Thema
Stark im Miteinander - für ein soziales Südtirol
KVW Jahresthema 2014-2015
Altbewährtes greift nicht mehr und wir merken es immer deutlicher, es liegt Veränderung in der Luft. Es hat ein wenig gedauert, aber dieser neue Wind ist auch in Südtirol angekommen. Es gibt weniger Arbeitsplätze und Arbeitnehmer, die Arbeit haben, spüren den brüchiger werdenden Arbeitsmarkt.
Der KVW kann auf die konstruktive Zusammenarbeit zählen
Auch im KVW spüren wir den neuen Wind: Fördermittel werden knapper und Bereiche, die sich darauf stützen, werden sich in Zukunft nicht mehr tragen können. Bereits im laufenden Jahr mussten drastische Einsparungen vorgenommen werden, um einer finanziellen Schieflage des Verbandes entgegenzuwirken. Als Mitglieder im Verband sind wir gefordert, diese Veränderungen mitzutragen und als dringend notwendige Maßnahmen anzusehen. Gewisse Sozial- und auch Gesundheitsdienste werden nicht mehr weitergeführt werden. Hier sind wir als Sozialverband gefordert: nur im Miteinander können wir uns für die Anliegen der arbeitenden Bevölkerung stark machen.
Dabei ist nichts von alldem selbstverständlich. Wir können nicht davon ausgehen, dass es normal ist, in einem Land zu leben, wo das Soziale Bedeutung hat. Dass heute soziale Politik gemacht wird, das verdanken wir Menschen, die sich dafür in den vergangenen 70 Jahren stark gemacht haben. Heute sind wir an dem Punkt, wo das Soziale im Zuge von Sparmaßnahmen wieder in Frage gestellt wird. Laut Theologin Margot Käßmann „braucht der Sozialstaat mehr Unterstützung aus der Zivilgesellschaft“. Und genau deshalb ist jeder einzelne von uns gefordert seinen Beitrag zur Verwirklichung eines sozialen Südtirols zu leisten. Wir müssen uns durch unser Verhalten im Umgang mit Familie, Arbeitskollegen, Chefs, Nachbarn, unseren ausländischen Mitbürgern etc. als soziale Wesen zeigen. Es wird wohl kaum jemanden geben, der das Soziale gänzlich ablehnt. Die Praxis zeigt, dass die dahinterstehenden Wertvorstellungen weit abweichen können. Oft scheint der eigene Vorteil weit über dem Gemeinwohl zu stehen.
Die Chancen der Gegenwart erkennen wir nur in der Bereitschaft zur Veränderung. Zudem können wir uns als Christen an zwei besonders kennzeichnenden Vorbildern orientieren: Jesus und Papst Franziskus.
Jesus ist immer auf Menschen zugegangen und hat sich für die Schwachen eingesetzt. Dabei hat er sich nicht immer beliebt gemacht. Jesus zeigt uns, dass Sünder, oder die, die als Sünder gelten, ausgeschlossen werden. Dabei sind gerade sie es, die mehr Gespür für Gott und die Nächstenliebe haben als mancher Priester oder Pharisäer. Ich denke an den Samariter oder den Zöllner Zachäus. Zachäus wird von den Frommen abgelehnt, hat aber einen guten Kern. Dieser kommt zum Vorschein als Jesus ihn vom Baum herunterkommen macht. Er nimmt ihn so wie er ist, bedingungslos. Die Frommen stehen beschämt da, sie sind zu dieser Liebe nicht fähig.
Wir aber brauchen Liebe, die Grenzen überwindet, die nicht ausschließt, sondern vereint.
Papst Franziskus ist ebenfalls ein Beispiel für eine mutige Veränderung. Sein Verhalten gefällt den Menschen und für viele ist er eine Vorbildfigur. Er fordert heraus und nennt Probleme beim Namen. Er versteckt sich nicht. Er spricht die Menschen in einer für alle verständlichen Sprache an. Er ermuntert zum echten Dialog. Ähnlich wie Jesus nimmt er jeden Menschen mit Stärken und Schwächen an. Dieses Gefühl des Annehmens ist für uns Menschen wichtig. Wenn wir uns von Gott angenommen wissen, finden wir uns auch in der menschlichen Gemeinschaft zurecht. Papst Franziskus führt sein Amt in persönlicher Freiheit und geht dabei sehr offen auf die Menschen zu.
Wir brauchen Offenheit, die den Dialog sucht und weiß, dass unbequeme Aussagen ein wichtiger Teil von Veränderungsprozessen sind.
„Die fetten Jahre sind vorbei“, so würde es der Regisseur Hans Weingartner ausdrücken.
Wir müssen uns entscheiden, und wir werden uns über kurz oder lang aus der Komfortzone heraus bewegen müssen. Ja, wir haben es uns bequem gemacht in den vergangenen Jahren. Südtirol ist seit den 60er Jahren zu einem wohlhabenden Land herangewachsen. Auch wenn wir Südtiroler nicht zu den reichsten Menschen der Welt zählen, so können wir uns im Verhältnis zu Menschen anderer Länder sehr viel leisten: eine Eigentumswohnung oder gar ein Eigenheim, ein Auto, Hobbies, gesundes Essen, usw. sind für uns selbstverständlich. Zudem haben wir ein breites Netz an Sozialleistungen, das die meisten Menschen unserer Gesellschaft auffängt, wenn sie in Schwierigkeiten geraten. Vergleichen wir Südtirol etwa mit den USA, sind die Staaten für viele das Traumland mit scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten. Beim Gesundheitssystem aber gibt es eine deutliche Zweiklassengesellschaft: ein Arbeitsplatz mit Krankenversicherung gilt als etwas Besonderes. Wenn die finanziellen Voraussetzungen nicht stimmen, werden keinerlei Gesundheitsleistungen geboten.Dabei ist nichts von alldem selbstverständlich. Wir können nicht davon ausgehen, dass es normal ist, in einem Land zu leben, wo das Soziale Bedeutung hat. Dass heute soziale Politik gemacht wird, das verdanken wir Menschen, die sich dafür in den vergangenen 70 Jahren stark gemacht haben. Heute sind wir an dem Punkt, wo das Soziale im Zuge von Sparmaßnahmen wieder in Frage gestellt wird. Laut Theologin Margot Käßmann „braucht der Sozialstaat mehr Unterstützung aus der Zivilgesellschaft“. Und genau deshalb ist jeder einzelne von uns gefordert seinen Beitrag zur Verwirklichung eines sozialen Südtirols zu leisten. Wir müssen uns durch unser Verhalten im Umgang mit Familie, Arbeitskollegen, Chefs, Nachbarn, unseren ausländischen Mitbürgern etc. als soziale Wesen zeigen. Es wird wohl kaum jemanden geben, der das Soziale gänzlich ablehnt. Die Praxis zeigt, dass die dahinterstehenden Wertvorstellungen weit abweichen können. Oft scheint der eigene Vorteil weit über dem Gemeinwohl zu stehen.
Die Weichen für morgen stellen
Wenn wir nach vorne ausgerichtet sein wollen, müssen wir bereit sein als Verband in Bewegung zu bleiben. Oft laufen wir Gefahr, auf eine bessere Vergangenheit zu hoffen. Wir blicken zurück auf hohe Mitgliederzahlen, auf aktiveren Einsatz in den Ortsgruppen und auf Zeiten, in denen anscheinend alles leichter und besser war. Das Zurückschauen kann aber leicht zu einem Stillstand führen. Bereits in der biblischen Erzählung von Lots Frau erfahren wir: Lots Frau dreht sich um und blickt zurück auf die dem Untergang geweihte Stadt, aus der sie geflohen ist. In diesem Augenblick erstarrt sie zur Salzsäule (Gen 19,26). So könnte es auch uns ergehen, wenn wir von dem, was hinter uns liegt, nicht loskommen.Die Chancen der Gegenwart erkennen wir nur in der Bereitschaft zur Veränderung. Zudem können wir uns als Christen an zwei besonders kennzeichnenden Vorbildern orientieren: Jesus und Papst Franziskus.
Jesus ist immer auf Menschen zugegangen und hat sich für die Schwachen eingesetzt. Dabei hat er sich nicht immer beliebt gemacht. Jesus zeigt uns, dass Sünder, oder die, die als Sünder gelten, ausgeschlossen werden. Dabei sind gerade sie es, die mehr Gespür für Gott und die Nächstenliebe haben als mancher Priester oder Pharisäer. Ich denke an den Samariter oder den Zöllner Zachäus. Zachäus wird von den Frommen abgelehnt, hat aber einen guten Kern. Dieser kommt zum Vorschein als Jesus ihn vom Baum herunterkommen macht. Er nimmt ihn so wie er ist, bedingungslos. Die Frommen stehen beschämt da, sie sind zu dieser Liebe nicht fähig.
Wir aber brauchen Liebe, die Grenzen überwindet, die nicht ausschließt, sondern vereint.
Papst Franziskus ist ebenfalls ein Beispiel für eine mutige Veränderung. Sein Verhalten gefällt den Menschen und für viele ist er eine Vorbildfigur. Er fordert heraus und nennt Probleme beim Namen. Er versteckt sich nicht. Er spricht die Menschen in einer für alle verständlichen Sprache an. Er ermuntert zum echten Dialog. Ähnlich wie Jesus nimmt er jeden Menschen mit Stärken und Schwächen an. Dieses Gefühl des Annehmens ist für uns Menschen wichtig. Wenn wir uns von Gott angenommen wissen, finden wir uns auch in der menschlichen Gemeinschaft zurecht. Papst Franziskus führt sein Amt in persönlicher Freiheit und geht dabei sehr offen auf die Menschen zu.
Wir brauchen Offenheit, die den Dialog sucht und weiß, dass unbequeme Aussagen ein wichtiger Teil von Veränderungsprozessen sind.
Entwicklungen im Auge behalten
Als Sozialverband haben wir die Aufgabe Entwicklungen im Auge zu behalten. Dabei stoßen wir auf die Frage der Verteilungsgerechtigkeit und den gleichzeitig geforderten Sparzwang. Wir setzen uns für alle Menschen ein, besonders aber für jene, die sich selber nicht helfen können. Nun ist es aber so, dass diese keine starke Lobby hinter sich haben und deswegen leicht als Sozialschmarotzer dargestellt werden. Wenn wir uns im KVW nicht für eine generelle Erhöhung der Mindestrenten ausgesprochen haben, so hängt das damit zusammen, dass wir realistische Forderungen stellen. Einem Menschen, der nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu finanzieren muss geholfen werden. In einer christlich orientierten Welt muss allerdings gleichzeitig klar sein, dass das Prinzip der Subsidiarität genauso zur Anwendung kommen muss. Vieles fällt derzeit unter dem Deckmantel des Sparens aus. Nur wenn wir gemeinsam uns auf grundlegende Notwendigkeiten festlegen, werden wir eine Chance haben. Wir müssen lernen, dass nicht mehr alles so leicht sein wird wie in den vergangenen Jahren und dass es deshalb noch wichtiger sein wird, mit einer gemeinsamen Stimme durch das Sprachrohr KVW zu sprechen. Als KVW haben wir die Verpflichtung, uns für ein armutsfestes Instrument einzusetzen, durch das die Risiken der Krankheit, der Behinderung, der Armut oder der Arbeitslosigkeit abgefangen werden. Die zunehmende Alterung der Bevölkerung, die steigenden Fälle von Pflegebedürftigkeit werden uns noch einige Lösungen abverlangen. Wenn dabei auch der freiwillige oder ehrenamtliche Einsatz eine Rolle spielen soll, müssen auch entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass dies überhaupt möglich wird. Wir sind bereit anzupacken und Verantwortung zu übernehmen; die vielen Freiwilligen und ehrenamtlich engagierten Menschen in unserem Land sind der Beweis dafür.
Der KVW setzt sich für alle Menschen ein, besonders für jene, die sich nicht selbst helfen können
Denken wir auch an unsere Familien. In welchen Bereichen sind Abstriche annehmbar und was wollen wir als unverzichtbar erhalten? Nur wenn wir einen Ausgleich zwischen Arbeit und Familienleben schaffen, wird es Frauen möglich sein freie Entscheidungen für die Familie zu treffen. Wenn aus finanziellen Gründen Entscheidungen gegen die Familie und gegen Kinder getroffen werden, gehen wir den falschen Weg. Die Familie muss leistbar bleiben. Eine Gesellschaft, die nicht in ihre Kinder investiert, ist wohl kaum zukunftsfähig. So wollen wir im kommenden Arbeitsjahr uns als Sozialverband zeigen und gemeinsam Veränderungen mittragen – für ein soziales Südtirol.
TEXT: Werner Steiner, Dagmar Trafoier
Werner SteinerTEXT: Werner Steiner, Dagmar Trafoier