KVW International

Ein starkes Team

Die EBCA stellt sich neu auf
Beim letzten EBCA Treffen in München
Die EBCA (Europäische Bewegung Christlicher Arbeitnehmer) ist ein Netzwerk, das sich vehement für ein sozial gerechtes Europa einsetzt. Kürzlich wurde der Vorstand neu gewählt. Charly Brunner, geistlicher Assistent des KVW, ist Co-Präsident und an seiner Seite wird Ana Maria Luque aus Spanien als weitere Co-Präsidentin die Geschicke der EBCA lenken. Neu im Leitungsteam ist auch der Franzose Gilles Roustan, der die Aufgaben des Koordinators übernommen hat. Beide stellen wir Ihnen im folgenden Interview vor.
Aus welcher Mitgliederbe­wegung kommt ihr? Könnt ihr sie kurz beschreiben?
Gilles Roustan: Ich hatte das Glück, die Christliche Arbeiterjugend (JOC) kennen zu lernen, die mir geholfen hat, meinem Glauben an den auferstandenen Jesus Christus einen Sinn zu geben. Später habe ich meinen Weg mit der Action Catholique Ouvrière de France (ACO) fortgesetzt, der ich seit etwa 40 Jahren angehöre. Wir treffen uns einmal im Monat (je nach Team zwischen 5 und 10 Personen) in einem Team „Révision De Vie“, um im Licht des Wortes Gottes neu zu bewerten, was wir in der Familie, am Arbeitsplatz, im Stadtviertel …erleben. Dieses Sehen, Urteilen und Handeln ermöglicht es uns, unserem Leben und unserer Sendung als Getaufte einen Sinn zu geben. Es ist immer ein Aufruf, sich mit anderen zusammenzutun, um sich weiter für mehr Gerechtigkeit und Frieden in unserer Welt einzusetzen.
Ana Maria Luque: Ich komme von der Bewegung ACO Spanien (Acción Católica Obrera). ACO ist eine katholische Aktionsbewegung für Erwachsene, die sich auf die Evangelisierung der Arbeitswelt spezialisiert hat. Sie hat etwa 700 Mitglieder, die hauptsächlich in Katalonien, aber auch in Madrid, Córdoba und Alicante tätig sind. Wir sind etwa 90 Gruppen, die nach der Methode „Sehen, Urteilen und Handeln“ unser Leben, unseren Glauben, unser Engagement und die Herausforderungen der heutigen Gesellschaft miteinander teilen. Regelmäßig finden auch Evangeliumsstudien statt. Wir sind Mitglied der EBCA, der Weltbewegung, des Rates der Katholischen Aktion der Diözese Barcelona und der Pastoral Obrera, die sich auf die Arbeitswelt spezialisiert haben.
Gilles, was sind deine Aufgaben als Koordinator/in innerhalb der EBCA und wo siehst du den Mehrwert der EBCA für die verschiedenen Mitgliedsbewegungen?
Gille Roustan: In einer Welt, in der die Brüche immer größer werden und die Versuchung groß ist, sich in sich selbst zurückzuziehen, ist es nicht immer leicht, auf andere zuzugehen. Aber Gott ruft uns gerade dazu auf: „Friede sei mit euch. Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ (Johannes 20,21). Ich hatte das Glück, an zahlreichen Treffen der Weltbewegung WBCA und an jener der EBCA teilzunehmen. Eine Gelegenheit, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus allen Kontinenten zu treffen, ihr Leben, ihre Kämpfe und all das zu teilen, was uns verbindet und uns durch unsere Unterschiede bereichert. Eine wahre Freude! Seit zwei Jahren vertrete ich die ACO Frankreich in der EBCA. Im September 2024 wurde ich in München zum Koordinator gewählt. Mit den Unterschieden der Kulturen, der Geschichte und der den Herangehensweisen in unseren Bewegungen zurechtzukommen, weiterhin gemeinsame Projekte voranzubringen und dabei unsere Unterschiede zu respektieren: eine Herausforderung, die mich motiviert, eine Chance für uns alle! Nicht zu vergessen, dass wir auch stark mit der WBCA (Weltbewegung) verbunden sind, deren Generalversammlung in Lourdes 2023 verschiedene Prioritäten festgelegt hat. All dies möchte ich als Koordinator in einem Klima des Vertrauens und des gemeinsamen Vorgehens leben. Die Freude an der Begegnung ist wie eine alte Gewohnheit, die mich nicht mehr loslässt!
Ana, welches sind die Themen, auf die sich die EBCA in den kommenden Jahren konzentrieren wird?
Ana Maria Luque: Nach dem Vorbild des letzten Seminars in München, bei dem das geschlechtsspezifische Lohngefälle eingehend diskutiert wurde, gibt es viele weitere Themen, die erörtert werden sollten.
Beispielsweise „Die Digitalisierung sollte den Menschen dienen, nicht die Menschen sollten von der Digitalisierung beeinflusst werden“ und die Rolle der Arbeitnehmerorganisationen im Bereich der Arbeitssicherheit im Prozess der digitalen Transformation. Ebenfalls interessant sind Bildung als Instrument zur Sensibilisierung für Gender-Fragen, eine angemessene Mindestrente, der arbeitsfreie Sonntag, ausreichende Mittel für soziale Dienste, einschließlich Zugang zu Kinderbetreuung und Unterstützung für Familienangehörige die Angehörige pflegen, Migranten und die Bedingungen, unter denen sie ihr Lebensprojekt verwirklichen können, der Lohnkampf um ein menschenwürdiges Leben.
Einige dieser Themen werden nach und nach aufgegriffen, um die europäischen Bürger für die Bedeutung der Forderung nach sozialer Gerechtigkeit in all ihren Aspekten zu sensibilisieren.
INTERVIEW: Iris Pahl

Kommentar

Mehr als Unterhaltung: die soziale Kraft der Kultur

Carola Kurz, Ökosoziale Designerin, seit 2023Geschäftsleiterin der Allianz der Kultur
Die Allianz der Kultur (ADK) ist ein Zusammenschluss von 25 Kulturverbänden und -Vereinen aus Südtirol. Ihre Mitglieder repräsentieren eine Vielfalt kultureller Ausdrucksformen: Kunst, Musik, Literatur, Tradition, Theater, Subkultur und Bildung. Gemeinsam setzen sie sich für eine höhere Wertschätzung der Kultur und bessere politische Rahmenbedingungen ein. Denn Kultur ist mehr als Unterhaltung – sie spiegelt die Gesellschaft, schafft Räume für Reflexion und gibt wichtigen Themen wie sozialer Gerechtigkeit eine Stimme. Seit Oktober ist die ADK Mitglied eines Netzwerks gegen Armut, das vom Dachverband für Soziales und Gesundheit initiiert wurde. Aber was genau kann Kultur im Kampf gegen Armut beisteuern?
Armut betrifft die gesamte Gesellschaft und ist auch im Kulturbereich ein bekanntes Problem. Wer in der Kultur tätig ist oder einen Kulturverein gründet, stößt häufig auf finanzielle Herausforderungen. Doch Kultur geht über die eigenen Probleme hinaus und sensibilisiert für Armut als gesellschaftliches Thema. Sie zeigt, dass Armut nicht nur ökonomische und politische Maßnahmen erfordert, sondern auch einen Wandel in unserem Denken.
Oft wird Armut als persönliches Scheitern interpretiert – ein schädliches Vorurteil, das gebrochen werden muss. Viele Betroffene erleben ihre Situation als beschämend und vermeiden daher das Gespräch darüber. So entstehen oft ein enormer psychischer Druck und soziale Isolation. Kultur hat die Kraft, Tabus zu brechen, indem sie Geschichten erzählt, die die vielfältigen und strukturellen Ursachen von Armut beleuchten: steigende Lebenshaltungskosten, stagnierende Löhne, mangelnde Chancengleichheit oder persönliche Schicksale. Durch Theater, Ausstellungen oder Kampagnen können diese Themen auf sensible Weise sichtbar gemacht werden. Kultur regt zum Nachdenken an, baut Vorurteile ab und fördert den gesellschaftlichen Dialog.
Kultur ist auch für den sozialen Zusammenhalt von großer Bedeutung. Sie schafft Orte, an denen Menschen einander begegnen, ihre Sorgen teilen und gemeinsam Lösungen entwickeln können. Diese gemeinsame Stärke hilft, die lähmende Wirkung von Armut zu überwinden. Vor allem Kulturvereine, die gemeinschaftlich und ehrenamtlich organisiert sind und niedrigschwellige Angebote schaffen, sind hierfür ein wichtiges Fundament.
Darüber hinaus ist Kultur ein Motor für Bildung. Niedrigschwellige Angebote – von Lesungen bis zu Workshops – erreichen Menschen aller Altersgruppen und sozialer Hintergründe. Solche Programme können nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch Selbstbewusstsein stärken. Denn Armut ist mehr als finanzielle Not: Sie entzieht den Betroffenen oft die Perspektive auf eine bessere Zukunft. Frische Zukunftsperspektiven gibt es im Kultursektor reichlich. Immer wieder entstehen neue Modelle für eine gerechtere Gesellschaft. Projekte, die inklusiv, solidarisch und gemeinschaftlich ausgerichtet sind, zeigen, wie es anders gehen kann. Sie sind Blaupausen für die Gestaltung einer sozialen und ökonomischen Zukunft, die niemanden zurücklässt.
Weitere Informationen zu kulturpolitischen Themen und zur Allianz der Kultur finden sie hier: www.allianzderkultur.it
TEXT: Carola Kurz, Allianz der Kultur