KVW Aktuell

Recht auf Wohnen

Arbeitsgruppe des KVW-Vinschgau legt Vorschläge auf den Tisch
Die Mitglieder der AG Wohnen des KVW Bezirk Vinschgau treffen auf Landesrätin Ulli Mair (2.v.l.) mit v.l.: Emil Unterholzner (KVW-Bezirkssekretär), Heinrich Fliri (KVW-Bezirksvorsitzender), Georg Lechner (Leiter der KVW-AG Recht auf Wohnen), Herbert Schatzer (KVW-Vorstandsmitglied), Andrea Frank (Mitglied der KVW-AG Recht auf Wohnen) und Werner Atz (KVW-Geschäftsführer)


Wohnen ist ein Grundrecht und sollte deshalb auch leistbar sein. Die Probleme sind allgemein bekannt, doch wirksame Lösungen brauchen kompetente Informationen und umsetzbare Vorschläge. Mit solchen hat sich die Arbeitsgruppe “Recht auf Wohnen – leistbares Wohnen” unter der Leitung von Georg Lechner auseinander­gesetzt und diese am Montag, 6. Mai 2024 im Rahmen einer Sitzung des KVW-Bezirksaus­schusses in Schlanders Landesrätin Ulli Mair vorgestellt.

Die Vorschläge der KVW-Arbeitsgruppe gliedern sich in Urbanistik, privater und öffentlicher Mietmarkt sowie Immobilienmarkt und Wohnbauförderung. Zu jedem einzelnen Themenbereich wurden die Ausgangssituation dargelegt und darauf aufbauend nachhaltige Lösungen gesucht. Neben einer langfristigen Perspektive sind auch kurz- und mittelfristige Maßnahmen gefragt. Beispiel Urbanistik. Hier sind in erster Linie die Gemeindeentwicklungspläne zielorientiert umzusetzen. Leerstandserhebungen sollten die Grundlage für weitere, jedoch wesentlich vereinfachte Planungen sein. Auch ist der inzwischen hierzulande geforderte hohe Baustandard zu überdenken. Was den privaten Mietmarkt betrifft, so müssten 60 Prozent der einheimischen Bevölkerung zur Verfügung stehen. Zweckentfremdete Nutzungen sollten geahndet werden, wobei die eigens für Kontrollen geschaffene Agentur für Wohnbauaufsicht bislang in nur 40 von den 116 Südtiroler Gemeinden kontrolliert und hier schon bei jeder achten Wohnung Vergehen festgestellt hat. Zudem sind Anreize zur Langzeitvermietung zu schaffen. Möglich ist das durch eine geringere Gemeindeimmobiliensteuer auf Wohnungen, die als Erstwohnung zum Landeszins vermietet werden. Die Gemeinde Kastelruth hat dies vorgemacht. Was den öffentlichen Mietmarkt angeht, so ist das Wohnbauinstitut gefordert. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Ende letzten Jahres standen 944 Sozialwohnungen leer und gleichzeitig lagen im Amt über 3.500 Gesuche um Zuweisung einer Sozialwohnung auf. Sanierungen müssen beschleunigt, vereinfacht und unbürokratischer erfolgen können. Den privaten Wohnungsmarkt bedienen in Südtirol seit Jahren immer mehr Immobilienunternehmen, Makler und private Investoren mit zunehmender Monopolstellung. Hier hat die öffentliche Hand steuernd einzugreifen, wobei verstärkt auf solidarische Wohnbaumodelle wie gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften zu setzen ist, die auch generationenverbindend wirken. Dem Mittelstand sollte der geförderte Mietkauf ermöglicht werden, um zu einer höheren Identifikation mit dem Mietobjekt und insgesamt motivierend für den Aufbau von Eigentum beizutragen. Eine Vorfinanzierung der Wohnungen ließe sich durch Einsparungen aus den bisherigen Mitbeiträgen und weiteren öffentlichen Mitteln realisieren. Was die zuständigen Landesämter betrifft, so schlägt die KVW-Arbeitsgruppe deren konsequente Reorganisation vor. In diese Kerbe schlägt auch die zuständige Landesrätin, die die Aufgaben der Wohnbauabteilung mehr in einer strategischen Funktion sieht. Zusammenfassend stellte Georg Lechner für die Arbeitsgruppe fest: “Viel Knochenarbeit steht der Frau Landesrätin bevor und wir können nur hoffen, dass Wohnen in Südtirol wieder leistbar wird und nicht weiter zum Luxusgut verkommt.”
Text: Josef Bernhart

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Stein um Stein weiterbauen

Kurzinterview mit Landesrätin Ulli Mair
Foto: Fabio Brucculeri
Seit etwas mehr als 100 Tagen trägt die freiheitliche Ulli Mair die politische Verantwortung in den Bereichen Sicherheit und Wohnen in dieser Landesregierung. Wir vom Kompass haben um ein kurzes Interview gebeten, um vor allem die Pläne für den Bereich „Wohnen“ genauer zu durchleuchten.
In den letzten Wochen haben Sie mit dem KVW und der Arche im KVW einen guten Kontakt aufgebaut. Was sind für Sie die wichtigsten Ziele, die Sie in dieser Legislatur verfolgen?
Ich stehe im regen Austausch mit der Arche im KVW, weil wir uns intensiv über die Wohnbaupolitik in Südtirol austauschen und ich mit der Arche einen kompetenten Partner habe. Einerseits arbeiten wir im Ressort für Wohnbau mit Blick auf den sozialen Wohnbau und auf das WOBI daran, Konzepte und Projekte auszuarbeiten, die den Leerstand beenden, damit folglich Wohnungen schnell zur Verfügung stehen, die wir für strategische Berufsgruppen, aber auch in Notlagen brauchen. Da und dort müssen wir auch beim Neubau in die Gänge kommen und auch die Gemeinden in die Pflicht nehmen, die entsprechenden Baugründe für den sozialen Wohnbau zur Verfügung zu stellen. Insgesamt ist es mir wichtig, mich intensiv mit den Gemeinden auszutauschen, um den Bedarf an Wohnraum im ganzen Land laufend zu prüfen.

Beim Thema Wohnbauförderung sind wir dabei, Maßnahmen zu setzen, um die langen Wartezeiten wesentlich abzubauen. Einerseits wird das über die gezielte Personalaufnahme in der Landesverwaltung, andererseits über die Digitalisierung, aber letztlich auch über ein neues System funktionieren, das in Richtung zinsloser Darlehen zeigt. Letztlich bemühen wir uns darum, dass das „Wohnen mit Preisbindung“ kommt, mit der Wohnbauförderung kombinierbar wird, und dass in diesem Rahmen auch Mietwohnungen entstehen, wo ich einen großen Bedarf im Land sehe. Für mich ist das gemeinnützige Wohnen mit Mietwohnungen, das in Österreich gängig ist, auch für Südtirol ein Vorbild.
”Leistbares Wohnen“ ist in aller Munde. Wir können Sie als politisch verantwortliche Landesrätin hier positiv einwirken? Wir kann man dieses Ziel erreichen?
Das leistbare oder besser gesagt bezahlbare Wohnen eignet sich nicht für einfache und schnelle Lösungen, sondern es ist eine ganze Reihe an Maßnahmen, wie in einem Mosaik, zu setzen. Die einfachen Lösungen gibt es allein deshalb nicht, weil wir in Südtirol nicht willkürlich Bauland ausweisen können und wollen, um die Nachfrage zu drosseln, die vielfach auch außerhalb des Landes entsteht und somit eine Hochpreislage erzeugt. Deshalb müssen wir uns an zahlreichen Baustellen ins Zeug legen, den gesellschaftlichen und politischen Dialog führen, einen Konsens erzielen und konstruktiv an der Wohnbaupolitik in Südtirol arbeiten. Wir brauchen heute nämlich Maßnahmen gegen die kurzfristige Vermietung von Wohnungen zu touristischen Zwecken, die dann in der Folge als Mietwohnungen wegfallen. Wir brauchen intensive Kontrollen im Bereich konventionierter Wohnungen, denn der Missbrauch gehört beendet. Wir müssen die Wohnbauförderung beschleunigen und den Fokus auch auf Sanierungen und Wiedergewinnungen setzen. Und wir müssen das Wohnen mit Preisbindung schnell auf Schiene bekommen, weil wir damit private Bauträger in die Pflicht nehmen, um für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Und wir müssen der Frage nachgehen, wie gemeinnützige Mietwohngenossenschaften entstehen können. Schlussendlich sind sehr viele Hebel in Bewegung zu setzen, die in Summe eine deutliche Verbesserung bewirken sollen und werden. Das bezahlbare Wohnen ist aber kein Thema, das von heute auf morgen umsetzbar ist.
Interview: Iris Pahl