KVW Aktuell

Pro & Contra

Wohnen wird für viele Bürger:innen in Südtirol mehr und mehr zum Problem. Es müssen rasch Maßnahmen ergriffen werden, damit dieses Grundrecht gewahrt werden kann. Konventionierte Wohnungen sind den Ansässigen vorbehaltene und preisgebundene Wohnungen. Sollten in Südtirol in Zukunft nur noch konventionierte Wohnungen neu gebaut werden dürfen?
Pro
JA! Wenn in Südtirol neues Bauvolumen für Wohnbau geschaffen wird, sollte diese so bald als möglich zu 100% Ansässigen vorbehalten werden. Jede neue Wohnung sollte ausschließlich für SüdtirolerInnen und Südtiroler und den im Land arbeitenden Personen gebaut werden!

Die Wohnungsnot in Südtirol hat in den letzten Jahren rapide zugenommen. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen. Großfamilien nehmen ab. Ein- und Zwei-Personen-Haushalte nehmen zu. Schon allein aufgrund dieses Phänomens brauchen wir jährlich hunderte Wohnungen mehr. Südtirols Bevölkerung wächst jährlich um 1.500 – 2.000 Personen. Die Wohnungen für Ansässige nehmen ab, weil viele Wohnungen ohne Bindung touristisch genutzt werden.

Südtirols Betriebe, unter anderem Sanität, Sozialdienst, Universität, Ordnungskräfte und viele andere, sind auf Fachkräfte aus anderen Regionen Europas angewiesen. Für diese werden dringend Unterkünfte benötigt. Junge SüdtirolerInnen, die zu Studien- und Ausbildungszwecken das Land verlassen haben kommen nicht mehr zurück, weil der Wohnungsmarkt im Land extrem angespannt ist.

Es wird immer schwieriger, preiswerten Wohnraum zu finden.
Wir sollten daher alles in unserer Macht Stehende tun, um die bestehenden Wohnungen für Ansässige zu reservieren. Jene Wohnungen, die eine Bindung haben, sollten auch wirklich an Ansässige vermietet werden. Die Kontrollen, ob dem auch so ist, sollten dringend verstärkt werden.

Bestehende Wohnungen ohne Bindung können leider nicht mehr SüdtirolerInnen vorbehalten werden. Umso wichtiger ist es, dass jede neue Wohnung für Ansässige reserviert wird.

Leonhard Resch, Leiter der Arche im KVW
Contra
Das aktuelle System des Wohnbaus in Südtirol hat über Jahrzehnte hinweg gut funktioniert, ist nun aber an seine Grenzen gestoßen und führt indirekt auch zu einer weiteren Steigerung der Preise. Es braucht also einen Paradigmenwechsel, um Wohnen wieder bezahlbarer zu machen.

Doch wie könnte dieser aussehen? Für leistbaren Wohnraum wird seit Jahren immer dasselbe gefordert: mehr Beiträge und mehr Reglementierungen. Die Konventionierung ist ein Beispiel dafür: zuerst waren es 10 Jahre, dann 20 Jahre, dann auf unbestimmte Zeit.

Doch sind die Wohnungen dadurch bei uns günstiger geworden? Um Wohnen wieder leistbarer zu machen, müssen wir uns trauen endlich mehr Wohnraum zu schaffen und somit den Markt zu beruhigen. Weitere Einschränkungen führen nur zum gegenteiligen Effekt: einem weiteren Steigen der Preise.
Aus unserer Sicht braucht es drei Arten von Wohnraum: Sozialwohnungen, Wohnungen für Ansässige und freie Wohnungen – jeweils aber sollen die Bindung dabei unbegrenzt Gültigkeit haben, wodurch drei verschiedene Märkte mit unterschiedlichem Preisgefüge entstehen.

Lässt aber der freie Wohnbau den Preis steigen? Nein, nicht der neue freie Wohnbau ist der Preistreiber. Bei neuen Wohnbauzonen finanziert der freie Wohnbau (im Normalfall 16% der Fläche der Wohnbauzone) den geförderten Wohnbau mit. Der geförderte Grund wird an die Zuweisungsempfänger zu ¼ des Schätzwertes zur Verfügung gestellt. Der Schätzwert definiert sich aber anhand der auf dem freien Markt realisierten Werte. Eine weitere Verknappung des freien Wohnbaus führt somit, bei gleichbleibendem System, unweigerlich zu einer weiteren Steigerung der Grundpreise und somit zu einer weiteren Verteuerung des Wohnraums für alle.

Christian Egartner, Präsident Baukollegium Südtirol
Leonhard Resch, Foto: Michael Savelli
Christian Egartner, Foto: Manuela Tessaro

KVW Aktuell

Abschlussaktion

Des Bezirksausschusses Meran zum KVW Jahresthema
Ganz im Sinne des KVW Jahresthemas „Miteinander in Bewegung – damit niemand zurückgelassen wird“ besuchte der Bezirks­ausschuss Meran das Blinden­-zentrum St. Raphael in Bozen.
Präsident Nikolaus Fischnaller lud zu einer Begegnungsstunde ein, um die Welt der Sehbehinderten und Blinden sprichwörtlich mit „anderen Augen“ sehen zu lernen.

In unserer schnelllebigen Zeit suchen unsere Augen ständig nach neuen Reizen. Während das Sehen eine zunehmend wichtige Rolle spielt, drohen Fähigkeiten wie das bewusste Schauen, mit allen Sinnen wahrnehmen oder über etwas dankbar staunen zu verkümmern. Eine persönliche Begegnung mit blinden Menschen kann zum Nachdenken anregen und helfen, Berührungsängste abzubauen. Aus diesem Grunde sind Begegnungsstunden zwischen Betroffenen und Gruppen besonders wertvoll und können positive Kräfte wie Dankbarkeit, Einfühlungsvermögen, Aufmerksamkeit, Verständnis und den Wunsch zum spontanen Helfen wecken bzw. stärken.

Bei dieser Begegnungsstunde simulierte Nikolaus Fischnaller eine Begegnung mit einem Sehbehinderten auf der Straße und erste Kontaktaufnahme, er gab Ratschläge im Umgang und in der Kommunikation mit Blinden, stellte Begleittechniken vor und gab Einblick in die Blindenschrift.

Ein Erlebnis der besonderen Art hatten die Bezirksausschussmitglieder beim Durchgang durch den Dunkelparcours, in welchem es um die Selbsterfahrung und das Erleben im Dunkeln geht. Ohne mit den Augen zu sehen, werden Dinge ertastet und ein Weg mit verschiedenen Raum- und Naturumfeldern wird zurückgelegt.
Blindheit trennt von Dingen,
Taubheit trennt von Menschen.
Helen Keller