Kultur
Brückenbauer Theater
Theater als Wegbereiter zu einem offenen Dialog
Zig tausende Menschen verlassen tägliche ihre Heimat, flüchten vor Krieg, Gewalt sowie Hunger und hoffen auf ein besseres Leben. Wozu soll in solchen Situationen Theater gut sein? Was soll es bewirken, was kann es bewirken?
Zig tausende Menschen verlassen tägliche ihre Heimat, flüchten vor Krieg, Gewalt sowie Hunger und hoffen auf ein besseres Leben. Wozu soll in solchen Situationen Theater gut sein? Was soll es bewirken, was kann es bewirken?
Irene Girkinger
Theater kann nicht die Welt retten, aber es kann hinterfragen, sensibilisieren, es kann neue Sichtweisen aufzeigen und es kann auch Wegbereiter sein zu einem offenen Dialog mit fremden Kulturen. Wie schon Hannah Arendt wusste, ist das Theater die politische Kunst par excellence: „Schauspiel ist die einzige Kunstgattung, deren alleinigen Gegenstand der Mensch in seinem Bezug zur Mitwelt bildet.“ Und wo der Mensch ins Zentrum rückt, ist die soziale Aufmerksamkeit offenkundig. Und genau darin liegt die Kraft dieser Kunstform.
Das Publikum ist Teil der Aufführung
Theater, als sozialer Ort der Aufmerksamkeit, sollte in die Vergangenheit ebenso blicken wie auf die Gegenwart und in die Zukunft. Wie sehr Menschen danach trachten, bestimmte Themen aufzugreifen und neu zu beleuchten, zeigte das Theaterprojekt „Option.Spuren der Erinnerung“, das in der letzten und vorletzten VBB-Saison auf die Bühne gebracht wurde. In dieser Produktion haben Zeitzeuginnen und Zeitzeugen ihre ganz persönlichen Erinnerungen an diese schwierige Zeit mitgeteilt. Diese authentischen Erzählungen gingen vielen Menschen nahe, berührten und regten auch ein Nach- und Hinterfragen in den Familien an. Es erreichten uns, unter anderem, zahlreiche Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern, die das Stück mit der Schule angesehen hatten, dass sie auch ihren Eltern einen Theaterbesuch nahegelegt haben. Das Projekt war ein unglaublicher Erfolg bei Jung und Alt und zählt mit insgesamt 10.000 Zuschauerinnen und Zuschauern zur erfolgreichsten Sprechtheaterproduktion in der Geschichte der VBB.
Kunst ist, wie auch Geschichte, nichts Ruhendes. Kunst – und damit auch das Theater – ist vielmehr ein sich stetig erneuernder Prozess, ein Organismus, der atmet, der sich auch abseits bekannter Pfade spannend und facettenreich präsentiert. Dabei kommt dem/der Theaterbesucher/in zunehmend eine neue Rolle zu. Die Einbindung des Publikums ist wesentlicher Bestandteil moderner Theaterarbeit, Partizipation der Begriff der Stunde.
Kunst ist, wie auch Geschichte, nichts Ruhendes. Kunst – und damit auch das Theater – ist vielmehr ein sich stetig erneuernder Prozess, ein Organismus, der atmet, der sich auch abseits bekannter Pfade spannend und facettenreich präsentiert. Dabei kommt dem/der Theaterbesucher/in zunehmend eine neue Rolle zu. Die Einbindung des Publikums ist wesentlicher Bestandteil moderner Theaterarbeit, Partizipation der Begriff der Stunde.
Bombenjahre ‑ Debatte Südtiroler Zeitgeschichte
In dieser Spielzeit haben wir uns wieder ein Dokumentartheaterprojekt zu lokaler Zeitgeschichte vorgenommen, welches ein ambivalentes Thema zum Gegenstand hat und daher eine neue, große Herausforderung sein wird. Anders als bei dem Theaterprojekt zur „Option“ stellen wir nicht nur Zeitzeuginnen und Zeitzeugen in den Mittelpunkt, sondern Experten/Expertinnen, Historiker/innen, Journalisten/innen, Beteiligte und Betroffene. Es wird die deutsche, italienische und österreichische Sicht auf die damaligen Vorfälle und Entwicklungen zur Sprache kommen, sowie eine politische, persönliche und wissenschaftliche. Das Theaterprojekt wird die Zeit der Bombenjahre aus unterschiedlichen, oft sehr konträren Positionen beleuchten, sodass am Ende ein umfassendes Bild über dieses Kapitel Südtiroler Geschichte entsteht. Der Abend selbst wird partizipativen Charakter haben. Eröffnet wird er auf der großen Bühne, auf der die Vielfalt der Meinungen zusammengetragen und wo den unterschiedlichen Positionen ein Raum gegeben wird. Danach sind die Zuschauerinnen und Zuschauer eingeladen, sich aus dem Theatersessel zu erheben und durch das Theater zu „wandern“. Auf der Bühne, Seitenbühne, Hinterbühne und im Foyer wird es mehrere Schauplätze geben, wo Menschen erzählen, diskutieren, provozieren. Nach und nach soll sich das Publikum ein eigenes Bild über diese Jahre schaffen, zuhören und die eigene Meinung hinterfragen oder ergänzen. Mit diesem Projekt geht es den VBB zum einen darum, ein Ort der Theater-Magie zu sein, aber zum anderen auch ein gesellschaftliches Zentrum, das Platz zur Reflexion einräumt und Themen in einer noch nicht dagewesenen Form behandelt. Ein Dialog soll losgetreten werden.
Theater bietet Einblicke, Rückblicke und Ausblicke
Das Schöne am Theater ist, dass es zwei wichtige Bereiche der Kunst vereint: Reflexion und Emotion. Es bietet Einblicke, Rückblicke und Ausblicke. Oder wie der große Regisseur Peter Brook es treffend formulierte: „Theater kann immer auch ein Vergrößerungsglas oder eine Verkleinerungslinse sein, je nachdem.“
Die Aufführungen der „Bombenjahre“ finden am 13., 14., 18., 19., 20., 21., 23. und 24. Februar um 20 Uhr im Stadttheater in Bozen statt. Tickets und Informationen unter www.theater-bozen.it