Spezial

Gut sehen ist Lebensqualität

Die Augengesundheit fördern und erhalten
Die Augen sind ein sehr leistungsfähiges Organ, ein Großteil der Reize aus der Umwelt werden über die Augen aufgenommen. Die Augen sind vielen Belastungen ausgesetzt: Umwelteinflüsse wie Pollen, UV-Strahlung, zu trockene Luft durch Heizung oder Klimaanlagen und der zunehmend digitale Lebensstil fordern die Augen sehr heraus. Grund genug, sich rechtzeitig um deren Gesundheit zu kümmern.
Die Gesundheit der Augen hat in unserer Gesellschaft einen sehr hohen Stellenwert, beeinflusst sie doch stark unsere Entwicklungsmöglichkeiten im beruflichen und privaten Leben. Gutes Sehen wird oft als selbstverständlich angesehen und tatsächlich gibt es mittlerweile sehr viele Möglichkeiten dies mithilfe ausgefeilter Techniken und Hilfsmittel auch zu erreichen. Die Brille ist eines der wichtigsten optischen Werkzeuge und jenes Utensil, das nach wie vor am meisten Anklang und Verbreitung findet. Der Entwicklung von perfekt den Lebenslagen angepassten Brillengläsern ist es auch zu verdanken, dass darüber meist kein großes Aufheben mehr gemacht wird und gutes Sehen durch Brillen meist als etwas Selbstverständliches angesehen wird. Die Angebotspalette wird immer vielfältiger und reicht von der normalen Lesebrille, der Gleitsichtbrille bis hin zu vergrößernden Sehbehelfen bei Sehbehinderten. Vor allem aber erfordert die Anpassung sowohl vom verschreibenden Arzt als auch vom Optiker ein gewisses Fingerspitzengefühl und Wissen um den hohen Wünschen des Patienten gerecht zu werden.
Kurzsichtigkeit nimmt bei Kindern und Jugendlichen zu
Unabhängig von diesen positiven Entwicklungen erleben wir nun seit über einem Jahr ein Phänomen, das sich auch schon vorher negativ bemerkbar gemacht hat. Unsere Kinder und Jugendlichen werden immer kurzsichtiger. „Homeschooling“ – Schule zu Hause am Computer und noch schlimmer am Smartphone über viele Stunden und Tage in der Woche – haben leider auch schmerzliche Folgen für die Augen. Die forcierte Naharbeit, der sogenannte Akkomodationsreiz, führt über einen längeren Zeitraum zu einem Wachstum des Augapfels und damit zu einer Zunahme der Kurzsichtigkeit. Wer viel am Computer sitzt, leidet oft auch unter Augentränen, Brennen und Juckreiz. Einfache Tricks können diese Probleme schon im Ansatz beheben. So ist es ratsam, den Computerbildschirm nicht zu klein zu wählen und bei der Naharbeit auf gute Lichtverhältnisse zu achten. Erwähnenswert ist auch eine gute Sitzhaltung, da mitunter eine banale Verspannung der Nackenmuskulatur Kopfschmerzen und Migräne hervorrufen kann. Studien haben gezeigt, wie wichtig Pausen während der Naharbeit sind. Kinder müssen einfach wieder raus in die freie Natur. Leider werden die Pausen aktuell noch zu oft am Handy und dort in den social media gemacht und das Spielen im Freien mit Freunden bleibt eine Ausnahme. Was ist aber Kurzsichtigkeit und wieso ist es wichtig über die weiteren Folgen Bescheid zu wissen? Unter Kurzsichtigkeit versteht man eine Fehlsichtigkeit des Auges, bei der das Sehen in der Ferne gestört ist. Der Augapfel ist zu lang und das in das Auge eintreffende Licht wird unscharf auf die Netzhaut abgebildet. Eine optische Korrektur ob mit Brille oder Kontaktlinse kann dieses Problem zwar beheben, dennoch ist die Myopie (Kurzsichtigkeit) – neben dem Lebensalter – einer der Hauptrisikofaktoren für die Ausbildung einer Makuladegeneration, die einen unter Umständen gar erblinden läßt. Entsprechend wichtig wäre es, das Fortschreiten oder gar Auftreten einer Kurzsichtigkeit zu vermeiden. Tatsächlich gibt es bereits eine ganze Reihe von Methoden und Techniken, die erfolgreich eine Zunahme der Myopie im Kindesalter verhindern sollen. Der Einsatz von speziellen Kontaktlinsen, die entweder nachts oder tagsüber getragen werden, konnte laut jüngsten Untersuchungen eine Erfolgsrate von 50 Prozent aufweisen. Vor allem in Asien werden auch spezielle multifokale Brillen erprobt, die einen ähnlichen Effekt wie die Kontaktlinsen haben sollen. Nun gibt es eine neue Therapie, dessen Wirkmechanismus zwar nicht völlig geklärt ist, dessen Effizienz aber schon seit 100 Jahren gesichert ist. Atropin in sehr niedriger Dosierung und eingesetzt unter ganz bestimmten Voraussetzungen kann in bis zu 90 Prozent Erfolg bringen. Diese sehr kontrollierte und komplikationsarme Therapie ist aktuell auf dem Vormarsch und wird fast routinemäßig in Deutschland eingesetzt. Seit über einem Jahr gibt es diese Therapie auch im Krankenhaus Meran; zur Zeit findet eine Auswertung statt, die klären soll ob des Ziel erreicht wurde oder ob zusätzliche Maßnahmen im Einzelfall ergriffen werden sollen.
Auch der Lebensstil beeinflusst die Gesundheit der Augen
Ob die Augen gesund sind oder gesund bleiben, hängt natürlich auch von unserem Lebensstil ab. Alkohol und Tabak sind jene Genussmittel, die bei übermäßigem Konsum natürlich auch Auswirkungen auf die Sehfähigkeit haben können. Es steigt das Risiko für eine Linsentrübung im Sinne eines Grauen Stars. Die toxischen Substanzen im Alkohol und Tabak greifen gezielt die kleinen Gefäße an und bewirken eine Durchblutungsstörung, die auch ein Absterben der Sehnerven und somit eine Erblindung herbeiführen kann. Viel häufiger sind Veränderungen und Abbauprozesse der zentralen Netzhaut und ein schwerer Sehverlust durch eine Makuladegeneration, die nicht selten auch auf übermäßigen Alkohol und Tabakkonsum zurückzuführen ist. Untersuchungen haben gezeigt, dass Raucher einen erhöhten Augeninnendruck haben und das Risiko von Grüner Star-Schäden deutlich erhöht ist.
Bei schönem Wetter denken wir zwar meistens daran, uns mit Sonnencreme oder Sonnenhut vor den toxischen UV-Schäden durch das Sonnenlicht zu schützen, die Augen werden aber gerne vernachlässigt und vergessen. Aber auch die Augen können gerade im Gebirge durch den sehr hohen UV-Anteil geschädigt werden und einen Art Sonnenbrand bekommen. Man nennt dies „Verblitzung“. Diese sehr schmerzhafte kurzzeitige Erkrankung erklärt sich durch unzählige kleine Verletzungen der extrem sensiblen Hornhautaußenfläche. Je nach Ausprägungsgrad leidet der Patient unter mehr oder weniger starken Schmerzen und auch das Sehen ist arg beeinträchtigt. Das Phänomen wird auch als Schneeblindheit bezeichnet, wenn durch die Reflexion der UV-Strahlen durch den Schnee besonders viel toxisches Sonnenlicht auf die ungeschützten Augen trifft und diese verletzt. Die Schmerzen treten gerne abends auf und sind nur mit starken Schmerzmitteln erträglich.
Eine ausgewogene Ernährung ist auch wichtig für die Augengesundheit. Viele frische Produkte wie Gemüse und Früchte sind empfehlenswert um auch Allgemeinerkrankungen wie Diabetes mellitus, Fettleibigkeit und Bluthochdruck vorzubeugen. Ganz bestimmte Vitamine wie Vitamin C und Vitamin A senken das Risiko für Grauen Star. Omega-3 Fettsäuren sind entzündungshemmend und helfen beim trockenen Auge. Lutein und Zeaxanthin sind wichtig für die Netzhaut und wir finden sie vor allem im grünen Gemüse. Nahrungsergänzungsmittel können auch hier sinnvoll sein, sind aber bei einer gesunden oder ausgewogenen Ernährung nicht unbedingt notwendig.
Die Hygiene der Augen ist sehr wichtig. Gerade Kontaktlinsenträger sollten sich die Hände gründlich waschen bevor man sich an die Augen fasst oder reibt. Wer die Augen schminkt, sollte allergiegetestete und konservierungsmittelfreie Kosmetika wählen. Auch Augencremes können den Tränenfilm aus dem Gleichgewicht bringen oder Allergien auslösen. Bei denen gilt das gleiche wie bei Kosmetikprodukten.
An die Augengesundheit denkt man leider erst, wenn erste Probleme auftreten. Mit wenigen einfachen Tricks, etwas Glück und einer guten Genetik hat man doch gute Chancen, bis ins hohe Lebensalter gut zu sehen und damit ein qualitativ hochwertiges Leben zu führen.
TEXT: Andreas Pichler

Thema

Nach der Pandemie kommt eine neue soziale Frage

Die Umwälzungen in der Arbeitswelt wie Digitalisierung und Robotisierung haben sich durch das Virus beschleunigt. Dadurch ändert sich auch die Sozialgestalt der Gesellschaft, es gibt Verliererinnen und Verlierer. Eine neue soziale Frage stellt sich.
Die „verlorene Generation“: Kinder und Jugendliche gehören zu den Pandemie-verlierenden
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am 26.10.2020 in ihrem Podcast, dass nach der Pandemie auf die Gesellschaft eine neue soziale Frage zukommt. Zunächst aber ein Blick zurück zur alten sozialen Frage.
Die alte soziale Frage
Der Begriff „Soziale Frage“ steht für einen bruchartigen Umbau einer Gesellschaft in geistiger, technologischer, sozialer und politischer Hinsicht. Ein solcher Umbruch ereignete sich am Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Menschheit hatte gelernt, die Natur nicht mehr nur zu erleiden, sondern zu gestalten. Ein technologischer Aufschwung fand statt. 1769 hatte James Watt die Dampfmaschine für die Produktion einsetzbar gemacht. Das neue Produktionsmittel hat die Produktionsweise dramatisch verändert. Nunmehr fertigte ein Tischler nicht mehr einen ganzen Stuhl in einem einzigen Vorgang. Vielmehr wurde die Herstellung von Gütern in kleine Arbeitsschritte zerlegt. Nicht mehr Werkzeuge kamen zum Einsatz, sondern Maschinen. Damit löste sich die alte ständische Gesellschaftsordnung auf. Handwerker, aber auch Mägde und Knechte in der Landwirtschaft verloren ihre Arbeit. Landflucht setzte ein. Immer mehr zogen zu den Fabriken, die rund um die rasch wachsenden Städte gebaut wurden. Aus der ständischen Gesellschaft wurde unter starken sozialen Wehen die Klassengesellschaft. Mit dem sozialen Stand verloren die Menschen ihre Rechte und ihren Schutz. Viele wurden Teil des ausgebeuteten Industrieproletariats und lebten mit ihren Familien im Elend. Der christliche Sozialdenker Carl Freiherr von Vogelsang beschrieb deren miese Lage in der Zeitschrift „Vaterland“.
Es fanden sich auch alsbald „Lösungsvorschläge“: Die Arbeiter organisierten sich, angeleitet durch Karl Marx und sein kommunistisches Manifest (1848). Aber auch wache Christen nahmen sich der Verelendeten an und suchten nach Abhilfe: Christliche Ansätze dazu gab es schon vor Karl Marx. 1891 schrieb Leo XIII. seine bahnbrechende Enzyklika „Rerum novarum“ (frei übersetzt „Die neuen Verhältnisse“). Wir feiern gerade das 130-Jahre-Jubiläum. Es gab auch einsichtige „liberale“ Unternehmer, die aus freien Stücken für die Arbeitenden „aus wohlverstandenem Selbstinteresse“ bessere Bedingungen geschaffen haben. Sie wussten, dass gesunde Kühe mehr Milch geben, gesunde Arbeiter mehr leisten. Diese Ideen vertreten heute nach wie vor die Neoliberalen. Aber auch ihnen gilt die historische Erfahrung, die der französische Dominikaner Jean Baptist Lacordaire (1802 - 1861) in einer Predigt in der Kathedrale Notre Dame in Paris mit Blick auf die Frühindustrialisierung in England so formuliert hatte: „Man muss der Freiheit immer Gerechtigkeit abringen!“
Der soziale Kampf war erfolgreich, wenngleich er in blutigen Revolutionen viel Leid gebracht und Jahrzehnte gedauert hat. Das Ergebnis kann sich bis heute sehen lassen: Es ist der europäische Sozialstaat, durch den die großen Risiken moderner Gesellschaften wie Krankheit, Arbeitslosigkeit, Altersversorgung abgesichert sind.
Neue soziale Frage
Nun kommt eine neue soziale Frage auf uns zu. Wieder ist es die Technik, welche sie anstößt – nach der Industrialisierung die Informatisierung. Sie geht einher mit der Roboterisierung, Digitalisierung und zudem Globalisierung. Von Robotern, für die keine Sozialversicherung bezahlt werden muss, wird den Menschen Arbeit ab-, damit aber auch weggenommen. Natürlich schafft dieser Vorgang auch neue Arbeitsplätze. Für diese werden aber andere Qualifikationen benötigt. Es wird viel Umlernen bei jenen brauchen, welche in der bisherigen Gesellschaft ihren Arbeitsplatz verlieren. Das wird das gesellschaftliche Gefüge verändern. Die Industriearbeiterschaft wird schrumpfen. Dienstleistungsberufe (wie Pflege) und Berufe für Hochqualifizierte im IT-Bereich werden zunehmen. Dieser Umbau wird, so vermuten Fachleute, neuerlich Generationen lang brauchen. In der Zeit des sozialen Umbaus werden viele an den Rand der Armutsgrenze gelangen. Die Maschinenbesitzer werden gewinnen, ohne dafür wie bisher Menschen anstellen und bezahlen zu müssen.
Diese Entwicklung zur Digitalisierung wurde nun in der Zeit der Pandemie beschleunigt. Um die Kontakte zu verringern, wurde Homeoffice eingeführt. Die Bildung wurde auf Homeschooling umgestellt. Und nach dem Schließen der Kirchen haben viele mit „Home-Service“, virtuellen Gottesdiensten und anderen pastoralen Formaten im Netz begonnen. Manche meinen, das sei ein Übergangsphänomen, weil z.B. ein Gottesdienst vom analogen Zusammenkommen lebt und weil schulische Bildung auf die Klassengemeinschaft und den Schulhof samt Schulweg nicht verzichten kann.
Pandemieverlierende
Diese beschleunigte Digitalisierung wird enorme sozialen Folgen zeitigen. Zwar haben von dieser mühsamen Zeit auch manche gewonnen. Es gab Pandemie-Gewinner: den Onlinehandel, die Post, den Lebensmittelhandel, die Hersteller von Impfstoffen. Aber es gab zugleich eine große Zahl von Pandemieverlierenden. Zu diesen zählen in meiner Studie:
Die Eltern, die vom Homeschooling überfordert waren (nur ein Viertel der Befragten meint, sie seien gut damit zurechtgekommen);
Zu den Verlierenden gehören auch Familien, in denen in der Pandemie häusliche Gewalt zugenommen hat;
Besonders verloren haben Alleinerziehende, Väter und weitaus mehr Mütter: sie mussten lange ohne Entlastung Beruf und Familie unter erschwerten Bedingungen unter einen Hut bringen;
Zu den Verlierenden zählt die junge Generation, die inzwischen eine „verlorene Generation“ genannt wird. Ihr wurde zugunsten der Älteren viel an Solidarität abverlangt. Sie zahlte aber einen hohen Preis: Denn das Homeschooling hat nicht nur Bildungsdefizite hinterlassen, sondern auch verwundete Seelen bei Kindern und Jugendlichen;
Zu den Pandemieopfern zählen nicht zuletzt die Vergessenen: auf der einen Seite die Migrantinnen und Migranten, auf der anderen Seite der Klimawandel. Es ist erfreulich, dass in der Klimafrage dank eines einsichtigen neuen amerikanischen Präsidenten die Welt bei allen politischen Unterschieden zusammenrückt und sich dem Klimawandel gemeinsam stellt. Es ist das eine Welthaus, das bewohnbar bleiben muss, und zwar auch und gerade für die kommenden Generationen, von denen wir die Erde nur geliehen haben.
Geforderte Kirchen
Ob die Kirchen und ihre sozialen Einrichtungen sowie jene, die für die sozialen Lehren verantwortlich sind, sich rechtzeitig dieser neuen sozialen Frage stellen? Haben wir engagierte Pfarrgemeinden, welche in ihrem Pastoralraum jene Menschen aufspüren, die in ihrer nicht selbst verschuldeten Armut verschämt unter ihnen leben? Unterstützen die Kirchen eine Politik, welche gleichzeitig Armut und Klima, Ökonomie und Ökologie in den Blick nimmt? Treffen kirchliche Organisationen, wie die Katholische Aktion, eine Option für die „neuen Armen“, die Digitalisierungs- und Pandemieverlierenden?
Papst Franziskus gehört zur Vorhut. Er legt den Finger in die vielen heute schwelenden Wunden: die Wunden der Natur, die Wunden der Ungerechtigkeit, die Wunden, denen ein unsolidarischer Reichtum den Reichen selbst zufügt und ihre Seelen letztlich arm macht. Es braucht auch in der Zeit der schon angebrochenen neuen soziale Frage rasche Hilfe für die Opfer, aber auch einen ökosozialen Einsatz, damit es morgen weniger Opfer zu beklagen gibt. Es ist dann wohl zu wenig, nur rasch die Wirtschaft hochzufahren, um Arbeitsplätze zu sichern. Besser wird es sein, die Wirtschaft, den Tourismus, die Kleinbetriebe und den Handel nachhaltig so zu fördern, dass es zugleich die Mitwelt und das Klima verschont und den Armen der Welt Hoffnung macht. Das alles ist möglich. Auch wir Christinnen und Christen können dazu beitragen, indem wir solidarisch helfen und zugleich eine solidarische Politik in allen Bereichen der Gesellschaft entwickeln und unterstützen.
Mehr dazu in: Zulehner, Paul M.: Bange Zuversicht. Was die Menschen in der Corona-Krise bewegt, Ostfildern 2021.
TEXT: Paul M. Zulehner