Kommentar
Nie wieder ist jetzt
Foto: unsplash / Aleksandr Ledogorov
Unsere Zeit ist von Unsicherheit geprägt. Die Pandemie in ihren gesellschaftlichen Auswirkungen noch nicht wirklich verarbeitet, dann der Überfall Putins auf die Ukraine, ein zunehmendes Gefühl abnehmender öffentlicher Sicherheit in unseren Städten, Zuwanderung aus fremden Ländern und Kulturen, drohender ökonomischer Verlust durch die hohe Inflation: dies nur einige Stichworte, die als Hintergrundfolie wachsender sozialer Verunsicherung dienen können. Verunsicherung und diffuse Ängste sind auch die Eintrittspforte für politische Rattenfänger. Als „harmlosere“ Variante treten Populisten verschiedener Couleur auf, die für komplexe Probleme einfache Lösungen - letztendlich gleichsam ungedeckte Schecks – anbieten. Als besonders große Herausforderung der freiheitlichen Gesellschaften des Westens zeigt sich allerdings das Erstarken offen rechtsextremer Positionen. Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Verächtlichmachung des demokratischen Rechtsstaats und unverhohlene Sympathie für völkische Ideologien sind Kennzeichen rechtsextremer politischer Gesinnung.
Sündenböcke ausfindig zu machen und darauf zu zeigen ist charakteristisch für ein solches Denken. Der französische Kulturanthropologe Renè Girard hat in seinen Studien in überzeugender Weise herausgearbeitet, wie der Sündenbockmechanismus funktioniert. Durch die Austreibung und Opferung des Sündenbocks werden innergesellschaftliche Konflikte und Rivalitäten eingegrenzt und für eine bestimmte Zeit sogar befriedet. Seit Jahren dienen vor allem Geflüchtete und Migranten als Sündenböcke, wie die von rechtsextremen Kreisen immer wieder in die gesellschaftliche Diskussion eingebrachte Forderung nach „Remigration“ zeigt. Es ist immer ein ausgrenzendes Denken, das von tiefer Menschenverachtung zeugt. Die Wahnvorstellungen von einem „gesunden Volkskörper“, von einer Heimat, die es vor Fremden, irgendwie Anderen, Unangepassten, Andersdenkenden zu schützen gilt, letztendlich auch die Vorstellung, mit kalter Rationalität alle ausgemachten Übel einer Gesellschaft „ausmerzen“ zu können, haben vor nicht allzu langer Zeit zum Holocaust geführt. An der Rampe von Auschwitz wurde „selektiert“, wer leben darf und wer nicht.
Noch sind wir – hoffentlich - weit von einem Rückfall in die barbarischen Zeiten des Nationalsozialismus entfernt. Trotzdem ist Achtsamkeit geboten. Achtsamkeit gegenüber der Sprache, die heute wieder salonfähig wird, wenn es um Ausgrenzung geht, Achtsamkeit, wenn es um das Zeigen auf Sündenböcke geht, Achtsamkeit, wenn es um eine menschenverachtende Politik gegenüber Schwachen, Fremden und Andersdenkenden geht.
Das Abdriften von Gesellschaft in rechtsextremes Denken erfolgt manchmal schleichend. Es sind vielleicht zunächst nur sprachliche Tabubrüche, provokante Wortmeldungen, die gezielt in den öffentlichen Diskurs eingebracht werden. Aber damit werden auch die als „undenkbar“ geglaubten Vorstellungen und Vorhaben langsam denkmöglich und plausibel. Öffentliches Sprechen schafft irgendwann auch Wirklichkeit. Die Frage bleibt, wie man auf solche offen rassistischen und menschenverachtenden Aussagen eagieren soll. Mit Argumenten und im Dialog? Der griechische Philosoph Aristoteles hat vor mehr als 2000 Jahren dazu sinngemäß angemerkt: „Wer sagt, man dürfe auch die eigene Mutter töten, hat nicht Argumente, sondern Zurechtweisung verdient.“ Die Courage zu solcher Zurechtweisung wird in Zeiten wie diesen leider wieder wichtiger.
Sündenböcke ausfindig zu machen und darauf zu zeigen ist charakteristisch für ein solches Denken. Der französische Kulturanthropologe Renè Girard hat in seinen Studien in überzeugender Weise herausgearbeitet, wie der Sündenbockmechanismus funktioniert. Durch die Austreibung und Opferung des Sündenbocks werden innergesellschaftliche Konflikte und Rivalitäten eingegrenzt und für eine bestimmte Zeit sogar befriedet. Seit Jahren dienen vor allem Geflüchtete und Migranten als Sündenböcke, wie die von rechtsextremen Kreisen immer wieder in die gesellschaftliche Diskussion eingebrachte Forderung nach „Remigration“ zeigt. Es ist immer ein ausgrenzendes Denken, das von tiefer Menschenverachtung zeugt. Die Wahnvorstellungen von einem „gesunden Volkskörper“, von einer Heimat, die es vor Fremden, irgendwie Anderen, Unangepassten, Andersdenkenden zu schützen gilt, letztendlich auch die Vorstellung, mit kalter Rationalität alle ausgemachten Übel einer Gesellschaft „ausmerzen“ zu können, haben vor nicht allzu langer Zeit zum Holocaust geführt. An der Rampe von Auschwitz wurde „selektiert“, wer leben darf und wer nicht.
Noch sind wir – hoffentlich - weit von einem Rückfall in die barbarischen Zeiten des Nationalsozialismus entfernt. Trotzdem ist Achtsamkeit geboten. Achtsamkeit gegenüber der Sprache, die heute wieder salonfähig wird, wenn es um Ausgrenzung geht, Achtsamkeit, wenn es um das Zeigen auf Sündenböcke geht, Achtsamkeit, wenn es um eine menschenverachtende Politik gegenüber Schwachen, Fremden und Andersdenkenden geht.
Das Abdriften von Gesellschaft in rechtsextremes Denken erfolgt manchmal schleichend. Es sind vielleicht zunächst nur sprachliche Tabubrüche, provokante Wortmeldungen, die gezielt in den öffentlichen Diskurs eingebracht werden. Aber damit werden auch die als „undenkbar“ geglaubten Vorstellungen und Vorhaben langsam denkmöglich und plausibel. Öffentliches Sprechen schafft irgendwann auch Wirklichkeit. Die Frage bleibt, wie man auf solche offen rassistischen und menschenverachtenden Aussagen eagieren soll. Mit Argumenten und im Dialog? Der griechische Philosoph Aristoteles hat vor mehr als 2000 Jahren dazu sinngemäß angemerkt: „Wer sagt, man dürfe auch die eigene Mutter töten, hat nicht Argumente, sondern Zurechtweisung verdient.“ Die Courage zu solcher Zurechtweisung wird in Zeiten wie diesen leider wieder wichtiger.
Text: Franz Tutzer
Franz Tutzer
geb. 1953, Studium der Agrarwissenschaften in Wien, 1985–2019 Direktor der Fachoberschule für Landwirtschaft in Auer, Co-Vorsitzender des Katholischen Forums.