Editorial

Liebe Leserinnen, lieber Leser!

Werner Atz




Wenn Sie diese Zeilen lesen, schreiben wir schon das Jahr 2023. Was es wohl bringen wird? Eines ist sicher, ein weiter wie bisher wird es nicht geben. Vor Kurzem hat die Gesellschaft für deutsche Sprache das Wort für das Jahr 2022 „Zeitenwende“ bekanntgegeben. Alljährlich werden dabei Begriffe ausgewählt die in diesem Jahr das gesellschaftliche und politische Leben besonders geprägt haben. „Zeitenwende“ wurde im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine benutzt. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat es mehrfach verwendet und darauf hingewiesen, dass unsere Nachkriegsordnung dadurch in ihren Grundfesten erschüttert worden ist und die lange Phase des Friedens in Europa jäh beendet wurde.

Umso wichtiger ist es, dass jeder und jede von uns auch in unserem Umfeld Zeichen setzt. Wer einen sozialen Beruf wählt und damit für andere da ist, zeigt jeden Tag als Altenhelferin, als Sozialbetreuerin, als Kinderbetreuerin… wie wertvoll es ist für andere da zu sein und wie viel man eigentlich von den Betreuten zurückbekommt. Stellvertretend für viele andere haben wir für diese Ausgabe
2 engagierte Frauen interviewt, die uns einen kleinen Einblick in ihren beruflichen Alltag gewähren. Im Kommentar hingegen erklärt uns die Gleichstellungsrätin Michela Morandini was Mobbing am Arbeitsplatz bedeutet. Im Sonderthema greifen wir hingegen ein anderes wichtiges Thema auf, wo Südtirol mit der Aufklärung hinterherhinkt: sexueller Missbrauch. Wir haben die Autorin ­Veronika Oberbichler interviewt um mehr über kürzlich erschienene Buch „Wir brechen das Schweigen“ zur erfahren. Ich wünschen Ihnen und Ihrer Familie, Freunden und Bekannten gute neue Zeiten im Jahr 2023!

Alles Gute, bleiben Sie gesund und blicken sie trotz äußerer widriger Umstände hoffnungsvoll in dieses neue Jahr!

Herzlich Ihr
Werner Atz


Thema

Sozialberufe

Beruf und Berufung in einem
Tanja Untermazoner und ­Betreuerin Christine Ramoser. Foto: Edith Vitroler
Sie sind sehr wichtig und werden auch dringend gesucht. Warum nur sind die Ausbildungswege so lang, die Bezahlung zu niedrig und die Anerkennung nicht immer gegeben? Wer sich trotzdem für einen Beruf in der Pflege von Senioren und Kindern, im Krankenhaus,… entscheidet macht dies meist aufgrund anderer Beweggründe.
Werner Steiner
Stellvertretenf für viele in unserem Land dies sich tagtäglich für andere einsetzen, haben wir mit 2 kompetenten Frauen ein Gespräch geführt, die die tollen Seiten dieser Berufe aufzeigen. Beginnen möchten wir unser Thema mit einleitenden Worten unseres Landesvorsitzenden Werner Steiner:
Es gibt verschiedene Berufe im Bereich des Sozialen: allen gemeinsam ist, dass das Wohl des Menschen im Mittelpunkt der Tätigkeit und des Engagements steht. Wir sind froh, dass es Menschen mit einer „sozialen Ader“ gibt, die sich für die Mitmenschen und deren Problemen annehmen und bereit sind in diesen Bereichen nicht nur freiwillig und ehrenamtlich zu arbeiten, sondern täglich ihre Kraft und mehrere Stunden dafür investieren.
Dieses soziale Engagement begleitet uns durch das gesamte Leben. Schwangere Frauen werden in Kursen auf die bevorstehende Geburt vorbereitet. Bei der Geburt sind es die Hebammen, die den Ärztinnen und Ärzte assistieren. Später geht es mit der Kleinkindbetreuung weiter. In den weiteren Jahren kommen dann SozialpädagogInnen dazu und wenn ich in Riesenschritten im Leben von uns Menschen weitergehe, sind wir auch im Alter froh, dass wir auf empathische Pflegerinnen und Pfleger zurückgreifen können. Sie helfen uns die Dinge des Alltages zu erledigen und unterstützen uns auch in der Freizeitgestaltung und in der Pflege von sozialen Kontakten.
Als Katholischer Verband der Werktätigen (KVW) möchten wir die Wichtigkeit der sozialen Berufe unterstreichen und auf die Vorteile der Arbeit in diesem Bereich unterstreichen. Der soziale Beruf ist eine sinnvolle und abwechslungsreiche Tätigkeit mit großer Verantwortung. Die Berufe sind vielfältig und werden in Zukunft noch vermehrt gebraucht werden. Was wir im KVW aber beobachten ist, dass es vorwiegend eine von Frauen ausgeübte Tätigkeit ist und dass damit eine schlechte Bezahlung und geringe Aufstiegsmöglichkeiten einhergehen. Auch das gesellschaftliche Bild der Arbeit in den sozialen Berufen bedarf einer Korrektur.
Oft stelle ich fest, dass die Arbeit im Sozialwesen sehr schnell als eine Arbeit, die „jeder kann“ angesehen wird. Der Aspekt der hohen emotionalen und kognitiven Kompetenz wird nicht betrachtet. Deshalb sind dringende Veränderungen erforderlich, wenn wir wollen, dass sich weiterhin Menschen für diese wichtigen Berufe ausbilden lassen. Der Wunsch vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den sozialen Berufen nach mehr Zeit für die Begleitung der Patientinnen und Patienten, nach mehr Wertschätzung und Anerkennung, nach mehr Personal und auch nach einem besseren Einkommen muss von den Verantwortlichen der Dienste und in der Politik mitgetragen werden. Sie sollten sich dafür einsetzen, dass Menschen, die in diesen Berufen arbeiten, genug Kraft haben um nicht selbst irgendwann auf der Strecke zu bleiben und eine angemessene Entlohnung erhalten. Wir alle sind aufgerufen dazu beizutragen, dass die Sozialberufe in der Gesellschaft mehr Anerkennung und Bedeutung erfahren.
Kastanienbraten im Kinderdorf