Nachhaltige Mobilität

Nachhaltige Mobilität in Südtirol

Wichtige Bausteine: Raumplanung, öffentlicher Nahverkehr, Fuß-, Rad- und Elektromobilität
Bus und Bahn sind das Rückgrat der nachhaltigen Mobilität, aber auch das Fahrrad und die eigenen Beine. - FOTO: STA
Wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht, so muss in Südtirol in erster Linie über den Bereich Mobilität gesprochen werden, denn dieser macht bei uns über die Hälfte aller CO2-Emissionen aus. Südtirol hat sich diesbezüglich hohe Ziele gesetzt und will zu einer Modellregion im Bereich der nachhaltigen alpinen Mobilität werden.
Harald Reiterer,
Koordinator Green Mobility der Südtiroler Transportstrukturen
FOTO: Manuela Tessaro
Verkehr vermeiden und verlagern
„Der schnellste Weg hin zu einer nachhaltigen Mobilität führt über die Verkehrsvermeidung. Das bedeutet, dass unnötiger Verkehr gar nicht erst entsteht“, sagt Harald Reiterer, Leiter des Bereiches Green Mobility in der STA – Südtiroler Transportstrukturen AG. Das ist beispielsweise dann gegeben, wenn es kurze Wege in den Supermarkt im Ortszentrum oder zum Kindergarten gibt oder Zersiedelung vermieden wird. „Ganz nebenbei werden regionale Wirtschaftskreisläufe gestärkt und die Nahversorgung in den ländlichen Gemeinden gesichert“, so Reiterer. Zu den Maßnahmen, um Verkehr zu vermeiden, zählen außerdem die Aufwertung und Sanierung von Ortszentren, das Leerstandsmanagement und die Wiedernutzung von Flächen bzw. die Schaffung verkehrsberuhigter Plätze und Fußgängerzonen mit hoher Aufenthaltsqualität. Und nicht zuletzt hat die Corona-Pandemie gezeigt, dass Homeoffice in bestimmten Bereichen prinzipiell gut funktionieren kann und der Weg zum Büro, ins Unternehmen oder in den Betrieb häufig vermieden werden kann.
Natürlich ist es nicht immer möglich, Verkehr zu vermeiden und alle Wege zu Fuß zurückzulegen. In diesem Fall muss man sich fragen, wie Mobilität so umweltfreundlich wie möglich gestalten werden könnte. Die Alternativen sind vielfältig und reichen von der Radmobilität bis hin zu den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Öffentliche Mobilität
„In Südtirol haben wir in den letzten Jahren mit dem Südtirol Pass, dem Südtirol Takt und den Mobilcards für Urlaubsgäste einen großen Schritt nach vorne gemacht. Gerade im Bahnbereich sorgen moderne Zuggarnituren für mehr Komfort und Attraktivität“, erläutert Harald Reiterer. In diesem Bereich seien außerdem strategische Ausbauprojekte geplant, etwa die Riggertalschleife oder der zweigleisige Ausbau der Meraner Linie, die der öffentlichen Mobilität einen zusätzlichen kräftigen Schub verleihen sollen. Auch im Bereich der Fahrgastinformation soll der bereits beschrittene Weg der Digitalisierung weitergegangen werden. So stehen mit der Webseite www.suedtirolmobil.info bzw. der südtirolmobil-App zwei Möglichkeiten zu Verfügung, damit sich Fahrgäste präzise über Fahrpläne und teilweise mit Echtzeitdaten für viele Verkehrsmittel informieren können.
Radmobilität
An Bedeutung zugenommen hat in den letzten Jahren in Südtirol auch das Fahrradfahren, gerade in der alltäglichen Nutzung. Damit ist Radfahren heute so beliebt wie nie zuvor. „Der Drahtesel produziert weder Lärm noch Abgase, vermeidet Stau und macht auch noch Spaß. Südtirol hat bereits in der Vergangenheit in die Fahrradinfrastruktur investiert, ein gutes Radwegenetz aufgebaut und in Zusammenarbeit mit Privaten ein Radverleihsystem entlang der Bahnlinie etabliert“, sagt Harald Reiterer. Jetzt gehe es vor allem darum, das Fahrrad für Alltagswege zu etablieren. „Für die Fahrt zur Arbeit oder etwa für alltägliche Einkäufe kann man sehr häufig das Fahrrad verwenden. Zudem können E-Bikes dabei helfen, Steigungen oder auch etwas längere Strecken von zehn bis 15 Kilometern ohne Probleme zu bewältigen.“ Deshalb stünde nun mit der Verabschiedung eines eigenen Radmobilitätsplans ein weiterer Meilenstein an, denn damit soll die Radnutzung im Alltag gefördert werden. Zum Radmobilitätsplan gehört eine eigene Maßnahmenliste in sechs Handlungsfeldern, mit welcher der Anteil des Radverkehrs bis 2030 auf 20 Prozent aller zurückgelegten Wege gesteigert werden soll.
Verkehr verbessern: Elektromobilität
Der Trend in Richtung E-Mobilität zeigt ganz klar nach oben und macht jenen Verkehr, der nicht vermieden oder verlagert werden kann, zumindest verträglicher. „Vor allem Private entscheiden sich beim Autokauf immer häufiger für einen Elektroantrieb. 12,4 Prozent der von Privaten in Südtirol neu zugelassenen Pkw im Jahr 2021 waren bereits E-Autos“, weiß Harald Reiterer. Das freue vor allem die Umwelt, fahren E-Fahrzeuge doch ohne Lärm- und Abgasbelastung, aber mindestens genauso komfortabel, agil und spurtstark wie Benzin- und Dieselautos. „Außerdem verbrauchen E-Fahrzeuge weniger Energie, die Wartungs- sowie Versicherungskosten sind geringer und es fällt fünf Jahre lang keine Autosteuer an.
Bezahlbar, nachhaltig und klimafreundlich soll die Mobilität zukünftig sein. - FOTO: STA
Damit können die Anschaffungskosten – je nachdem, wie lange und intensiv das Fahrzeug genutzt wird – durch niedrigere Betriebskosten amortisiert werden“. Damit die E-Autos auch rechtzeitig wieder mit Strom oder Wasserstoff versorgt werden können, wird derzeit der Ausbau der Ladeinfrastruktur in Südtirol zügig vorangetrieben. Einen Überblick über die meisten öffentlich zugänglichen Ladestationen verschafft die interaktive Karte auf der Webseite www.greenmobility.bz.it/green-mobility/ladesaeulen/.
Nachhaltige Mobilität: sei dabei!
Die Maßnahmen hin zu einer nachhaltigen Mobilität in Südtirol sind also vielfältig. Damit das Ziel erreicht werden kann, sind wir jedoch alle gefordert. Wer mehr über die nachhaltige Mobilität in Südtirol wissen will, kann auf die Webseite www.greenmobility.bz.it klicken oder noch besser bei einer der Green-Mobility-Initiativen, etwa der Aktion „Südtirol radelt“, mitmachen. Denn wer sich auf dem Weg zur Arbeit oder in der Freizeit auf das Fahrrad setzt, bewegt sich nicht nur umweltbewusst und gesund, sondern hat auch die Chance, tolle Preise zu gewinnen. Alle Informationen dazu unter www.suedtirolradelt.bz.it.
TEXT: Harald Reiterer

Thema

Zukunft gemeinsam entwickeln

Im Spannungsfeld zwischen Sozialpolitik und Urbanistik
Dieser öffentliche Raum bietet Platz für Begegnungen.
Das Gemeindeentwicklungsprogramm für Raum und Landschaft ist ein durch das Landesgesetz Raum und Landschaft eingeführtes Planungsinstrument, in dem für die Dorf- und Stadtgemeinschaft wichtige Ziele und Maßnahmen festgelegt werden sollen.
Raphael Palla,
Amt für Gemeindeplanung der Landesverwaltung, berät und begleitet Gemeinden
in der Ausarbeitung von Raumplanungsinstrumenten
Dabei geht es beispielsweise um:
die Sicherstellung der Nahversorgung, die flächendeckende Verfügbarkeit und idealerweise fußläufige Erreichbarkeit öffentlicher Dienste und wichtiger Treffpunkte,
die Aufwertung des öffentlichen Raums, um Orte der Begegnung zu schaffen,
die Aufwertung und Wiederbelebung der bestehenden Bausubstanz und der Siedlungsqualität, die effiziente Nutzung bereits erschlossener Flächen und die Förderung einer kompakten Siedlungsstruktur zur Vermeidung langer Wege und zur Einschränkung des Bodenverbrauchs,
die Deckung des Mobilitäts- und Kommunikationsbedarfs der Gemeinschaft mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Rad- und Fußwegenetzen oder digitalen Diensten.
Raumplanung für alle
Diese vorwiegend sozialen Themen betreffen die gesamte Dorf- bzw. Stadtgemeinschaft und beeinflussen langfristig den Alltag und die Lebensqualität. Es geht nicht um technische Parameter – es geht um die Diskussion und um die Gestaltung von öffentlichem Raum: Wege, Plätze, essen­zielle Dienstleistungen, Grünflächen usw.
Jede Siedlung lebt von den Menschen, die sie bewohnen, die dort arbeiten, einkaufen, zur Schule gehen, ihre Freizeittätigkeiten ausüben und sie besuchen kommen. Diese verschiedenen Funktionen und Treffpunkte zu erhalten und zukunftsfähig zu entwickeln ist essenziell. Neue Formen des Wohnens und des Arbeitens brauchen flexible Lösungen. Die jungen Generationen sind besonders gefragt mitzumachen!
Es ist deshalb im Interesse aller Bürger:innen, an diesem gemeinschaftlichen Projekt teilzunehmen und es mitzugestalten. Gleichzeitig muss es im Interesse jeder Gemeindeverwaltung sein, die Bedürfnisse der verschiedenen Bevölkerungsgruppen – Kinder, Jugend, Senioren – zu berücksichtigen und diese miteinzubinden.
Wie kann man mitmachen?
Das Landesgesetz Raum und Landschaft sieht die Teilnahme der Bevölkerung an der Ausarbeitung des Gemeindeentwicklungsprogramms im Art. 51, Abs. 2 explizit vor: „Die Gemeinden erarbeiten das Gemeindeentwicklungsprogramm im Rahmen eines öffentlichen Verfahrens, das die Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen, der Verbände und der Interessensgruppen gewährleistet.“
Die Form ist offengelassen. Es reicht nicht, die Bürger:innen in ein paar Bürgerversammlungen zu „informieren“. Partizipation geht über die Information hinaus.
Zuerst sollte die Gemeinde den Beginn der Ausarbeitung des Programms ankündigen, sodass die Gemeinschaft Bescheid weiß. Weiters ist im ersten einleitenden Gemeinderatsbeschluss die sogenannte Steuerungsgruppe zu definieren. Sie begleitet die Ausarbeitung des Programmes und könnte aus einer repräsentativen Menschengruppe des Ortes zusammengesetzt sein. Zusätzlich wird neben den Hauptzielen angegeben, dass das Programm in einem partizipativen Prozess ausgearbeitet wird.
Wer kann und soll mitmachen?
Bürger:innen, Verbände, Institutionen und Interessensgruppen können sich an die Mitglieder der Steuerungsgruppe wenden, um ihre Mitarbeit anzubieten. Falls sie schon konkrete Vorstellungen haben, umso besser!
Partizipative Prozesse können verschiedenste Formen haben: von Schul- oder Vereinsprojekten mit Kindern und Jugendlichen bis hin zu einer Webseite, von themenbezogenen Arbeitsgruppen bis zu Dorfbegehungen oder -befahrungen, von Workshops bis zu World Cafés ...
Wichtig ist, dass durch die Teilnahme die Erfahrung, die Bedürfnisse und das lokale Wissen der Betroffenen in die Arbeit einfließen, um die Qualität des Ergebnisses zu erhöhen.
Deshalb scheut euch nicht und macht mit!
TEXT: Raphael Palla