schon einiges zu sagen. M. hat sich deshalb an der Universität Innsbruck inskribiert. Wir werden auf jeden Fall weiterhin von ihm hören, seinen Namen sollte man sich jedenfalls schon einmal merken: Max Silbernagl.
Geschrieben von Wolfgang Obwexer, gegengelesen und mit seinem „ok“ versehen: Max Silbernagl
TEXT: Walter Obwexer

Sozialfürsorge

Landeskindergeld: neue Frist

Familien haben mehr Zeit um die Anträge zu verlängern
Die Ansuchen um die Verlängerung des Landeskindergelds fürs Jahr 2021 können bis 30. April eingereicht werden.
Aufgrund der außerordentlichen Umstände ist die Fälligkeit der Verlängerung des Landeskindergeldes (ehemals regionales Kindergeld) für das Jahr 2021 vom 31. Dezember 2020 auf 30. April 2021 verschoben worden. Die neue Frist betrifft ausschließlich Gesuche der Erneuerung des Landeskindergeld für das Jahr 2021.
Ausbezahlt wird das Landeskindergeld an Familien mit
einem Kind unter sieben Jahren oder
mindestens zwei minderjährigen Kinder oder
einem behinderten Kind mit anerkannter Zivilinvalidität von mindestens 74 Prozent unabhängig vom Alter oder
zwei Kindern, die auf dem Familienbogen des Antragstellers aufscheinen, davon ein minderjähriges Kind.
Voraussetzung Wohnsitz
Der Antragsteller muss einen ununterbrochenen Wohnsitz von mindestens fünf Jahren in der Provinz Bozen vorweisen beziehungsweise einen historischen Wohnsitz von mindestens 15 Jahren, davon mindestens ein Jahr ununterbrochen vor Einreichung des Gesuches. Liegt ein Wohnsitz von weniger als fünf Jahren vor aber ein andauernder Aufenthalt seit mindestens fünf Jahren in Südtirol, besteht gegebenenfalls auch Anrecht auf Landeskindergeld. Der ununterbrochene Aufenthalt kann durch einen Arbeitsvertrag, Mietvertrag, Schulbesuch der Kinder usw. bewiesen werden.
Wenn die antragstellende Person diese Voraussetzung nicht erfüllt, muss diese der Ehepartner besitzen.
Voraussetzung Zusammensetzung der Familie
Die Kinder müssen mit der antragstellenden Person zusammenleben. Dies muss aus dem Familienbogen hervorgehen. Ausnahmen gelten bei anvertrauten Kindern.
Den minderjährigen Kindern gleichgestellt sind folgende Personen:
die volljährigen Kinder, falls eine Zivilinvalidität von mehr als 74 Prozent anerkannt wurde;
die minderjährigen Enkelkinder oder die volljährigen Enkelkinder, falls es sich um anerkannte Zivilinvaliden von mehr als 74 Prozent handelt;
die minderjährigen Geschwister, Nichten und Neffen, die Vollwaisen sind;
die Geschwister, Nichten und Neffen, falls es sich um anerkannte Zivilinvaliden von mehr als 74 Prozent handelt;
die vom Gericht oder mit Verwaltungsmaßnahme auf Vollzeit zur Betreuung überlassenen minderjährigen Kinder, auch wenn sie nicht auf dem Familienbogen der antragstellenden Person aufscheinen, die minderjährigen Kinder unter Vormundschaft der antragstellenden Person sowie behinderte Volljährige unter Vormund, Pfleg- oder Sachwalterschaft oder anderem Rechtsschutz der antragstellenden Person.
Damit das Kindergeld auch tatsächlich ausbezahlt wird, dürfen die gesetzlich vorgeschriebenen Einkommens- und Vermögensgrenzen nicht überschritten werden. Die wirtschaftliche Lage der Familiengemeinschaft wird durch die EEVE-Erklärung festgestellt, die in der Steuerabteilung CAF KVW Service kostenlos abgefasst werden kann. Erfasst wird das Einkommen und Vermögen des Kalenderjahres 2019. Das Finanzvermögen ist anzugeben, falls der Betrag von 5.000 Euro überschritten wird. Die ausführliche Checkliste ist im Internet abrufbar www.mycaf.eu
TEXT: Elisabeth Scherlin