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Der Weg ist das Ziel

Wallfahrten in und rund um Südtirol
Fotos: Günther Rautz
Pilgern ist wieder „in“! Diese Form der Sinnsuche – auch ohne religiösen Hintergrund – erfreut sich einer immer größeren Beliebtheit. Es gibt verschiedene Gründe eine Wallfahrt oder Pilgerreise zu machen. Ursprünglich waren es meist religiöse Gebote, oder man tat Buße oder hatte ein Gelübde zu erfüllen. Und es ist eine Form von religiös rituellen Handlungen, die es in jeder Glaubensrichtung gibt. Denken wir nur an den Hadsch nach Mekka im Islam, oder das Drehen der tibetischen Gebetsmühlen am Weg zu buddhistischen Klöstern. Oder das für die Hindu übliche rituelle Bad im Fluss bei ihren Heiligen Stätten.
Auch in und rund um Südtirol gibt es besondere Wallfahrtsorte, denen eines gemeinsam ist. Sie sind Zeugnis eines tiefen Volksglaubens und alter Traditionen, aber in den letzten Jahren auch immer mehr Orte der Besinnung bei dem allgegenwärtigen Bedürfnis nach einem bewussteren Leben.

Der Romedius Pilgerweg beginnt in Thaur bei Innsbruck und führt quer durch Südtirol bis zum Wallfahrtsort San Romedio im Trentino. Nicht nur an spirituelle, sondern auch an körperliche Grenzen stoßt man nach 12 Tagesetappen, über 180 km und 9.600 Höhenmeter. Mit 2700 Meter ist die Schneebergscharte der höchste Punkt und Meran mit knapp 300 Meter Seehöhe der niedrigste, bevor man in der ehemaligen Einsiedelei des Heiligen Romedius im Nonstal ankommt.

Der Legende nach stammte der Heilige Romedius aus Bayern und lebte um 1000 auf Schloss Thaur. Nach einer Wallfahrt nach Rom verblieb er als Einsiedler im Nonstal, wo sein Pferd von einem Bären zerfleischt wurde. Woraufhin er dem Bären das Zaumzeug anlegen ließ und auf dem wilden Tier nach Trient zum Bischof ritt. Deshalb wird der Heilige Romedius meistens mit dem Pilgerstab, der Pilgermuschel und oft auch mit einem Bären dargestellt.
Etwas gemütlicher geht es bei der Ladinerwallfahrt nach Säben zu. Erstens findet sie nur alle drei Jahre statt und am dritten Tag sind die Pilger wieder zurück im Gadertal. Vom 6.-8. Juni wird auch dieses Jahr wieder der Pilgertross den Weg von Enneberg bis Säben und zurück auf sich nehmen. Dabei wird auf dieser Männerwallfahrt auf Ladinisch gesungen und gebetet. Und hat so auch eine große Bedeutung für die ladinische Sprachgruppe als Ausdruck von Geschichte, Identität, Kultur, Zugehörigkeit und der Liebe zur Heimat. Nach 3 Tagen und 110 Kilometer Fußmarsch werden die Ladiner am Vorabend des Herz-Jesu-Sonntag sicher auch den göttlichen Beistand für das Land erbeten. Und dem Schwur gedenken, als die Tiroler das Land dem „Heiligsten Herzen Jesu“ im Kampf gegen die Franzosen vor bald mehr als 230 Jahre anvertrauten.

Aber auch wenn man über den Kreuzpass nach Cadore in die Gemeinde Sappada schaut, erfüllt eine Wallfahrt die identitätsstiftende Funktion zum Erhalt von Tradition und Sprache für die kleine deutschsprachige Gemeinschaft der Plodner. Die Wallfahrt nach Maria Luggau findet immer am dritten Septemberwochenende statt und beginnt am Samstag in aller Früh um 3:30 in Cima Sappada. Der Prozession schließen sich seit einigen Jahren auch Gruppen aus Sauris, Ampezzo und anderen Orten aus der Carnia an. Und so beten die über 500 Wallfahrer den Rosenkranz auf Italienisch, Deutsch und Friulanisch bis sie im Kärntner Maria Luggau ankommen, wo seit über 500 Jahren Menschen Trost bei der Schmerzensmadonna suchen. Ein Marienheiligtum im Lesachtal, das jährlich von 40.000 Pilgern besucht wird. Das ursprüngliche Gelöbnis der Pilger aus Sappada geht auf das Jahr 1800 zurück und sollte vor Rinderpest wie auch vor Unheil für Mensch, Haus und Hof schützen. Heute stärken sich die Plodner betend in der gemeinschaftlichen Hoffnung, die plodnerische Kultur und Sprache zu bewahren und an die nächste Generation weiterzugeben.

Pilgern ist also nicht nur ein deutliches Lebenszeichen des Volksglaubens, der auch von der Amtskirche immer mehr als lebendiger Ausdruck des christlichen Glaubens akzeptiert und gefördert wird, sondern kann auch identitätsstiftend für Angehörige von Minderheiten sein.
Text: Günther Rautz
Rast
Bergelauf
Foto: Eurac Research
Günther Rautz
EURAC-Institut für Minderheitenrecht

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Vom Pilgern und vom Wallfahren

Gemeinsam unterwegs
Fotos: Iaco Clemnt
Der Ausdruck „pilgern“ stammt aus dem Lateinischen (peregrinus, peregrinari) und meint das Unterwegssein in der Fremde, im Ausland. Der Ausdruck „wallfahren“ hingegen stammt vom Begriff „wedeln“, unstet hin- und herbewegen, oder auch vom Begriff „wandeln“ im Sinne des Auf- und Abgehens. Im Mittelalter wird „wallfahren“ zur direkten Übersetzung des Wortes „peregrinari“ – die beiden Begriffe werden aber meist deckungsgleich verwendet.

Gemeinsam sich auf den Weg machen, genau das haben 67 KVW Mitglieder aus 12 Pfarreien aus dem Gadertal in der zweiten Maiwoche getan. Ziel der gemeinsamen Pilgerreise war der berühmte Wallfahrtsort Lourdes am Fuße der Pyrenäen in Frankreich. „Entstanden ist die Idee schon vor Corona, die Pandemie hat uns aber einen Strich durch die Rechnung gemacht erst im Mai soweit, dass sich 76 Pilger:innen auf den Weg gemacht haben.“ So Iaco Clement, einer der Organisatoren der mehrtägigen Fahrt. Begleitet wurde die Gruppe auch von Dekan Jakob Willeit und so konnten die Gadertaler Gruppe auch immer wieder Gottesdienste und Andachten auf Ladinisch abhalten. Die Gadertaler haben in den letzten Jahren immer wieder Pilgerfahrten unternommen und stets hat sich eine große Gruppe zusammengefunden. „Umso schöner, dass es jetzt nach größerer Pause wieder möglich war und besonders gefreut hat mich, dass auch so viel Junge dabei waren: das ist ein gutes Zeichen für die Zukunft unseres Glaubens. Es waren nur strahlende Gesichter zu sehen; wir sind innerlich bereichert und zufrieden zurückgekommen. Wir haben viel allein oder in der Gruppe gebetet, Freundschaften sind geknüpft worden.“, so Clement
Die Pilgergruppe selbst war aber noch um einiges größer: 135 Männer und Frauen aus ganz Südtirol hatten sich auf den Weg gemacht. Unter der fachkundigen Führung von Thomas Stürz, Leiter des Pilgerbüros der Diözese Bozen- Brixen war die Flugreise nach Frankreich und alles Organisatorische kein Problem. Das Pilgerbüro, das heute ungefähr 20 Pilgerreisen jährlich organisiert, gibt es bereits seit den 70er Jahren. „Neben den Klassikern im Programm wie Rom, Fatima und eben Lourdes, hat es immer wieder neue Angebote geben. Unter meinen Vorgängern Egger waren das Fahrten ins „Heilige Land“ und unter Mair am Tinkhof dann weltweit“, so Stürz. Er selbst habe den Jakobsweg, das zu Fuß erkunden, eingeführt. Dazu wird ein Abschnitt ausgewählt und die Gruppe startet gemeinsam, aber jeder kann seinen Gehrhythmus wählen: der eine schnell und der der andere langsam, der eine fotografiert gerne…. Am Abend trifft man sich dann zum gemeinsamen Essen und zu Gottesdiensten. Geschätzt werde von den Reisenden das „Rundum Sorglos Paket“, einfach einsteigen und los geht es.
Wo viel Nachfrage, da auch Angebote. Viele Pilger wünschen sich Begleitung. Um diesem Wunsch gerecht zu werden, organisieren die Sozialgenossenschaft „Zentrum Tau“ und Südtirols Katholische Männerbewegung einen dreiteiligen Lehrgang zur Pilgerbegleitung, der im April dieses Jahres gestartet ist.

KVW Reisen veranstaltet zwar keine Pilgerreisen, aber im Oktober steht eine besondere Reise nach Rom an. Charly Brunner, Geistlicher Assistent des KVW, wird eine Reisegruppe ins „Zentrum der Christenheit“ begleiten. Im Vordergrund stehen interessante Begegnungen mit Menschen aus Politik und Kirche und Erkundungen durch einen kleinen Teil der Ewigen Stadt mit ihren stilvollen Bauwerken, prunkvollen Brunnen und beeindruckenden Basiliken. Die geplante Papstaudienz wird sicherlich für alle Teilnehmer zu einem Erlebnis der besonderen Art.

Beim Pilgern ist der Weg genauso wichtig wie das Ziel. Machen wir uns also, ganz im Sinne des KVW Jahresthemas gemeinsam auf den Weg: hier in der Nähe oder in der großen weiten Welt.
Text: Iris Pahl