Thema
Angst vor Islamisierung
Für ein echtes Miteiander sind Begegnungen notwendig
Wenn man in der Suchmaschine Google „Islamisierung“ eingibt, dann kommen über 500.000 Ergebnisse heraus. Bewegungen wie Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes), die große Anzahl der Muslime in Deutschland und Österreich, die neue Flüchtlingspolitik und die vergangenen Terroranschläge in Europa haben sicher dazu beigetragen, dass bei viele Menschen die Angst größer geworden ist. Fragen, die sich anfangs nur Experten gestellt haben, sind jetzt Fragen der Allgemeinheit geworden.
Guter Boden für diese Auseinandersetzungen und für die wachsenden Ängste stellen auch die ökonomische Krise und die Wertunsicherheit unserer Gesellschaften dar. Eine zusätzliche Schwierigkeit ist auch die Tatsache, dass oft zu schnell diese Ängste und Bedenken gleich als Islamophobie (Feindlichkeit gegen den Islam) oder Rassismus bezeichnet werden und eine echte und sachliche Auseinandersetzung nur schwer möglich ist.
Um ein echtes Miteinander zu gestalten, ist eine neue Investition an Kraft und Begegnungen notwendig. Nicht nur die Einheimischen brauchen Gelegenheiten um die neuen Bürger nicht nur aus Nachrichten und Büchern zu kennen, sondern auch den „Neuen“ muss es ermöglicht werden, ihre Vorurteile abzubauen. Jeder bewegt sich mit dem eigenen „Koffer“ voll von Erwartungen und Bildern der Wirklichkeit und des Landes, wohin man geht. Nur durch eine echte Begegnung, wo man nicht die Angst haben muss gleich in die Verteidigungsecke gedrängt zu werden, kann Integration sich positiv entwickeln. Wenn wir uns ganz gezielt mit den muslimischen Mitbürgern auseinandersetzen, werden wir bald feststellen, dass für viele von ihnen die Erfahrung Minderheit zu sein, eine ganz neue Erfahrung ist. Die Begegnung mit der westlichen und christlichen Mehrheit ist für sie völlig neu und bringt auch bei ihnen Ängste mit sich. Sie kommen aus einer mehrheitlich muslimischen Gesellschaft. Sie haben Angst die eigene kulturelle und religiöse Identität zu verlieren, da sie es nicht gewohnt sind, diese in Frage zu stellen. Eine positive und gute Begegnung, die nicht gleich auf Probleme fokussiert ist, kann dazu beitragen, dass diese Ängste langsam überwunden werden. Sie kann dazu beitragen, dass sich die eigene Religion in positivem Dialog mit der westlichen Kultur vielleicht verändert und anpasst, aber nicht radikalisiert.
14.000 Muslime in Südtirol
Nach der Entdeckung einer mutmaßlichen islamischen Terrorzelle in Südtirol ist auch bei uns die Frage der Bedrohung durch den Islam aufgetaucht. Auch die sogenannte Islamisierung wurde zum Thema. Seit mehreren Jahrzehnten leben in Südtirol Tausende von Muslimen, die jetzt die Zahl von ungefähr 14.000 erreicht haben. Man kann wohl sagen, dass es keine größeren Probleme gibt, und dass die Schwierigkeiten mehr mit kulturellen Traditionen zu tun haben. Eine Tatsache ist aber, dass zu oft das Leben von Einheimischen und den neue Bürgern mehr ein Leben nebeneinander als ein Leben miteinander ist.Um ein echtes Miteinander zu gestalten, ist eine neue Investition an Kraft und Begegnungen notwendig. Nicht nur die Einheimischen brauchen Gelegenheiten um die neuen Bürger nicht nur aus Nachrichten und Büchern zu kennen, sondern auch den „Neuen“ muss es ermöglicht werden, ihre Vorurteile abzubauen. Jeder bewegt sich mit dem eigenen „Koffer“ voll von Erwartungen und Bildern der Wirklichkeit und des Landes, wohin man geht. Nur durch eine echte Begegnung, wo man nicht die Angst haben muss gleich in die Verteidigungsecke gedrängt zu werden, kann Integration sich positiv entwickeln. Wenn wir uns ganz gezielt mit den muslimischen Mitbürgern auseinandersetzen, werden wir bald feststellen, dass für viele von ihnen die Erfahrung Minderheit zu sein, eine ganz neue Erfahrung ist. Die Begegnung mit der westlichen und christlichen Mehrheit ist für sie völlig neu und bringt auch bei ihnen Ängste mit sich. Sie kommen aus einer mehrheitlich muslimischen Gesellschaft. Sie haben Angst die eigene kulturelle und religiöse Identität zu verlieren, da sie es nicht gewohnt sind, diese in Frage zu stellen. Eine positive und gute Begegnung, die nicht gleich auf Probleme fokussiert ist, kann dazu beitragen, dass diese Ängste langsam überwunden werden. Sie kann dazu beitragen, dass sich die eigene Religion in positivem Dialog mit der westlichen Kultur vielleicht verändert und anpasst, aber nicht radikalisiert.
Teil der Gesellschaft werden
Auch in Südtirol gibt es mittlerweile junge Muslime, die hier aufgewachsen sind und unseren Bildungsweg mit Erfolg gegangen sind. Als junge Erwachsene, nach Abschluss der Lehre oder nach der Matura, fragen sie sich, ob sie von der Gesellschaft gleichwertig gesehen werden, auch wenn sie mit Kopftuch unterwegs sind oder ihren islamischen Namen nennen. Eine Ausgrenzung würde solche Menschen der Radikalisierung und der Versuchung einer Parallelgesellschaft ausliefern.
Aufwand für beide Seiten
Oft stellen wir uns Dialog und Begegnung als ein Weg ohne Mühe und ohne großen Aufwand vor. Dies ist es aber nicht und ich glaube, dass es eine große Arbeit für beide Seiten bedeutet. Ich bin überzeugt, dass, auch wenn der Vorwurf von Blauäugigkeit immer wieder ausgesprochen wird, Dialog möglich und notwendig ist. Und auch die kleinen Schritte, die wir tagtäglich tun können, zeigen einen Weg für alle die, die guten Willens sind. Wenn wir nicht bereit sind die Begegnung und das Miteinander zu fördern, bleiben nur die, die trennen, übrig.Zur Person
Don Mario Gretter, stammt aus Meran, Studium in Brixen, Rom, Kairo (zwei Jahre) und ein Jahr an der PISAI (Päpstliches Institut für Islam-Studien) in Rom.
Mario Gretter ist Beauftragter
für Ökumene und interreligiösen Dialog am bischöflichen
Ordinariat in Bozen.
TEXT: Don Mario Gretter
Mario Gretter ist Beauftragter
für Ökumene und interreligiösen Dialog am bischöflichen
Ordinariat in Bozen.
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