KVW Aktuell

Dankbar und glücklich

Landestagung für Verwitwete und Alleinstehende
Prof. Dr. Ulrich Fistill bei der Messe
Seit 1968 setzt sich die Arbeitsgruppe für die Witwen und Witwer im KVW ein. In den KVW-Ortsgruppen wird eine Person für den Ausschuss gewählt, die dann als Vertreterin der Verwitweten und Alleinstehenden im Dorf tätig ist. Landesweit gibt es rund 240 ehrenamtliche Witwenvertreterinnen, aus denen der Vorstand der Interessengruppe bestimmt wird. Seit mehreren Jahren schon ist Rosa Purdeller Obergasteiger die Vorsitzende. Gewohnt herzlich begrüßte sie ihre „Mädels“ und führte humorvoll durch den Vormittag.
Professor Dr. Ulrich Fistill, Geistlicher Rektor der Cusanus-Akademie, zelebrierte zum Auftakt der Veranstaltung einen festlichen Gottesdienst.

Der Landesvorsitzende Werner Steiner begrüßte die Anwesenden und betonte, dass die Arbeit vor Ort nach wie vor unersetzlich. Durch schwere Schicksalsschläge hätten viele der Witwen und Witwer eine enorme Stärke und Resilienz entwickelt und darüber hinaus durch freiwilliges Engagement viel Solidarität mit anderen gezeigt. „Solidarität funktioniert gut, wenn man sich versteht und aufeinander zugeht“, so Steiner.

Woran erkennt man einen glücklichen Menschen? Was bedeutet Glück? Reinhard Demetz, Leiter des Seelsorgeamtes der Diözese Bozen-Brixen, stellte seinen Vortrag unter den Titel "Glück: Illusion oder Lebensziel?“. Gleich zu Beginn ließ er die Zuhörer im Saal allerdings wissen, dass er all jene enttäuschen müsse, die dafür passende Rezepte erwarten. Diese könne er ebenso wenig liefern wie selbsternannte Heilsbringer aus dem Internet oder andere, die vorgeben, „Wege zum Glück“ aufzeigen zu können. Vielmehr stellte Demetz zu Beginn eine Reihe von gewichtigen Meinungen vor, die sich mit dem Thema Glück auseinandergesetzt haben. Die Reise reichte von Sokrates' Aussage "Glück ist Vernunft und Tugend... lieber gerecht sterben als ungerecht leben!"über Diogenes "Glück ist Genügsamkeit" bis hin zu Seneca, welcher Glück in der Selbstbeherrschung, im Wissen um das Machbare und in der inneren Ruhe verortete. Unterschieden werden kann zwischen dem so genannten Empfindungsglück und dem Erfüllungsglück. Ersteres kann man sich so vorstellen, dass es ein Belohnungszentrum im Gehirn gibt und wir uns durch starke Erlebnisse, Rausch, soziale Anerkennung, sexuelle Lust, Macht oder auch Erfolg glücklich fühlen. All das verlangt aber nach mehr: Es entsteht fast eine Sucht, die Dosis muss ständig erhöht werden.

Dem gegenüber steht das Erfüllungsglück. „Glück ist ein Geschenk, für das man etwas tun muss. Es ist wichtig, dass man etwas dazu beitragen muss, um glücklich zu sein. Man kann es nicht erzwingen wie die Liebe“, so Demetz. Immer wieder stellte er Querverbindungen zu biblischen Gleichnissen und Geschichten her. So erklärte er anschaulich, was in der Bibel gemeint ist, wenn es heißt: „Herr, schenk mir ein hörendes Herz". Wenn jeder nur seine Ideen und Meinungen vertritt, wird der andere überhört. Menschen sind aber kommunikative Wesen und zum Glücklichsein gehören auch Dankbarkeit und Gemeinschaft. Oder um es mit dem englischen Philosophen Francis Bacon zu sagen: „Es sind nicht die Glücklichen, die dankbar sind. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind. Abschließend gab Demetz den anwesenden Witwen, Witwern und Alleinstehenden mit auf den Weg: „Glück ist, einen Plan zu haben... für etwas oder jemanden da zu sein“.

Das Gehörte griff die Vorsitzende Rosa Purdeller Obergasteiger in ihren Abschlussworten gleich auf: „Mich erfüllt es mit großem Glück, wenn ich sehe, welch sinnstiftende Tätigkeit wir nun schon seit Jahrzehnten für so viele machen. Wir sind dankbar und glücklich“.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen wurde der Nachmittag zum gemütlichen Beisammensein genutzt. Für Unterhaltung sorgten die Seniorentheatergruppe Unterinn und der Sarner Männerchor mit Rosa Oberhöller.
Im Vordergrund Demetz, Purdeller Obergasteiger und Organisatoren, Referenten und Witwenvertreterinnen

KVW Aktuell

Wahlkampf recht emotionslos

Werner Atz, KVW Geschäftsführer


Am 8. und 9. Juni wählen wir die Abgeordneten für das Europäische Parlament. Und obwohl wir immer mal wieder darüber in der Zeitung lesen, wer kandidiert und mit wem, geht der Wahlkampf recht emotionslos vor sich. Es dominieren lokale und nationale Themen, anstatt dass wir darüber diskutieren würden, was wir an Europa eigentlich haben und wie man die Europäische Idee weiterentwickeln könnte. Europa, die Europäische Union, ist nichts Abstraktes, das irgendwo weit weg über unser Leben bestimmt. Aber gern geben die hiesigen Politiker für alles, was schlecht läuft Europa die Schuld, während sie sich gute Entwicklungen gern an die eigene Fahne heften. Das ist nicht nur in Südtirol oder in Italien so, das kennen wir aus vielen europäischen Ländern. Dabei tut die EU nichts, was wir ihr nicht erlauben. Die Staats- und Regierungschefs und die Minister, die wir ins Amt gewählt haben, geben bei ihren regelmäßigen Treffen die Richtung vor. Das Europäische Parlament, dessen Abgeordnete nun zur Wahl stehen, bekommt immer mehr Mitspracherecht. Mit dieser Wahl nehmen wir Einfluss auf das, was Europa ist.

Natürlich ist es einfacher, sich über die berühmte Gurkenkrümmungsrichtlinie lustig zu machen. Die war aber kein Einfall irgendwelcher ominöser Brüsseler Bürokraten, sondern ein Wunsch des Handels nach Vereinheitlichung, die unter anderem den Transport erleichtern sollte. Oder denken wir an die Möglichkeit, zu reisen, uns überall in Europa niederzulassen, die Abschaffung der Zölle und so weiter.

Abseits von Handel und Wirtschaft ist die Europäische Union aber vor allem ein Friedensprojekt. Nationalistische Tendenzen nehmen zu und drohen Europa und die ganze Welt auseinanderzureißen. Mit der Teilnahme an der Europawahl geben wir ein Zeichen, dass wir an ein vereintes demokratisches und solidarisches Europa glauben.

Jeder europäische Staat für sich hat in der Welt wenig zu melden. Nicht wirtschaftspolitisch und nicht sicherheitspolitisch. Nur gemeinsam können 450 Millionen EU-Bürger – etwa gleich viel wie USA und Russland zusammen – ihre Stimme in der Welt geltend machen. 80 Jahre Frieden in Europa sind nicht vom Himmel gefallen, sie sind Ergebnis der Zusammenarbeit in Europa über Staatsgrenzen hinweg. Besonders wir als Minderheit tun gut daran, an einem Europa der Regionen zu arbeiten. Dass immer neue Staaten und immer mehr Menschen nach Europa wollen beweist, wie attraktiv die Idee der Europäischen Union ist. Wir selbst haben das ein bisschen vergessen, wir haben uns daran gewöhnt. Wie unser Leben ohne EU ausschauen würde, können wir uns gar nicht mehr vorstellen. Oder geht es den Briten heute etwa besser?
Text: Werner Atz