KVW Aktuell

Zwischen biologischer Uhr und Rente

KVW auf Spurensuche für eine gute Zukunft der Familien
Die verschiedenen Aspekte von Familie standen im Mittelpunkt einer breit angelegten Diskussion zu „Zukunft Familie“. Die KVW Jugend und die Frauen im KVW hatten Fachleute und Betroffene eingeladen, miteinander zu analysieren und beraten, was die Familien brauchen.

V.l. Toni Fiung, Petra Kraus, Waltraud Deeg, Rosi Rehbichler, Moderatorin Ursula Thaler, Judith Gögele, Michela Morandini und Lukas BlasbichlerV.l. Toni Fiung, Petra Kraus, Waltraud Deeg, Rosi Rehbichler, Moderatorin Ursula Thaler, Judith Gögele, Michela Morandini und Lukas Blasbichler

Toni Fiung, geistlicher Assistent des Familienverbands, wies auf große Veränderungen hin, die Vielfalt bei den Familien nehme zu. Vor allem durch die gute Situation der Frau heute komme eine neue Dynamik in die Familien. Trotz der Veränderungen brauchen Familien in Zukunft „Platz, Raum und Zeit“, erklärte Fiung.


Großer Druck für Frauen


Von einer ganz anderen Seite her beleuchtete die Frauenärztin Petra Kraus das Thema. Sie sieht die Frauen auf einem Grad zwischen der tickenden biologischen Uhr und der Selbstentfaltung. Der späte Kinderwunsch bringt oft großen Druck auf die Frau und die gesamte Familie. Für Petra Kraus braucht es entsprechende Unterstützung, damit Frauen früher „Ja“ sagen können, damit der Kinderwunsch nicht hinausgeschoben wird. Vor allem im Hinblick auf den psychischen Druck und die Kosten wäre dies notwendig, meinte Kraus.
Breiten Raum nahm die Diskussion um die Rentenabsicherung der Mütter ein. Judith Gögele von Pensplan erklärte, dass durch das beitragsbezogene System als Rente nur mehr so viel ausbezahlt würde wie an Beiträgen eingezahlt wurde. Anerkennung von Rentenzeiten würde nichts bringen, da nicht die Jahre zählen sondern nur die tatsächlich eingezahlten Beiträge. Diese sind nun mal an eine Erwerbsarbeit gekoppelt. Landesrätin Waltraud Deeg machte auf die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung aufmerksam. Es gebe Verhandlungen mit der Inps, damit die Beiträge der Region direkt aufs Konto bei der Inps eingezahlt werden könnten. Skepsis gab es bei den Besucherinnen und Besuchern, vor allem die mangelnde Information und die Tatsache, dass die Familie das Geld vorstrecken müsse, wurden bemängelt.


Sorge tragen für Familien


Arbeitsmarkt und Arbeitsbedingungen seien nicht familienfreundlich, erzählte Gleichstellungsrätin Michela Morandini aus ihrer täglichen Arbeit. Väter, die Elternzeit beantragen, und schwangere Frauen machten oft schlechte Erfahrungen und stoßen auf wenig Verständnis. „Es gebe immer noch die Einstellung, dass man sich entscheiden müsse, ob der Beruf oder die Familie wichtiger seien“, sagte Morandini. Beides zu haben sei nicht vorgesehen, Italien stehe da schlecht da. Morandini sagte auch, dass die Arbeitgeber nicht die Verantwortung spüren, für die Mitarbeiter und ihre Familien zu sorgen.
Viel Positives zur Familie kam in den Statements von Rosi Rehbichler vom Verein kinderreiche Familien und Lukas Blasbichler, dreifacher Familienvater mit Erfahrung in Elternzeit. Blasbichler betonte, dass Zeit, die für die Familie investiert wird, eine gut investierte Zeit sei.
Für Rehbichler bedeutet Familie der Abschied vom Egoismus des Einzelnen. Rehbichler würde sich auch mehr unbürokratische Unterstützung wünschen, es sollte einfach menschlicher ablaufen, ohne das ständige Denken an Gesetze, Versicherung, Hierarchien und Geld.
Laut Umfragen haben junge Menschen nach wie vor Lust, sich auf das faszinierende Abenteuer Kinder und Familie einzulassen, sagte KVW Frauenvorsitzende Helga Mutschlechner. Die Herausforderungen seien allerdings groß, und die Rahmenbedingungen müssten familienfreundlich sein, damit die Gründung von Familie nicht ein Wunsch bleibe.

KVW Aktuell

Interkultureller Dialog

Frauen stellen sich vor: Fatima aus Marokko
Die Frauen im KVW luden zu einer interkulturellen Begegnung, an der elf Frauen aus ihrem Alltag in der neuen Heimat Südtirol erzählten. Von den rund 46.500 in Südtirol ansässigen Ausländern sind 53,6 Prozent Frauen, also mehr als die Hälfte der ausländischen Wohnbevölkerung ist weiblich.

Fatima HaurmatallahFatima Haurmatallah

Fatima Hour­matallah ist in Marokko aufgewachsen und lebt nun in Mals. Sie wurde am 10. September 1977 als einzige Tochter von Rahma und Abdelcader Hourmatallah in Casablanca – Marokko geboren.
Mit drei Jahren besuchte sie den Kindergarten, mit sechs die Volksschule und mit elf für vier Jahre die Mittelschule. Sie besuchte danach die Oberschule für Rechtsprechung.
Mit 17 heiratete sie den um einige Jahre älteren Abdelkrim Ghazali und folgte ihm mit 18 nach Italien, wo dieser schon einige Zeit arbeitete. So kam Fatima in den Vinschgau, nach Mals.
Sie kehrt noch für ganz kurze Zeit nach Casablanca zurück um die Reifeprüfung abzulegen und kommt nach bestandener Prüfung wieder nach Mals.
Ihr Ehemann Abdelkrim holt nun seinen Sohn aus erster Ehe nach Mals, wo sich Fatima wie eine eigene Mutter um ihn kümmert, obwohl dieser nur zehn Jahre jünger ist als sie.
Im Jahre 2000 kommt der Sohn Mohamed in Schlanders zur Welt und es folgen im Jahr 2001 Sahra, 2005 Amira und 2008 Rhaien. Die Tochter Sahra ist von Anfang an nicht gesund, muss zeitweise künstlich beatmet und ernährt werden. Sie hat eine Behinderung von 90 Prozent und braucht sehr viel Pflege und Zuwendung.


Offenes Haus für alle


Trotzdem pflegt Fatima immer den Kontakt mit den Nachbaren und hat ein offenes Haus für alle. So hat sie regelmäßig Mitschüler ihrer Kinder und deren Eltern zu Besuch. Sie kocht gerne italienisch und auch südtirolerisch. Der Beruf als Hausfrau ist ihr sehr wichtig und gibt ihr die Möglichkeit einige Dinge auszuprobieren.
Bekannt ist sie in Mals und darüber hinaus für ihre Henna-Malereien, mit denen sie auf dem Wochenmarkt die Hände der Kunden bemalt.
Im Jahre 2005 kommt ihre Mutter nach Italien und zieht bei ihr ein. Inzwischen ist auch die Mutter sehr krank und braucht viel Betreuung.
Trotz allem ist Fatima eine lebensfrohe und gutherzige Frau, die Jedem mit Respekt und Liebe begegnet.

Text: Ingeburg Gurndin