Lebenslanges Lernen
Qualifikation im Beruf
Lebenslanges Lernen ist wichtiger Schritt in die Zukunft
Die Arbeitswelt und unser Umfeld verändern sich zunehmend schneller. Auch in Südtirol spürt man die Auswirkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels. Um mit diesen Anforderungen Schritt zu halten ist eine kontinuierliche Weiterbildung in der modernen Berufswelt wichtig. Ein Gespräch mit Barbara Jäger, Inhaberin des Personalberatungsunternehmens Business Pool in Bozen.
Foto: Pixelio.de / Julien Christ
Was versteht man unter dem Begriff „Lebenslanges Lernen“?
Barbara Jäger: Lebenslanges Lernen bedeutet die kontinuierliche Weiterbildung, nicht nur in fachlicher Hinsicht. Auch die Entwicklung der Persönlichkeit ist damit gemeint, denn diese beeinflusst schließlich auch das Auftreten im Beruf. Eine berufliche Weiterbildung ist immer auch eine Bereicherung für die Persönlichkeitsbildung. Es ist wichtig sich neue Herausforderungen zu suchen, am Ball zu bleiben, denn unser Umfeld verändert sich mittlerweile sehr schnell. Dazu gehört es auch sich immer wieder zu hinterfragen ob man zufrieden ist mit der derzeitigen Situation oder einen Handlungsbedarf sieht.
Welches sind die Gründe für berufliche Weiterbildung?
Barbara Jäger: Dies sind neue Anforderungen von Seiten des Arbeitgebers, der Wunsch nach Karriere oder einfach auch, weil jemand einen Schwenk in seinem beruflichen Leben macht und nach einer neuen Herausforderung sucht. Jeder Mensch sollte sich seiner beruflichen Wünsche bewusst werden und daraus die Maßnahmen ableiten. Es braucht Häuptlinge und es braucht die Indianer. Jeder sollte für sich selbst entscheiden, was ihm liegt und wo er seine Fähigkeiten gut einsetzen kann.
Von der Lehre/Studium bis zur Rente im selben Betrieb ist auch in Südtirol ein Auslaufmodell. Werden in Zukunft unkonventionelle Bildungs- und Berufsbiografien zunehmen?
Barbara Jäger: In den vergangenen Jahren hat sich ein häufigerer Wechsel etabliert und er wird auch zunehmend von den Unternehmen akzeptiert. Allerdings sollte immer der rote Faden des Arbeitnehmers sichtbar sein, selbst bei einem kompletten Berufswechsel. Die Brüche sollten immer begründet sein. Bei der Vermittlung von Personal stellen wir schon fest, dass Unternehmen oft noch nach dem Arbeitnehmer mit dem perfekten Abschluss oder Lebenslauf suchen und eine nicht so geradlinige Berufsbiografie im ersten Moment abschreckend wirkt. Bei genauerer Betrachtung wird allerdings auch vom zukünftigen Arbeitgeber anerkannt, dass ein Arbeitnehmer mit einem Patchwork-Lebenslauf zwar nicht so sehr Expertenwissen vorzuweisen hat, dafür aber oft anderes Know-how. Denn eine Veränderung bedeutet immer auch, dass man den Mut hat die eigene Komfortzone zu verlassen, den bisherigen gewohnten Rahmen zu erweitern und sich dadurch neue Kompetenzen aneignet. Dies kommt der eigenen Persönlichkeit zugute.
Die heute 15-Jährigen sollten laut Studien bis zu 15-mal mit einem Berufswechsel rechnen. Welches Rüstzeug und welche Qualifikationen benötigt ein Arbeitnehmer heute für morgen?
Barbara Jäger: Zu den wichtigsten Kompetenzen zählen neben dem Fachwissen mehr und mehr die Persönlichkeit, das Auftreten und die Präsentation der eigenen Person. Sprachen und Computerkenntnisse werden mittlerweile voraus gesetzt. Idealerweise sollte jemand das machen, was er gerne macht. Dann ist er darin gut und zeigt Engagement. Problemlösungskompetenz, also in Lösungen und nicht in Problemen zu denken und geistige Flexibilität sind weitere Fähigkeiten, die ein Arbeitnehmer unbedingt mitbringen sollte.
Sind berufsübergreifende Qualifikationen ein Vorteil für Arbeitnehmer?
Barbara Jäger: Sicherlich ist es von Vorteil, wenn jemand über den Tellerrand blicken kann. Aber ob jemand berufsübergreifende Qualifikationen benötigt, hängt ganz von seinem Arbeitsplatz ab. In einem größeren Betrieb mit klar definierten Abteilungen ist mehr Expertenwissen in der Tiefe gefragt, in einem kleineren Betrieb agieren meist mehr Generalisten.
Wie steht es mit der Fortbildungsbereitschaft der Arbeitnehmer in Südtirol?
Barbara Jäger: In Südtirol herrscht wenig Arbeitslosigkeit, daher ist es für Arbeitnehmer nicht so zwingend sich aktiv mit dem Arbeitsmarkt und seinen wechselnden Anforderungen auseinanderzusetzen. Dennoch sollte Weiterentwicklung als Bereicherung und nicht als ein Muss gesehen wird, welches vom Arbeitgeber aufgezwungen wird. Jede Weiterbildung bringt natürlich dem Arbeitgeber einen Mehrwert, aber vor allem auch dem Arbeitnehmer, denn das Wissen bleibt bei ihm. Ich vergleiche das gerne mit einem Rucksack bei einer Bergwanderung: je höher jemand hinauf will, desto mehr hat er in den Rucksack zu packen um seinen Weg gut gehen zu können. Wenn ein Arbeitnehmer kündigt und sich eine neue Aufgabe sucht, nimmt er seinen Rucksack voll Wissen mit.
Wer viel weiß, lernt noch viel dazu: Ist es nicht so, dass gut ausgebildete Männer mit Vollzeitstellen mehr Chancen haben, Weiterbildungen zu nutzen als Teilzeitbeschäftigte? Haben Frauen einen Nachholbedarf?
Barbara Jäger: Viele Frauen sind mittlerweile sehr gut ausgebildet und arbeiten in verantwortungsvollen Positionen. Wenn sie in Familienpause gehen wird ihre Rückkehr an den bisherigen Arbeitsplatz oft schwierig. Daher rate ich den Frauen einen Fahrplan für ihren Wiedereinstieg aufzustellen und diesen bereits vor ihrer Babypause mit dem Arbeitgeber zu besprechen. Dabei können sie auch ihre Weiterbildung ansprechen um nach ihrer Rückkehr in den Betrieb neue Aufgaben übernehmen zu können. Dadurch, dass Erziehung vorwiegend noch ein „Frauenthema“ ist, können in den meisten Fällen die Frauen ihren Arbeitsplatz nicht komplett wie vor der Familienpause wieder einnehmen. Auch während ihrer Babypause sollten sie mit dem Betrieb Kontakt halten indem sie sich z.B. Protokolle schicken lassen oder an wichtigen Sitzungen teilnehmen. Ich stelle immer wieder fest, dass Frauen sich nicht trauen und zutrauen zu fordern. Dahingehend möchte ich die Frauen ermutigen sich weniger anzupassen und auch mal anzuecken. Wir sind übrigens die erste Generation an Frauen, die mit denselben Berufsmöglichkeiten wie die Männer aufgewachsen ist.
Inwieweit wird die Fortbildung vom Arbeitgeber gefördert?
Barbara Jäger: In größeren Unternehmen gibt es oft innerbetriebliche Weiterbildungsmaßnahmen, kleinere Betriebe greifen oft auf externe Weiterbildungsanbieter zu.FÖRDERBEITRÄGE
Beiträge für berufliche Weiterbildung
Einzelpersonen können beim Deutschen Bildungsressort, Bereich Berufsbildung um Finanzierungsbeiträge für berufliche Weiterbildungsmaßnahmen ansuchen. Detaillierte Informationen zu Gesuchsberechtigten, Voraussetzungen, Beitragshöhe und Einreichtermin unter www.provinz.bz.it/berufsbildung und Finanzielle Förderung oder bei den MitarbeiterInnen der Landesabteilung: Inge Clementi, Tel. 0471 416 919, Thomas Brunner, Tel. 0471 416 930. Für die Gewährung eines finanziellen Beitrages ist es erforderlich, vor Beginn der Weiterbildungsmaßnahme ein entsprechendes Gesuch einzureichen.Zur Person
Barbara Jäger, Studium der internationalen Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten Innsbruck und Siena, Master of Science in Human Resource Management (Zürich und Wales). Gründerin und Gesellschafterin des auf Personal- und Unternehmensentwicklung spezialisierten Unternehmens Business Pool.