Am Anfang waren es nur wenige Bauern, die den Schritt zu Bioland wagten und sich mit der Zertifizierung verpflichteten, die strengen Richtlinien des Verbands einzuhalten. „Bei Gegenwind setzten wir unsere Scheuklappen auf und ließen uns nicht weiter beirren“, so der Pionier Rudolf Niedermayr. Der Landwirt aus Eppan gehört zu den ersten 16 Obst- und Weinbauern die Anfang der 1990er Jahre in Südtirol begannen, nach Bioland Richtlinien zu wirtschaften. Der Nachhaltigkeitsgedanke, der die Pioniere damals antrieb, ist auch heute Teil der DNA von Bioland Südtirol. Der Bioland Verband als solches ist privatrechtlich aufgestellt. Die EU-Bio-Verordnung dient dabei als Grundlage, die Mitglieder von Bioland halten sich aber bereits seit 1979 an zusätzliche eigene und strengere Richtlinien.
Wer sich für Bio entscheidet, sagt gleichzeitig Nein zu Gentechnik, Massentierhaltung, chemisch-synthetischen Stickstoff-Düngern und Pflanzenschutzmitteln. Die Bioland Wertegemeinschaft hingegen steht zusätzlich noch für strengere Standards, wie z.B. für eine gesamtbetriebliche Umstellung, Verzicht auf Bienengefährliche Pflanzenschutzmittel, einen begrenzteren Einsatz von Kupfer (3kg/ha und Jahr) und die ausschließliche Verwendung von Kraftfuttermitteln aus Bioland Erzeugung, um nur einige Charakteristiken des organisch-biologischen Anbaus zu nennen.
Eine Bioland Zertifizierung steht somit für ein qualitativ hochwertigeres Bio. Deshalb erzielen Biolandprodukte höhere Marktpreise, bzw. lassen sich besser positionieren. Und das ist im Wesentlichen der Grund, warum sich die Südtiroler Genossenschaften aus der Milch- und Obstwirtschaft für Bioland entschieden haben. Mit dem biologischen Anbau wird somit, abseits von allgängigen Nachhaltigkeitsfloskeln, die Basis für eine ökologische und enkeltaugliche Landwirtschaft geschaffen.
Alle Richtlinien und das tägliche Handeln und Wirtschaften der Bioland Weinproduzenten sind nach den 7 Bioland Prinzipien ausgerichtet.
1. Im Kreislauf wirtschaften
2. Bodenfruchtbarkeit fördern
3. Tiere artgerecht halten
4. Wertvolle Lebensmittel erzeugen
5. Biologische Vielfalt fördern
6. Natürliche Lebensgrundlagen bewahren
7. Menschen eine lebenswerte Zukunft sichern
Durch die Verwendung von ausschließlich organischen Düngemitteln, wird zum einen das Bodenleben angeregt und gefördert und zum anderen auch deutlich weniger Treibhausgasemissionen verursacht als bei der Verwendung von anorganischen Düngemitteln, die durch hohen Energieaufwand gewonnen werden müssen. Dadurch bleiben die Nährstoffe in ihrem natürlichen Kreislauf und es entstehen deutlich weniger Emissionen als bei der Verwendung von Kunstdüngern.
Neben der organischen Düngung wird auch durch gezielte Einsaaten mit Blühmischungen etc. in den Fahrstreifen die Bodenfruchtbarkeit der Weinberge erhalten und gefördert. Durch die Verwendung von Leguminosen, sogenannten Stickstoff-Fixierern, in den Mischungen wird der Boden gedüngt und gleichzeitig schafft die blühende Einsaat wertvolle Nahrungsangebote für Insekten und Nützlinge, die wiederum den Schädlingsdruck verringern – der Kreis schließt sich.
Durch den Verzicht auf Herbizide und chemisch synthetische Pflanzenschutzmittel werden gesundheitliche Folgen für den Menschen und unkontrollierbare Auswirkungen auf das Agrarökosystem vermieden.
Aktuelle Projekte: Grenzenlos Regional – Bio in Europa
Bioland Südtirol hat gemeinsam mit dem Bioland Gesamtverband Deutschland den Zuschlag für die Umsetzung eines Bio-Marketingprojektes (Promotion of Agricultural Products, AGRIP) erhalten. Ziel des Projektes ist es, im Zeitraum 2023 bis 2026 Konsum und Absatz von biologischen Produkten in Italien und Deutschland zu steigern, sowie Bekanntheit und Hintergrundwissen zu den Bio-Standards in der EU zu stärken. „Das Projekt hat das ambitionierte Ziel, möglichst vielen Konsument:innen das Thema Bio-Landwirtschaft auf einfache Art und Weise zu erklären. Wer sich für ein Bio-Produkt entscheidet, tut damit sich und seiner Familie Gutes, unterstützt dabei aber auch den Umwelt- und Landschaftsschutz“, betont Daniel Boni, Projektmanager von Grenzenlos Regional – Bio in Europa. Zentrales Element der Kampagne wird eine Road-Show sein: Mit einem Bio-Mobil geht es auf Tour in 18 Städten in Deutschland und 15 Städten in Italien.
Bio Fair Südtirol – Zusammenarbeit zwischen Biolandwirtschaft und Tourismus
Mehr Südtiroler Bioprodukte in den Küchen unserer Gastronomie, aber auch in den öffentlichen Mensen: dafür steht „Bio Fair Südtirol“. Den Kern des Konzepts begründet eine dreistufige Auslobung und Zertifizierung, dabei müssen bestimmte Lebensmittel aus Südtirol in biologischer oder in Fair-Trade-Qualität verwendet werden.
Mit 30 % Bio bei Essen und Getränken erlangt ein teilnehmender Hotel- oder Gastbetrieb den Bronze-Status, mit 60% Silber und mit 90% gilt der Gold-Status. Folgende Produkte aus Südtirol und in biologischer Qualität sind im Warenkorb enthalten: Äpfel & Apfelsaft; Frischmilch, Joghurt, Butter, Mozzarella, Wein und Kaffee, Rohrzucker, Kakao und Derivate, bei Tee und Bananen muss es sich um biologische Produkte aus Fairem Handel handeln. Vom Megatrend „bio + regional“ kann man gerade in Südtirol besonders profitieren, im landwirtschaftlichen Anbau und als Tourismusland. „Bio-Fair-Südtirol steht für glaubwürdige, verbindliche Nachhaltigkeit, auf die immer mehr Gäste Wert legen“, betont Manuela Zischg, Projektleiterin von Bio-Fair-Südtirol.
Das Weideprojekt „Grazing4AgroEcology – G4AE“
Um dem europaweiten Rückgang der Beweidungspraxis entgegenzuwirken, wurde das EU-Projekt Grazing4Agroecology (G4AE) ins Leben gerufen. Bioland Südtirol arbeitet in dem Projekt gemeinsam mit dem Versuchszentrum Laimburg mit. Für Italien sind Betriebe aus Sardinien und Südtirol an dem Projekt beteiligt. Die weiteren Projektpartner kommen aus Deutschland, Irland, Frankreich, Portugal, Schweden, Rumänien sowie Niederlande. Die jeweiligen Partnerbetriebe dienen als Quelle für bewährte Verfahren und innovative Ideen. Die im Projekt vorgesehenen Maßnahmen zielen alle darauf ab, die Gesamtleistung der Betriebe in Hinblick auf Ökonomie, Ökologie und Tierschutz aufzuzeigen und zu verbessern. Das Projekt steht damit in Einklang mit dem Europäischen Green Deal sowie der „Farm to Fork“-Strategie.