Kommentar
Genießbar bleiben
Essay von Claudia Plaikner, Obfrau des Heimatpflegeverbands Südtirols
Foto: IDM Südtirol / Manuel Ferrigato
Das „Genussland Südtirol“ steht vor der Herausforderung, weiterhin genießbar zu bleiben. Dafür bedarf es der Erkenntnis, dass „Genuss“ und „genug“ enger verwandt sind als gemeinhin angenommen. Verzicht ist eine unabdingbare Voraussetzung.
„Woher kommen Sie?“ Wenn die Antwort „Südtirol“ lautet, so schlagen die Herzen lauter und in der Regel einem entgegen. Viele Reisende schätzen das verheißungsvolle Land an der Schnittstelle von deutschem und romanischem Kulturkreis, das alles bietet: hochalpine bis mediterrane Landschaften, vielfältige Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, schönes Wetter, Kultur, Kulinarik auf hohem Niveau, Gastfreundschaft.
Aber als Gastgeberland muss Südtirol viele Herausforderungen bewältigen: einen regelrechten Ansturm von Touristen aufnehmen und kanalisieren und verkehrs- und freizeittechnische Infrastrukturen bereitstellen. Wird dieses kleine Land diesen ständig wachsenden Ansprüchen noch gerecht?
„Genuss“ und „genug“ sind eng verwandt
Geht es nach der Tourismuswerbung, dann bietet Südtirol das ultimative Genusserlebnis: Kultur, Kulinarik, Bewegung, Landschaft und mehr: Raus aus dem Alltag und hinein in das Verwöhnt-Werden. Aber wo liegt die Grenze zwischen Genuss und Hedonismus? Schon Christian Morgenstern monierte: „Genuss kann unmöglich das Ziel des Lebens sein. Genuss ohne etwas darüber ist etwas Gemeines.“ So kann man sich kaum des Verdachts erwehren, dass „Genuss“ und „genug“ – obwohl nicht etymologisch verwandt, mehr miteinander gemeinsam haben als vermutet.
In einer Welt, in der der Welterschöpfungstag immer weiter nach vorne rückt, hat wohl selbst der gedankenlose, selbstoptimierte Egozentriker das ungute Gefühl, dass sich vieles ändert und dass eingeschliffene Lebensweisen einer Korrektur bedürfen. Dass es auch in Südtirol in vielerlei Hinsicht genug ist, davon sprechen die steigenden CO2-Emissionen, die unerschwinglichen Immobilienpreise, die Überbeanspruchung der Naturräume, der Verlust der Biodiversität, die Vereinsamung, die Entsolidarisierung.
Eine Beschränkung, ein Verzicht scheint mehr denn je eine unabdingbare Voraussetzung, um als Wirtschafts- und Solidargemeinschaft in die Zukunft zu kommen. Südtirol muss um genießbar zu bleiben, „es ist genug“ sagen.
Das Kostbarste bekommen wir geschenkt
Denn das, was wirklich zählt, bekommen wir immer noch geschenkt: Freundschaft, Liebe, Zeit, Schönheit, Gesundheit, Freiheit und vieles mehr. Was kann schon damit aufgewogen werden? Was beglückt mehr als ein bereichernder, gedanklicher Austausch? Wann lebe und erlebe ich intensiver als in der Stille?
Die Ruhe der Wälder, die Farben der Jahreszeiten, die hohen Bergesgipfel, die Kulturlandschaft mit historischen Bauernhöfen: so viel Klischee und doch – noch – so real in Südtirol! Freilich – immer mehr Ziel von Begehrlichkeiten, Siedlungsräume verunstaltet, Lebensräume gestört, unwegsamste Gegenden erschlossen, historische Bauten abgerissen, Täler mit großen Verkehrsadern durchzogen.
Genuss hat mit Langsamkeit und Achtsamkeit zu tun. Nur so können wir wichtigere Ziele erreichen: Freiheit statt Forderung, Genuss statt Konsum; Authentizität statt Surrogat; Reduzierung statt Menge; Freundlichkeit statt Vereinnahmung.
Auf die Frage, woher ich komme, würde ich gerne antworten: „Aus dem Genussland Südtirol, in dem sich alle – Einheimische wie Touristen – ihrer Verantwortung für Natur, Kultur und Mitmensch bewusst sind, diese wahrnehmen und sich wie rücksichtsvolle Gäste aufführen.“
Aber als Gastgeberland muss Südtirol viele Herausforderungen bewältigen: einen regelrechten Ansturm von Touristen aufnehmen und kanalisieren und verkehrs- und freizeittechnische Infrastrukturen bereitstellen. Wird dieses kleine Land diesen ständig wachsenden Ansprüchen noch gerecht?
„Genuss“ und „genug“ sind eng verwandt
Geht es nach der Tourismuswerbung, dann bietet Südtirol das ultimative Genusserlebnis: Kultur, Kulinarik, Bewegung, Landschaft und mehr: Raus aus dem Alltag und hinein in das Verwöhnt-Werden. Aber wo liegt die Grenze zwischen Genuss und Hedonismus? Schon Christian Morgenstern monierte: „Genuss kann unmöglich das Ziel des Lebens sein. Genuss ohne etwas darüber ist etwas Gemeines.“ So kann man sich kaum des Verdachts erwehren, dass „Genuss“ und „genug“ – obwohl nicht etymologisch verwandt, mehr miteinander gemeinsam haben als vermutet.
In einer Welt, in der der Welterschöpfungstag immer weiter nach vorne rückt, hat wohl selbst der gedankenlose, selbstoptimierte Egozentriker das ungute Gefühl, dass sich vieles ändert und dass eingeschliffene Lebensweisen einer Korrektur bedürfen. Dass es auch in Südtirol in vielerlei Hinsicht genug ist, davon sprechen die steigenden CO2-Emissionen, die unerschwinglichen Immobilienpreise, die Überbeanspruchung der Naturräume, der Verlust der Biodiversität, die Vereinsamung, die Entsolidarisierung.
Eine Beschränkung, ein Verzicht scheint mehr denn je eine unabdingbare Voraussetzung, um als Wirtschafts- und Solidargemeinschaft in die Zukunft zu kommen. Südtirol muss um genießbar zu bleiben, „es ist genug“ sagen.
Das Kostbarste bekommen wir geschenkt
Denn das, was wirklich zählt, bekommen wir immer noch geschenkt: Freundschaft, Liebe, Zeit, Schönheit, Gesundheit, Freiheit und vieles mehr. Was kann schon damit aufgewogen werden? Was beglückt mehr als ein bereichernder, gedanklicher Austausch? Wann lebe und erlebe ich intensiver als in der Stille?
Die Ruhe der Wälder, die Farben der Jahreszeiten, die hohen Bergesgipfel, die Kulturlandschaft mit historischen Bauernhöfen: so viel Klischee und doch – noch – so real in Südtirol! Freilich – immer mehr Ziel von Begehrlichkeiten, Siedlungsräume verunstaltet, Lebensräume gestört, unwegsamste Gegenden erschlossen, historische Bauten abgerissen, Täler mit großen Verkehrsadern durchzogen.
Genuss hat mit Langsamkeit und Achtsamkeit zu tun. Nur so können wir wichtigere Ziele erreichen: Freiheit statt Forderung, Genuss statt Konsum; Authentizität statt Surrogat; Reduzierung statt Menge; Freundlichkeit statt Vereinnahmung.
Auf die Frage, woher ich komme, würde ich gerne antworten: „Aus dem Genussland Südtirol, in dem sich alle – Einheimische wie Touristen – ihrer Verantwortung für Natur, Kultur und Mitmensch bewusst sind, diese wahrnehmen und sich wie rücksichtsvolle Gäste aufführen.“
Foto: Armin Huber