Gesundheit

Zu Tisch mit Yin und Yang

Die Ernährungslehre der Traditionellen Chinesischen Medizin
Die Ernährung nach der TCM, auch Chinesische Ernährungslehre genannt, ist seit mehr als 2000 Jahren neben Akupunktur, Kräuterheilkunde, Tuina (Akupressur) und Qigong fester und wichtiger Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Bei uns im Westen ist vor allem die 5-Elemente-Ernährung bekannt, die einige Aspekte der chinesischen Ernährungslehre herausgreift und an die europäischen Ernährungsgewohnheiten anpasst.

Gesundes Essen nach der Chinesischen Ernährungslehre heißt nicht, sich einzuschränken und auf alles zu verzichten, was schmeckt und Spaß macht. Ganz im Gegenteil: mit dieser Form der Ernährung werden Sie zum Feinschmecker und verbessern zudem von Anfang an spürbar Ihre Lebensqualität. - Foto: Susanne Gottschalk / pixelio.deGesundes Essen nach der Chinesischen Ernährungslehre heißt nicht, sich einzuschränken und auf alles zu verzichten, was schmeckt und Spaß macht. Ganz im Gegenteil: mit dieser Form der Ernährung werden Sie zum Feinschmecker und verbessern zudem von Anfang an spürbar Ihre Lebensqualität. - Foto: Susanne Gottschalk / pixelio.de

Die chinesische Ernährungslehre baut auf völlig andere Grundsätze als die westliche Diätetik. Hier geht es nie um die chemischen Bestandteile eines Nahrungsmittel, also zum Beispiel um Vitamine, Eiweiße usw., sondern einzig und allein um dessen beobachtbare Wirkung auf den Organismus.
Es ist auch für uns leicht zu beobachten, dass verschiedene Nahrungsmittel oder Speisen den Organismus auf unterschiedliche Art und Weise beeinflussen. So gibt es zum Beispiel Nahrungsmittel, die wärmen (Rindfleisch, Zwiebel) oder kühlen (Wassermelone, Joghurt), solche die befeuchten (Milch, Mandeln) oder Schweiß treibend wirken (Chili, Ingwer).
Diese und weitere Wirkungen haben die Chinesen in einem ganzheitlichen Zusammenhang über viele Generationen hin beobachtet und für jedes einzelne Nahrungsmittel ausführlich beschrieben. So verfügt die TCM über einen riesigen Erfahrungsschatz, der es uns erlaubt, auch die Wirkungen von Gulasch, Spiegelei und Apfelstrudel einzuschätzen.
Gesundheit aus dem Kochtopf
Anhand einer individuellen Befundung, basierend auf der Begutachtung von Zunge und Puls sowie einer genauen Befragung, können Nahrungsmittel nun eingesetzt werden, um das innere Gleichgewicht des Organismus gezielt zurechtzurücken.
Dabei gilt in der chinesischen Ernährungslehre nichts als uneingeschränkt gesund oder ungesund: es kommt immer auf das Maß und die jeweilige Situation an.
Wenn jemand ständig friert, so sollte er zum Beispiel auf kühlende Nahrungsmittel verzichten und dafür mehr Wärmendes essen.
Eine wärmende Ernährung lindert in einem solchen Fall nicht nur das unangenehme Kältegefühl, sondern stützt den Stoffwechsel, mehrt Kraft, Energie und Tatendrang, schützt vor wiederholten durch Kälte bedingten Infektionskrankheiten und verbessert die Verdauung. Andererseits aber kann eine solche wärmende Ernährung für Menschen, die zu Hitze neigen (zum Beispiel zu entzündlichen Prozessen, Bluthochdruck oder innerer Unruhe) die Situation durchaus auch verschlimmern.
Machen wir ein weiteres Beispiel mit dem bitteren Geschmack. Bittere Nahrungsmittel wie Löwenzahn, Artischocke oder Grüntee leiten Katarrhe, Schlacken und Giftstoffe nach unten ab und helfen dem Organismus dabei, sie über Stuhl und Urin auszuscheiden. Bitteres kann also bei Menschen, die zur Ansammlung von Schlacken und Giftstoffen neigen, sehr gut für eine Art Reinigung der Organe und Blutgefäße eingesetzt werden. Andererseits sollten fragile, trockene oder blasse Menschen mit dem bitteren Geschmack sparsam umgehen, damit sie durch die ausleitende Wirkung nicht noch mehr an Substanz verlieren.
Ernährung nach dem Hausverstand
Die Möglichkeit, die Ernährung individuell an das innere Gleichgewicht anzupassen, ist das, was die chinesische Ernährungslehre von anderen Ansätzen unterscheidet und was sie besonders wertvoll macht. Allerdings kennt die TCM auch grundsätzliche Ratschläge, die unabhängig von der individuellen Konstitution gelten. Zum Beispiel hat sie erforscht, wie die Verdauung funktioniert und wie man sie durch die richtige Ernährung unterstützen kann. Eines der Grundprinzipien ist hier, dass die Verdauung Wärme braucht, weshalb man in der TCM auch vom „Verdauungsfeuer“ spricht. Wir Menschen haben prinzipiell eine relativ schwache Verdauung, ganz besonders Kinder und ältere Menschen. Eine der einfachsten Maßnahmen um sie zu stützen ist es warm zu trinken und dies vor allem während der Mahlzeiten. Wird der Magen zu stark abgekühlt, so verringert dies seine Durchblutung und Motilität und bremst den Verdauungsprozess. Eine ähnlich bremsende Wirkung hat auch Rohkost, die zudem meist nur unzureichend verdaut werden kann. Deshalb empfiehlt die Chinesische Ernährungslehre, prinzipiell viel zu kochen und so oft wie möglich warm zu essen und zu trinken.
Im Tagesablauf gilt das Frühstück zusammen mit dem Mittagessen als eine der beiden Hauptmahlzeiten, während das Abendessen sehr leicht sein sollte. Dies deshalb, weil die Verdauungskraft im Laufe des Tages nachlässt, was besonders im Alter spürbar wird. Außerdem vertragen sich Verdauung und Schlaf nicht miteinander: bei Ersterem wird uns warm, bei Letzterem kühlen wir leicht ab. Die TCM sagt darüber: verdauen ist yang und schlafen ist yin, was letztlich auf dasselbe hinauskommt.
Wollte man die chinesische Ernährungslehre mit einem Wort charakterisieren, so könnte man sie als eine „Ernährung nach dem Hausverstand“ beschreiben. Sie bleibt gerade in dem heutigen Wirrwarr von oft extremen und teilweise widersprüchlichen Ernährungsrichtungen wohltuend vernünftig und nachvollziehbar und bietet so die Orientierung, die uns so leicht abhanden kommt. Wer sich einmal mit der chinesischen Terminologie vertraut gemacht hat, wird entdecken, dass die TCM sich in weiten Teilen mit dem Wissen über natürliche Zusammenhänge deckt, das auch bei uns noch bis vor wenigen Generationen weit verbreitet war. Die TCM kommt also von weit her, doch sie ist uns nicht fremd.

TEXT: Karin Wallnöfer
Karin WallnöferKarin Wallnöfer
Zur Person
Karin Wallnöfer, Ernährungsberaterin nach der Traditionellen Chinesischen Medizin, Shiatsu-Praktikerin, Qigong-Lehrerin und Sinologin; Co-Autorin von Il tao e l’arte dei fornelli, Pendragon 2012; arbeitet freiberuflich in ihrem Studio in Brixen und als Dozentin für TCM und Ernährung in verschiedenen Institutionen.

Gesundheit

Vitamin D

Wir alle brauchen es, kennen wir es?
Die vielfältige hormonelle Wirkung von Vitamin D wird erst allmählich entdeckt und das wissenschaftliche Interesse ist groß. Allein in den ersten acht Monaten des vergangenen Jahres wurden 700 Arbeiten zum Thema Vitamin D veröffentlicht. Viele wissen vielleicht, wie wichtig Vitamin D für unseren Knochenhaushalt und zur Vermeidung der Osteoporose ist, vielen Ärzten und dem Laien ist aber kaum bekannt, dass dieses Hormon bei zahlreichen weiteren Erkrankungen, wie bestimmten Krebserkrankungen, Erkrankungen des Nervensystems und des Alters, Diabetes und Herzkreislauferkrankungen, eine wichtige Rolle spielt.

Man sollte drei Mal pro Woche (mindestens 18 - 20 Prozent der Körperoberfläche der Sonne aussetzen (d.h. im Frühjahr, Sommer und Herbst; im Winter wird kein Vitamin D gebildet). Möglichst nicht immer Gesicht, Arme und Hände, da wir da meist schon Lichtschäden haben, sondern, falls möglich, den Rücken, die Beine oder den vorderen Stammbereich). - foto: martin schemm / pixelio.deMan sollte drei Mal pro Woche (mindestens 18 - 20 Prozent der Körperoberfläche der Sonne aussetzen (d.h. im Frühjahr, Sommer und Herbst; im Winter wird kein Vitamin D gebildet). Möglichst nicht immer Gesicht, Arme und Hände, da wir da meist schon Lichtschäden haben, sondern, falls möglich, den Rücken, die Beine oder den vorderen Stammbereich). - foto: martin schemm / pixelio.de

Wenn wir von Wirkungen des Vitamins D sprechen, meinen wir eigentlich immer seine aktivierte Form, das Hormon Calcitriol. Wer gesund bleiben will, braucht dieses Hormon in ausreichender Dosierung.
Es muss ganz klar betont werden, dass Vitamin D vorwiegend eine krankheitsvorbeugende Wirkung hat und sich nicht primär zur Behandlung von Krankheiten eignet. Ungefähr 3000 Gene und circa 100 Krankheiten scheinen vom Hormon Vitamin D beeinflusst zu werden.
Die wichtigste Erkenntnis der letzten Jahre war, dass die im Labor angegebenen Richtwerte für Vitamin D deutlich zu niedrig waren. Laborwerte von 31 - 80ng (76 - 200nmol/l) gelten heute als normal, bei Werten darunter spricht man von Vitamin D-Mangel.
Die Vorstufen des Vitamin D finden sich in unserer Haut und werden durch Sonneneinstrahlung (UVB) in das Vitamin D3 umgewandelt. In der Leber wird Vitamin D3 weiter zum Calcidiol umgebaut, aber erst in der Niere und in bestimmten Körperzellen entsteht das hormonell wirksame Vitamin D, das Calcitriol. Es ist wichtig zu wissen, wie unser Körper das Vitamin D3 unter dem Einfluss von Sonnenlicht bildet.
Verhalten zur Bildung von Vitamin D
Während der Sommermonate sollten wir zur Mittagszeit mindestens 18 Prozent der Körperoberfläche (z.B. Rücken oder vorderen Stammbereich) zwei bis drei mal wöchentlich für zehn Minuten der Sonne aussetzen. Längere ungeschützte Expositionen sind nicht nur gefährlich, sondern auch nutzlos. Sonnenschutzcremen ab Faktor 30
blockieren die Vitamin D-Bildung.
Wenn Sie in der Sonne stehen und der Schatten länger fällt als Ihr Körper groß ist, vermag das Sonnenlicht kein Vitamin D mehr zu bilden.
Das im Sommer gebildete Vitamin D Depot brauchen wir im Herbst und Winter langsam auf. (Vitamin D-Werte deshalb bevorzugt im Winter bestimmen).
Nahrungsmittel, außer Fischöl, enthalten kaum Vitamin D.
Alarmierender Vitamin D-Mangel
Es ist Fakt, dass in unseren Breiten 70 Prozent der Bevölkerung einen Vitamin D-Mangel aufweisen. Das fehlende Vitamin D sollte dem Körper unbedingt zugeführt werden. Darum ist es notwendig, dass jeder seinen Vitamin D-Spiegel kennt. Auch Menschen, welche sich viel im Freien aufhalten, leiden oft an Vitamin D-Mangel. Zahlreiche Medikamente, Lebensgewohnheiten, Übergewicht können nämlich den Vitamin D-Spiegel beeinflussen. Bei schweren Vitamin D-Mangelzuständen müssen die Vitamin D-Depots rasch und hochdosiert, unter Kontrolle eines erfahrenen Arztes, aufgefüllt werden. Jeder von uns sollte, auch ohne ärztliche Kontrolle, während der Winter-und Frühjahrszeit täglich Vitamin D-Tropfen mit einem Stückchen Brot einnehmen.
Vitamin D: das (noch) unterschätzte Hormon
Vitamin D-Mangel scheint ein noch zu wenig beachtetes Gesundheitsproblem zu sein. Wahrscheinlich wird Vitamin D in Zukunft in der Prävention zahlreicher Krankheiten eine bedeutende Rolle spielen. Ausreichend hohe Vitamn D-Spiegel in der Schwangerschaft, im Kindes- und Erwachsenenalter, besonders aber im höheren Alter dürfte die Häufigkeit von vielen Krankheiten vermindern oder deren Verlauf mildern z.B: Multiple Sklerose, Diabetes Typ I, Krebserkrankungen (Brust- und Dickdarmkrebs), Bluthochdruck. Vitamin D reduziert die Sturzhäufigkeit und die Zahl der Knochenbrüche und die Muskelschwäche im Alter. Vitamin D steigert auch die Abwehrleistung gegen Viren und Bakterien. Vielversprechende Studien untersuchen die Wirkung auf Depressionen, Parkinson, Schlaganfälle, Herzinfarkt, chronische Müdigkeitssyndrome und weitere Krankheiten.

TEXT: Dr.Med. Franz wenter
Mögliche Vitamin D-Ergänzung
Einnahme oral (in Kombination mit Kalzium oder Vitamin D3 alleine)
Empfehlung für Gesunde:
4 - 8 Tropfen Vitamin D3 à 250 I.U.* (=1.000 - 2.000 täglich)
1 Fläschen à 25.000 I.U. alle zwei Wochen (=circa 1.800 I.U. pro Tag) trinken
1 Fläschen Vitamin D3 à 100.000 I.U. alle zwei Monate =(circa 1.700 I.U. täglich) trinken
Empfehlung bei starkem Vitamin D-Mangel:
Zum Aufsättigen bei starkem Vitamin D-Mangel sind täglich 10.000 - 20.000 I.U. (oder höhere Dosen) über Wochen bis Monate unter ärtzlicher Aufsicht notwendig
Vorsicht
Wechselwirkung mit anderen Medikamenten und zusätzlicher Vitamin D-Aufnahmen beachten
Kalzium- und Parathormonspiegel überwachen bei Hochdosistherapie, interferierenden Medikamenten, Leber-Niereninsuffizienz
hochdosierte Verabreichungen jährlich oder in Abständen von weniger als zwei Monaten werden nicht empfohlen.

*I.U. ist die internationale Einheit für Vitamin D

Franz WenterFranz Wenter

Zur Person
Franz Wenter, war von 2006 bis 2012 Primar der Dermatologie im Sanitätsbetrieb Bruneck, seit 2013 ist er in Pension.