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Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Ingeburg GurndinIngeburg Gurndin

Aus aktuellem Anlass haben wir uns in dieser Ausgabe die Ausschreibungen als Titelgeschichte ausgewählt. Wie Sie sicherlich in den Medien mitverfolgt haben, ist hier einiges schiefgelaufen. Es ist jedoch nicht unsere Absicht, den Finger in die Wunden zu legen. Damit helfen wir niemanden, weder den betroffene Familien, den betroffene SchülerInnen und den bisherigen Leistungserbringern.
Wenn es um die Abwicklung der Ausschreibungen ging, wurde von Seiten der öffentlichen Verwaltung betont, dass die EU dies so vorsehe und, dass es eine Ausschreibung geben müsse. Deshalb haben wir Europaparlamentarier Herbert Dorfmann gebeten, dazu Stellung zu nehmen. Er schreibt ganz klar, dass die EU im Bildungs-, Gesundheits-, Kultur- und Sozialbereich Ausnahmen vorsieht. Erst ab einer Ausschreibungssumme von über 750.000 Euro muss europaweit ausgeschrieben werden. Für alle Ausschreigungen, die diesen Wert nicht erreichen, kann der Staat oder das Land Regeln schaffen, wie die Ausschreibung ausschauen soll. Es muss also nicht primär um den Preis gehen, sondern Qualität, Sprachkenntnisse oder geografische Besonderheiten können mitberücksichtigt werden.
Darin liegt eine große Chance. Die bisherige gute, solide Arbeit vieler Organisationen darf nicht links liegen gelassen werden. In Jahrzehnten wurde in vielen Bereichen im Sozialen wertvolle Aufbauarbeit geleistet, Vieles geschah freiwillig und ehrenamtlich. Dies ist ein Wert für unser Land, für unser soziales Engagement.

Ingeburg Gurndin

KVW Soziales

Sozial im Wandel

Der KVW ist die katholische Arbeiterbewegung der Südtirolerinnen und Südtiroler und bemüht sich um die Verwirklichung der christlichen Soziallehre im täglichen Leben … so haben wir uns in Artikel 2 unseres Statutes allgemein definiert.
Konkret heißt das, dass wir uns in unserem Einsatz für ein soziales Südtirol zunächst für gerechte Wirtschafts- und Sozialordnungen einsetzen und uns kritisch zu Wort melden, wenn in der Gesellschaft die Menschenwürde verletzt wird.
Einsatz für ein soziales Südtirol
Unser Einsatz für ein soziales Südtirol geht von der christlichen Soziallehre aus. Für uns als Mitglieder im KVW sind die Menschenwürde, die Solidarität, die Subsidiarität und das Gemeinwohl das Zentrale unseres Einsatzes. Wenn wir uns mit den liberalen Staaten vergleichen, stellen wir fest, dass dort jeder für sich selbst zu sorgen hat. Der Einsatz des Staates ist auf ein Minimum reduziert. Jeder Mensch ist frei sich abzusichern oder nicht. Auch bei uns findet dieses Denken immer mehr Anhänger und hier gilt es auch entschieden gegenzusteuern. Als Christen können wir diesen Ansatz nicht mittragen. Es gibt Menschen, die sich nicht selber absichern können. Jeder Mensch muss aber die Möglichkeit haben, am Gemeinwohl teilzuhaben.
Gegenseitige Verantwortung
Hier geht es um unsere Solidarität. Wir sind geradezu verpflichtet, in gegenseitiger Verantwortung füreinander einzustehen. In Solidarität sollen wir unser Leben gestalten: in der Arbeitswelt wie auch in der Freizeit. Wer mehr besitzt, wer sich leichter tut, soll sich für die Schwächeren in unserer Gesellschaft mitverantwortlich fühlen. Ich möchte aber deutlich betonen, dass die Schwächeren ihrerseits aber auch verpflichtet sind, alles zu tun, was im Rahmen ihrer Möglichkeiten steht. Eine rein passive Haltung in der Hoffnung auf Unterstützung durch andere ist nicht im Sinne des Solidaritätsprinzips.
Unser Einsatz für das Soziale wird in letzter Zeit vermehrt negativ besetzt. Wer es nicht schafft am Leben in der üblichen Form teilzunehmen, wird als Versager oder gar als Sozial­schmarotzer abgestempelt. Sozial, Sozialismus – der Gedanke hin bis zum Kommunismus ist nicht weit. Sogar dem Papst Franziskus wurde sein klarer Einsatz für die sozial Schwächeren schon als Marxismus ausgelegt.
Würde des Menschen
Dabei geht es doch in erster Linie um die Würde des Menschen. Allerdings können wir feststellen, dass der vermeintliche Fortschritt sich vom Menschen weg entwickelt. Denken wir an den Umgang mit den neuen Medien, bereits im Grundschulalter ist ein Leben ohne Smartphone nicht mehr denkbar. Die gesamte zwischenmenschliche Kommunikation entwickelt sich in diese Richtung. Vereinzelt wird sogar schon die elterliche Erziehungsarbeit über dieses Medium abgewickelt.
Bedeutung menschlicher Nähe
Dieser Entwicklung können wir als Sozialverband entgegenhalten, indem wir die Bedeutung des Zwischenmenschlichen in der Arbeit in unseren Ortsgruppen herausstreichen und auch jüngeren Generationen aufzeigen, dass vor allem im Alter die gegenseitige Hilfe von größter Bedeutung sein wird. Wenn die öffentliche Hand aus finanziellen Erwägungen Vieles nicht mehr zu leisten in der Lage sein wird, werden wir erfahren wie wichtig der freiwillige und ehrenamtliche Einsatz für unsere Mitmenschen sein wird.
Wir werden als demokratisch gesinnte Menschen auch weiterhin mit verschiedenen Wertvorstellungen leben. Als Mitglieder des KVW ist es uns wichtig, die Werte der christlichen Soziallehre zu leben in gemeinamer Sorge um den Menschen und eine menschenwürdige Gesellschaft.
Zur Person
Werner SteinerWerner Steiner
Werner Steiner, seit Mai 2013 KVW Landesvorsitzender, vertritt den KVW nach außen und führt den Vorsitz in allen Landesorganen. Er ist seit 1995 im KVW aktiv, unter anderem als Bezirksvorsitzender im KVW Bezirk Pustertal. Steiner ist als Musiklehrer an der Mittelschule Vintl tätig.

TEXT: Werner Steiner