Thema

Gesetz zu Raum und Landschaft

Dialog stärken, Gemeinwohl sichern, Boden schützen
Jenes zu Raum und Landschaft ist das ehrgeizigste Gesetzesvorhaben dieser Legislaturperiode: inhaltlich komplex, in einem umfassenden Partizipationsprozess erarbeitet und von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung des Landes. Über Details wird noch diskutiert, die fünf Leitprinzipien stehen aber fest und geben die Richtung der Diskussion vor.

Das neue Gesetz für Raum und Landschaft verfolgt fünf Ziele: Rechtssicherheit, mehr Dialog mit den Bürgern, ein umsichtiger Umgang mit Grund und Boden, ein neues Verständnis von Landschaftsschutz und eine schonende Mobilität. – FOTO: Pixelio/eckweDas neue Gesetz für Raum und Landschaft verfolgt fünf Ziele: Rechtssicherheit, mehr Dialog mit den Bürgern, ein umsichtiger Umgang mit Grund und Boden, ein neues Verständnis von Landschaftsschutz und eine schonende Mobilität. – FOTO: Pixelio/eckwe

Im Gesetz Raum und Landschaft werden zwei fundamentale Bereiche der landschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung Südtirols geregelt: Raumordnung und Landschaftsschutz. Entsprechend umfassend ist der Anfang September vorgestellte Rohentwurf, entsprechend eingehend auch die Diskussion mit Institutionen und Verbänden. „Wir wollen ein so wichtiges Gesetz nicht von oben diktieren, sondern es mit jenen gestalten, die es umsetzen müssen“, so Landesrat Richard Theiner.
Landesrat Theiner will die Bürger in den Raumplanungsprozess einbinden, weil es um die Zukunft ihres unmittelbaren Lebensraumes geht. – FOTO: Autonome Provinz BozenLandesrat Theiner will die Bürger in den Raumplanungsprozess einbinden, weil es um die Zukunft ihres unmittelbaren Lebensraumes geht. – FOTO: Autonome Provinz Bozen
Von Anfang an klar gemacht hat der Landesrat, dass der Gesetzentwurf zwar breit diskutiert werde, dass es aber Leitprinzipien gebe, an denen nicht gerüttelt werde. Es sind deren fünf. Das erste ist die Vorgabe, ein Gesetz zu schreiben, das für Klarheit und Rechtssicherheit sorgt. Zudem wird das Gesetz konsequent auf das Gemeinwohl ausgerichtet. „Das erkennt man etwa an den Kommissionen, die künftig nicht mehr mit Interessenvertretern sondern mit Fachleuten besetzt werden“, so Theiner.
Leitprinzip Nummer zwei ist die Stärkung des Dialogs mit dem Bürger. „Wir wollen die Bürger in den Raumplanungsprozess einbinden, weil es um die Zukunft ihres unmittelbaren Lebensraumes geht“, erklärt der Landesrat. Darüber hinaus rücke man wichtige Entscheidungen näher an die Bürger, indem den Gemeinden mehr Zuständigkeiten in Raumplanung und Landschaftsschutz eingeräumt würden.
Der umsichtige Umgang mit Grund und Boden ist das dritte Grundprinzip. „Wir alle wissen, wie knapp bebaubarer Grund und Boden ist“, sagt Theiner. „Deshalb gilt seinem Schutz unser Hauptaugenmerk.“ Das bedeutet etwa, dass neue Zonen nur ausgewiesen werden dürfen, wenn der Bedarf nachgewiesen ist und nicht in bestehenden Zonen gedeckt werden kann. „Grundsätzlich gilt, dass der Bestand Vorrang vor Neuem hat, dass wir also bestehende Bausubstanz aufwerten, besser nutzen, verdichten und Baulücken schließen, bevor wir uns auf die grüne Wiese ausdehnen“, so der Landesrat.
„Alles ist Landschaft!“ Unter diesem Motto steht Leitprinzip Nummer vier, das ein neues Landschaftsverständnis propagiert. Schützenswert sind demnach nicht nur herausragende Landschaften, sondern auch die Alltagslandschaft, das Grün im unmittelbaren Lebensbereich der Menschen.
Mit einer Aufwertung geht auch Leitprinzip Nummer fünf einher: das konsequente Mitplanen der Mobilität. Sie sei ein unverzichtbares Element der heutigen Gesellschaft, das Augenmerk gelte einer schonenden, effizienten, nachhaltigen Mobilität. Und wo immer möglich, sei so zu planen, dass kein zusätzlicher Mobilitätsbedarf entstehe. „Ein Beispiel dafür sind die Mischzonen, in denen Wohnen und Wirtschaften zusammengeführt werden“, so der Landesrat. So sichere man die Nahversorgung in einem umfassenden Sinne: mit Geschäften, Handwerkern, Dienstleistern und öffentlichen Diensten vor der Haustüre. Das bedeutet: eine Siedlungsstruktur mit kompakten Ortskernen und Erweiterungen nur anschließend an bestehende Siedlungen.
All diese Prinzipien sind im Gesetzentwurf Raum und Landschaft verankert. Der Entwurf wird derzeit überarbeitet und geht Anfang des kommenden Jahres in eine letzte Diskussionsrunde, bevor er den Weg durch die Institutionen antritt.

TEXT: Autonome Provinz Bozen-Südtirol,
Ressort für Raumentwicklung, Umwelt und Energie

Kommentar

Klimawandel - das heißeste Experiment der Menschheit

Die 22. Weltklimakonferenz vom November2016 in Marrakesch ist inzwischen Geschichte. Fazit: Wir fahren weiter auf dem Zug von Versprechungen und Absichten.

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung, der sich die Menschheit derzeit stellen muss. – FOTO: Dieter Schütz/pixelioDer Klimawandel ist die größte Herausforderung, der sich die Menschheit derzeit stellen muss. – FOTO: Dieter Schütz/pixelio

Der Trump-Sieg in den USA hat für viel Unsicherheit beim Klimagipfel gesorgt, aber am Ende hat die Staatengemeinschaft in Marrakesch ein klares Signal gesendet, dass das Pariser Klimaabkommen in die Umsetzung kommt.
Das Problem ist viel älter als die jüngste Wahlschlacht in den USA, denn wir reden von der 22. Internationalen Klimakonferenz. Bisher jagte ein Klimagipfel den nächsten, aber der Ausstoß von klimawirksamen Gasen wächst und wächst.
Auf diese Weise missbrauchen wir die lebensnotwendige Lufthülle der Erde als Müllkippe. Die Experten hegen keine Zweifel mehr, der Mensch dreht durch seine massive Nutzung von Kohle, Erdöl und Gas am Thermostat der Erde und hat damit das größte Experiment seiner Geschichte gestartet. Was unvorstellbar schien, ist heute Wirklichkeit: Die natürliche Zusammensetzung der Atmosphäre wird durch menschliche Aktivitäten verändert. Dass dies auf Zeit nicht ohne Folgen bleiben kann, suggeriert der gesunde Hausverstand.
Schwerwiegende Folgen
Schon eine geringe Erwärmung der Erdatmosphäre reicht aus, um komplexe Wechselwirkungen mit zahlreichen Umweltproblemen auszulösen.
Ein ungebremstes Aufheizen der Atmosphäre könnte in den nächsten Jahrzehnten die Lebensgrundlagen dramatisch gefährden, beispiellos in der Geschichte menschlicher Entwicklung. Der Klimawandel birgt nicht nur ökologische Risiken, sondern hat auch enorme wirtschaftliche und soziale Sprengkraft. Schon 2015 gab es beispielsweise weltweit doppelt so viele Flüchtlinge als insgesamt durch Kriege und Konflikte. Seriöse Schätzungen projizieren Szenarien, dass um das Jahr 2050 auf der Erde mit 250 bis 300 Millionen Klimaflüchtlingen zu rechnen sein wird, wenn nicht sofort drastische Maßnahmen die Erderwärmung einschränken.
Daher zählt eine kluge Klima- und Energiestrategie ohne Zweifel zu den größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit.
Ausstoß von Klimagasen
nimmt zu
Seit 1992, dem ersten internationalen Klimagipfel in Rio de Janeiro, ringt der internationale Konferenzzirkus darum, die Staaten zu wirksamen Klimaschutz zu verpflichten. Tatsache ist jedoch, dass seither der Ausstoß von Klimagasen weltweit sogar um über 60 Prozent zugenommen hat. Wissend, dass wir damit die Erde in einen Fieberzustand versetzen und wahrscheinlich bereits das sechstgrößte Massensterben in der Geschichte der Erde ausgelöst haben. Dies ist alles andere als vorsorgliches, sondern vielmehr ein grob fahrlässiges Verhalten.
Bisher nur leere Versprechen
In der UN-Klimakonferenz von Paris (COP 21-2015) wurden Nägel ohne Köpfe gemacht. Einige lobten das Ergebnis als Meilenstein in der Klimageschichte, andere sprachen sogar von Betrug an der Menschheit. Fakt ist, dass es sich um freiwillige Verpflichtungen zur CO2-Reduktion der Unterzeichnerstaaten handelt, die sich auf das Ziel verständigt haben, die menschengemachte Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen.
Nunmehr sollte in der Folgekonferenz von Marokko (COP 22-2016) die Ausgestaltung des Pariser Klimaschutzabkommens im Mittelpunkt stehen. Dazu zählten auch Finanzhilfen reicher Staaten für die Bewältigung des Klimawandels in armen Ländern. Die knapp zweiwöchigen Verhandlungen werden nicht einmal eine Fußnote in den Geschichtsbüchern hinterlassen, so dürftig das das Resümee. Ein weiterer Gipfel gebrochener Versprechungen und verhallender Aufrufen zum Handeln. Währenddessen markieren die Thermometer des Nordpols Temperaturen von 20 Grad über dem Durchschnitt. Hoffentlich beginnt nur dort die arktische Nacht und nicht – im übertragenen Sinn – jene der Menschheit.
Zur Person
Norbert Lantschner, langjähriger Koordinator des Klimabündnisses Südtirol und ehemaliger Direktor des Landesamtes für Luft und Lärm. Heute Unternehmensberater zu Klima- und Energiefragen sowie internationaler Referent und Buchautor.

TEXT: Norbert Lantschner