Sonderthema
Reparieren statt wegwerfen
Sich treffen und gemeinsam Abfall vermeiden:
Unmengen an Gegenständen werden in Europa weggeworfen. Zum Teil sind dies Dinge, an denen nicht viel kaputt ist und die nach einer einfachen Reparatur wieder verwendet werden könnten. Das Reparieren ist bei vielen Menschen aus der Mode gekommen und vielfach fehlt das Wissen dazu. Einige Menschen haben das handwerkliches Wissen, andere die defekten Gegenstände. Die Idee der Repair Cafés bringt beide Gruppen zum Werkeln zusammen - ganz ohne Geld. Ein Gespräch mit Florian Mayr, der dieses Projekt in Meran betreut.
Unmengen an Gegenständen werden in Europa weggeworfen. Zum Teil sind dies Dinge, an denen nicht viel kaputt ist und die nach einer einfachen Reparatur wieder verwendet werden könnten. Das Reparieren ist bei vielen Menschen aus der Mode gekommen und vielfach fehlt das Wissen dazu. Einige Menschen haben das handwerkliches Wissen, andere die defekten Gegenstände. Die Idee der Repair Cafés bringt beide Gruppen zum Werkeln zusammen - ganz ohne Geld. Ein Gespräch mit Florian Mayr, der dieses Projekt in Meran betreut.
Insgesamt gibt es nun 1.000 Repair Cafés, verteilt auf 29 Länder über alle Kontinente. Foto: Laurin Mayr
Herr Mayr, was ist ein Repair Café?
Florian Mayr: Repair Cafés sind ehrenamtliche Treffen, bei denen die Teilnehmer alleine oder gemeinsam mit anderen ihre kaputten Dinge reparieren. An den Orten, an denen das Repair Café stattfindet, ist Werkzeug und Material für alle möglichen Reparaturen vorhanden. Zum Beispiel für Kleidung, Möbel, elektrische Geräte, Fahrräder, Spielzeug und vieles mehr. Vor Ort sind auch Reparaturexperten zugegen. Die Besucher nehmen defekte Gegenstände von zu Hause mit. Im Repair Café machen sie sich gemeinsam mit einem Fachmann oder einer Fachfrau an die Arbeit. Man kann dort immer eine Menge lernen. Wer nichts zu reparieren hat, nimmt sich eine Tasse Kaffee oder Tee. Oder hilft jemand anderem bei der Reparatur. Bei uns in Meran ist meistens ein Elektrotechniker (Radio, Handys, Toaster, …), ein Tischler (Stühle, Wiegelen, Regale …) eine Schneiderin und ein „Handydoktor“, ein Malermeister für Schimmel-, Farb- und Renovierungsberatungen und je nach Jahreszeit auch ein Fahrradmechaniker anwesend.
Von wem stammt die Idee?
Florian Mayr: Repair Café ist eine Initiative von Martine Postma. Seit 2007 setzt sie sich auf verschiedene Arten für Nachhaltigkeit auf lokaler Ebene ein. Das allererste Repair Café organisierte Martine im Oktober 2009 in Amsterdam. Es erwies sich als ein großer Erfolg. Für Martine was dies der Anlass, im Jahr 2010 die Stiftung „Stichting Repair Café“ ins Leben zu rufen. Diese niederländische Non-Profit-Organisation bietet lokalen Gruppen im In- und Ausland, die selbst ein eigenes Repair Café eröffnen wollen, seit 2011 professionelle Unterstützung an.
Sie sind der Koordinator des Repair Cafés in Meran. Was waren Ihre Beweggründe dazu?
Florian Mayr: Ich habe vor ca. fünf Jahren einen Artikel über das erste Repair Café in Amsterdam im Wochenmagazin „Spiegel“ gelesen und war von der Idee begeistert. Diese Thematik liegt mir sehr am Herzen. Damit bin ich dann an den Ost West Club in Meran herangetreten. Ich bin selbst Handwerker und unterrichte zusätzlich an der Berufsschule. Daher kenne ich viele Handwerker: Kollegen, die zum Teil selbstständig sind und zum Teil bereits in Pension. Sie waren sofort bereit ihre Dienstleistung für drei Stunden im Monat ehrenamtlich zur Verfügung zu stellen. Wichtig ist uns diese Vision unter die Leute zu bringen, dass wir mit jeder Reparatur zu einer nachhaltigen Gesellschaft beitragen können. Letztendlich ist eine Reparatur oftmal günstiger als ein Neukauf. Wir haben uns dann entschieden mit der „Stichting Repair Café“, einer geschützten Marke, zusammenzuarbeiten und uns von dort Unterstützung geholt. Vor knapp zwei Jahren konnten wir das Repair Café in Meran eröffnen, übrigens das erste in Italien.
Wie funktioniert ein Treffen?
Florian Mayr: Wir treffen uns jeden letzten Montag im Monat, von 19 bis 22 Uhr. Jeder kann jene kaputten Gegenstände mitbringen, die er selbst tragen kann. Es können auch mehrere Gegenstände sein, sie sollten aber nicht zu sperrig sein. Jeder kann vorbeikommen und es ist keine Anmeldung nötig. Ich teile dann die Besucher den einzelnen Reparaturtischen zu. Wichtig ist, dass der Inhaber des defekten Gegenstandes bei der Reparatur vom Anfang bis zum Schluss dabei ist und den Gegenstand nicht einfach nur abgibt. Zum einen kann der Besucher beim Experten zuschauen und lernen, wie die Reparatur geht und sie vielleicht das nächste Mal zuhause selbstständig ausführen, zum anderen muss der Kunde auch entscheiden wie weit er bei der Reparatur gehen möchte wenn zum Beispiel das Gerät geöffnet werden muss. Letztendlich steigt auch die Wertschätzung für den Experten. Wer möchte, kann aber nur den Experten über die Schulter schauen. Gerne kommen auch Leute vorbei um einfach nur mitzuhelfen. Das Repair Café ist auch ein geselliger Ort an dem man sich triftt und neue Leute kennenlernen kann.
Wer kommt zum Repair Café?
Florian Mayr: Vom Studenten und Lehrling bis zum Renter haben wir ein bunt gemischtes Publikum. Manchmal kommen auch Kinder mit ihren Eltern vorbei um ihr ferngesteuertes Auto oder die Puppe zu reparieren. Besonders nachgefragt sind bei uns Reparaturen bei Elektrogeräten oder Handys. Im Frühjahr kommen viele Besucher mit ihren Fahrrädern zum Reparieren. Durchschnittlich haben wir 20 Reparaturen am Abend.
Ist das Repair Café eine Konkurrenz für Handwerksbetriebe?
Florian Mayr: Uns geht es darum wieder das Interese am Reparieren zu wecken. Die Besucher erzählen, dass sie kaputte Gegenstände meistens sofort wegwerfen, da sie die Reparatur in der Regel zu teuer finden. Wir möchten zeigen, dass es zum Wegwerfen tatsächlich Alternativen gibt. Wir machen auch keine Hausbesuche um zum Beispiel die defekte Waschmaschine zu reparieren. Auch sind viele unserer Experten pensionierte Handwerker. Mittlerweile gibt es in vielen Gemeinden Südtirols Ansätze diese Idee weiterzutragen, oft unter einem anderen Namen. Auch in Eppan gibt es seit kurzem ein Repair Café.
Vorbeikommen und mitmachen, das ist die Devise beim Repair Café in Meran, Ost West Club, Passeirergasse 29 Grafik: Laura Zindaco
Warum Reparieren?
Nicht jeder Defekt muss das Ende für einen Gegenstand bedeuten. Häufig kann eine Reparatur die Lebensdauer eines Gegenstandes verlängern und somit wird Abfall vermieden. Reparieren nützt nicht nur durch Abfallvermeidung sondern schont auch Ressourcen. Die Herstellung eines handlichen Laptops ist zum Beispiel mit einem Materialaufwand von 900 Kilo verbunden, der Materialaufwand für eine Reparatur geht oft gegen Null. Die Grundstoff- und Energiemenge, die für die Herstellung neuer Produkte erforderlich ist, wird somit gespart. Das gilt auch für die CO2-Emissionen. Denn bei der Herstellung neuer Produkte und beim Recycling von Gebrauchtgegenständen wird CO2 freigesetzt.
Die Repair Cafés haben 2015 weltweit ungefähr
200.000 Gegenstände repariert. Damit wurden schätzungsweise 200 000 Kilogramm an CO2-Ausstoß vermieden. Dies geht aus dem Jahresbericht von Repair Café International hervor.
Florian Mayr
Die Repair Cafés haben 2015 weltweit ungefähr
200.000 Gegenstände repariert. Damit wurden schätzungsweise 200 000 Kilogramm an CO2-Ausstoß vermieden. Dies geht aus dem Jahresbericht von Repair Café International hervor.