Tipps
Kostenfalle „Billigreisen“
Äußerst verlockend sind für viele Konsumenten die Billigreise-Angebote im Internet. Auf der Suche nach dem Schnäppchen schlechthin folgen nicht selten unerwartete Preis-Überraschungen. Zum anfänglich beworbenen Preis kommen oft zusätzliche Kosten wie „Buchungsgebühren“, „Transaktionskosten“, „Kreditkartengebühr-en“, usw. „Kompass“ hat mit Barbara Klotzner vom Europäischen Verbraucherzentrum gesprochen und nachgefragt, worauf bei Billig- und Pauschalangeboten geachtet werden sollte.
Was kann ein Konsument unternehmen, wenn der Endpreis eines Reiseangebotes viel höher ist, als zunächst beworben. Welche Rechte hat ein Verbraucher?
Klotzner: Der Verbraucher sollte genau kontollieren welche Leistungen beworben werden und im Reiseangebot enthalten sind, Low-Cost oder nicht: Bei einer Pauschalreise kann sich der Preis nur dann noch verändern, wenn sich die Beförderungskosten, Steuern oder der Wechselkurs zwischenzeitlich nachweislich geändert haben. Die Preisrevision darf die Zehn-Prozent-Grenze nicht übersteigen, widrigenfalls kann der Verbraucher vom Vertrag zurücktreten. Auf keinen Fall darf der Preis ab dem 20. Tag vor dem Reisetermin erhöht werden, auch nicht aus den vorhin genannten Gründen. Bei Flugtickets sollte der beworbene Preis alle Steuern und Gebühren enthalten, dazu kommen dürften nur die Kosten für optionale Zusatzleistungen. In der Praxis sind die besonders günstigen Preise nur sehr begrenzt verfügbar, was oft nicht transparent gehandhabt wird.
Welche Extra-Kosten sollten im Normalfall bei einem Billig-Angebot berücksichtigt sein?
Klotzner: Der Verbraucher muss sich das Angebot anschauen: alle Leistungen, die beschrieben sind, müssen auch erbracht sein. Wenn eine Leistung nicht beschrieben wird, muss der Verbraucher damit rechnen, dass er dafür zusätzlich zahlen muss. Also genau schauen, welche Mahlzeiten zum Beispiel im Angebot enthalten sind, ob die Strandliege und der Sonnenschirm dabei sind usw.
Wer ein Flugticket kauft, kauft lediglich den bloßen Personentransport, nicht inklusive ist alles was darüber hinausgeht: die Gepäckbeförderung, die Reservierung eines bestimmten Sitzplatzes, Verpflegung an Bord usw. Sogar für das Ausdrucken der Bordkarte am Schalter wird oft eine saftige Gebühr verlangt.
In welchem Fall können Reise-Buchungen storniert werden, bzw. das Geld zu 100 Prozent zurückverlangt werden, OHNE eine Versicherung abgeschlossen zu haben?
Klotzner: Es ist wichtig zu wissen, dass es bei Tourismusdienstleistungen grundsätzlich kein kostenloses Rücktrittsrecht gibt. Normalerweise kann das Geld nur dann zu 100 Prozent zurückverlangt werden, wenn der Anbieter die Leistung nicht erbringt. Bei Pauschalreisen ist es für den Verbraucher möglich kostenlos zurückzutreten, wenn der Reiseveranstalter nach der Buchung und vor der Reise wesentliche Änderungen am Programm vornimmt. Er muss den Verbraucher schriftlich über die Änderung und über die Auswirkung auf den Preis informieren. Innerhalb von zwei Tagen nach Erhalt dieser Mitteilung muss der Konsument den Reiseveranstalter wissen lassen, ob er vom Vertrag zurücktreten will. Bei schweren Unruhen oder Naturkatastrophen, welche das Urlaubsziel betreffen, kann der Verbraucher kostenlos zurücktreten, wenn es eine offizielle Reisewarnung des Außenministeriums gibt, die ausdrücklich davor warnt die betroffene Gegend zur betreffenden Zeit zu bereisen.
Welche Möglichkeiten bestehen für Verbraucher bei z.B. Überbuchung oder ungewollten Umbuchungen eines Fluges?
Klotzner: Bei Flügen, die von EU-Fluggesellschaften durchgeführt werden, bzw die von einem EU-Staat aus starten gilt die EU-Verordnung 261/2004 zu den Fluggastrechten.
Bei Überbuchung: Die Fluggesellschaft ist zunächst verpflichtet nach Freiwilligen zu suchen, die gegen eine vereinbarte Entschädigung auf ihren Flug verzichten wollen. Werden nicht genügend Freiwillige ermittelt, und muss daher die Beförderung von manchen Fluggästen verweigert werden, haben diese folgende Rechte:
1. auf die Wahl zwischen der vollständigen Erstattung des Flugticketpreises (falls die Reise zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit einem Rückflug zum ersten Abflugort), einem Alternativflug zum Endziel zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder einem Alternativflug zu einem späteren Zeitpunkt seiner Wahl;
2. auf eine finanzielle Entschädigung oder
3. auf Betreuungsleistungen: Mahlzeiten und Getränke in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit, Hotelunterbringung und Transfer in einem Hotel, falls eine oder mehrere Übernachtungen erforderlich sind, zwei Telefongespräche (oder zwei Telefaxe oder E-Mails).
Bei Annullierung:
1. Die Wahl zwischen der vollständigen Erstattung des Flugticketpreises (falls die Reise zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit einem Rückflug zum ersten Abflugort), einem Alternativflug zum Endziel zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder einem Alternativflug zu einem späteren Zeitpunkt seiner Wahl;2. Entschädigung nach den Sätzen für Überbuchung, außer der Passagier wurde: zwei Wochen vor Abreise informiert; zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor Antritt der Reise informiert, und es wurde ihm ein Alternativflug mit Abflug höchstens zwei Stunden früher oder mit einer Verspätung bei der Ankunft von höchstens vier Stunden angeboten; weniger als sieben Tage vor dem Abflug informiert und erhielt das Angebot zur anderweitigen Beförderung, die ihm ermöglicht, sein Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen.
3. Betreuungsleistungen (wie zuvor).
Bei Verspätungen:
Wenn ein Flug bis 1500 km um zwei Stunden verspätet ist, ein innergemeinschaftlicher Flug über 1500 km oder ein anderer Flug zwischen 1500 und 3500 km um drei und alle anderen Flüge um vier Stunden verspätet sind, hat der Passagier Recht auf die bereits genannten Betreuungsleistungen.Bei Verspätungen von mindestens fünf Stunden hat der Fluggast außerdem Anspruch auf Erstattung des Flugpreises, wenn der Flug aufgrund der Verspätung zwecklos geworden ist, bzw. auf Rückflug zum Abflugort. Laut Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann der Fluggast auch Ausgleichszahlungen von 250/400/600 Euro geltend machen, wenn er aufgrund von Verspätung einen Zeitverlust von über dreiStunden hinnehmen musste. Diese Entschädigung kann bei Verspätungen unter vier Stunden um 50 Prozent verringert werden.
Ausgleichszahlungen sind nicht zu zahlen, wenn die Annullierung oder
Verspätung des Fluges aufgrund außergewöhnlicher Umstände, z.B. widrige Wetterbedingungen, erfolgt. Ein „technisches Problem“, ist dabei nicht automatisch ein außergewöhnlicher Umstand.
Für den kostenlosen Beratungsdienst des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ):
info@euroconsumatori.org, oder telefonisch von Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr und jeden 2. und 4. Samstag im Monat von 9 bis 12 Uhr unter 0471 980930.
Weitere Informationen zum Thema Urlaub und Flüge gibt es zum Download: www.euroconsumatori.org.
Auch in Papierform erhältlich (Bozen, Brennerstraße 3) ist die Broschüre zu den Pauschalreisen.
INTERVIEW: Stephan raffeiner